SBU-Rating in der Kritik

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Die besten Berufsunfähigkeits-Versicherungen hat das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) ermittelt. Insgesamt wurden 57 Tarife von 48 Anbietern in sechs Kundenkreisen im neu aufgelegten Rating der selbstständigen Berufsunfähigkeits-Versicherungen (SBU) bewertet.

Die Analysten haben die Produkte nach Zielgruppen getrennt beurteilt. Die Bewertung von Studenten hat nun Kritik auf sich gezogen. „Zumindest für die Zielgruppe der Studenten sind Fehler beim Rating des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung offensichtlich“, behauptet der Versicherungsmakler Gerd Kemnitz aus Stollberg. Die Rater stellten sich der Kritik des Maklers, der sich seit Jahren mit der Arbeitskraftsicherung beschäftigt und mit bu-portal24.de ein eigenes Vergleichsprogramm für die Berufsunfähigkeitsversicherung aufgebaut hat.

Zusätzliche Annahmerichtlinien nicht bekannt

So bemängelt Kemnitz etwa den Prüfpunkt konkrete Verweisung für Studierende. Die volle Punktzahl erhalten die Anbieter hier, wenn sie Studentinnen und Studenten konkret auf das zuletzt betriebene Studium verweisen und keine Mindeststudienzeit zurückgelegt worden sein muss.

Nach Meinung von Kemnitz sollten abgeschlossene BU-Policen aber auch nach einem Abbruch des Studiums unverändert Bestand haben. Nach Recherche des Maklers ist dies bei zwei mit der Höchstnote „Exzellent“ bewerteten Tarifen nicht der Fall. Hier müssten die Studenten bei Abbruch des Studiums und Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit eine Nachmeldung leisten, die eventuell zu einer Anpassung in die entsprechende Berufsklasse führen kann. Dies belegt Kemnitz mit Annahmerichtlinien für Makler und Vermittler. „Diese internen Richtlinien standen uns für das Rating leider nicht zur Verfügung“, bestätigt auf Anfrage Georg Goedeckemeyer, Leiter Rating beim IVFP.

Da als Rechtsgrundlage die Versicherungsbedingungen gelten, würden diese als Quelle für die Analyse verwandt. Goedeckemeyer: „Wenn außerhalb der Versicherungsbedingungen zusätzliche Vereinbarungen getroffen werden, ist es für uns äußerst schwierig, dies in unserem Rating zu berücksichtigen.“ Trotzdem will das IVFP künftig „die nachträgliche Meldepflicht bei Abbruch eines Studiums“ ins Ratingverfahren aufnehmen. Eine umfangreiche Dokumentation der Analyse gibt es bereits heute (Informationen zum Ratingverfahren Berufsunfähigkeits-Versicherung; SBU).

Wie der Umfang der Risikoprüfung aussieht

Kritisch sieht Versicherungsmakler Kemnitz aber auch die Bewertung weiterer acht Studententarife, die jeweils ein „Exzellent“ erhielten. Der Grund: Hier würde nach Recherchen von Kemnitz bei der Nachversicherungsgarantie nur auf die Gesundheitsprüfung verzichtet und nicht auf eine Risikoprüfung. Daher könnte die Erhöhung der versicherten BU-Rente noch von veränderten Berufs- bzw. Freizeitrisiken abhängig gemacht werden. Die Tarife seien daher für Studenten weniger geeignet."

Rating ersetzt nicht die genaue Tarifanalyse eines Maklers

Dazu erläutert das IVFP: „Die Gesamtnoten der Tarife setzt sich aus vielen einzelnen Kriterien zusammen, die unterschiedlich stark gewichtet werden. Die Nachversicherungsgarantie – Gesundheits- und Risikoprüfung – wird in unserem Rating bewertet und fließt in das Gesamtergebnis ein.“ Natürlich ersetze ein Rating nicht die genaue Tarifanalyse eines Maklers, die alle kundenspezifischen, individuellen Wünsche berücksichtigen kann. Goedeckemeyer: „Um Makler hierbei zu unterstützen wurde vom IVFP zusätzlich zu unserem Rating unsere Tarifvergleichssoftware „fairgleichen“ entwickelt.“

Dieses Tool ermögliche einen Tarifvergleich über die Ratingkriterien hinaus und stelle die einzelnen Tarife bei einer Vielzahl von Kriterien gegenüber. Der Einsatz spezieller Filter ermögliche die individuelle, gezielte Recherche nach dem geeigneten Tarif. Umfang des Unternehmensrating

Eigenes Unternehmensrating hat bereits zehn Jahre Bestand

Als weiteren Kritikpunkt bemängelt Kemnitz, dass ein Tarif im Unternehmensrating mit Exzellent bewertet wurde, obwohl sie nicht der Rettungsgesellschaft Protektor angehört. So werde das Insolvenzrisiko – für Studenten müssten die BU-Policen oft 40 Jahre „halten“ - nicht gemindert. Diese Kritik kontert das IVFP damit, dass das eigene Unternehmensrating schon zehn Jahr Bestand habe und mit knapp 150 Einzelwerten sehr fundiert sei. Goedeckemeyer: „Die verwendeten Kriterien des Ratings können sämtlich als ´hard facts` angesehen werden.“

Die Zahlen würden sich aus den Bilanzen der Versicherungsunternehmen oder vorgeschriebenen Zusatzberechnungen wie beispielsweise der Solvabilitätsquote ergeben. Die Sicherungseinrichtung Protektor sei ein wichtiger Punkt, könne aber nicht isoliert betrachtet werden. „Speziell bei der angesprochenen Gesellschaft haben wir uns natürlich adäquate Werte angesehen, falls diese aus den Geschäftsberichten nicht herauszulesen waren und gewertet“, erläutert Goedeckemeyer. Wird einer der 31 Tarife, die das IVFP für Studenten mit Exzellent bewertet hat, gewählt, besteht nach Meinung von Versicherungsmakler Kemnitz das Risiko, dass man einen Tarif erhält, der für Selbstständige nicht so geeignet ist. Eine spätere Selbstständigkeit könne man ja nicht ausschließen. Kemnitz begründet diesen Einwand damit, dass es nur 22 deckungsgleiche mit Exzellent bewertete Tarife für Selbstständige im Rating gibt.

Feedback aus dem Markt eher positiv

Diese Argumentation lässt das IVFP aber nicht gelten. Rater Goedeckemeyer „Dieser Einwand dürfte so ziemlich für jeden jungen Erwachsenen gelten.“ Das sei die Schwierigkeit in der Beratung. Mit der Zielgruppen-Methodik könne man im Gegenteil ein „über den Kamm scheren“ der Tarife vorbeugen. Das Feedback aus dem Markt sei eher positiv. „Die BU-Versicherung ist sehr komplex und die Tarifauswahl in jungen Jahren zu 100-Prozent zu treffen ist nahezu unmöglich“, so Goedeckemeyer. Allerdings dürften doch 22 Tarife mehr als ausreichend sein. Das IVFP vergibt für BU-Angebote die Noten „exzellent“, „sehr gut“ und „gut“. Untersucht wird „Unternehmen“, „Preis-Leistung“, „Flexibilität“ und „Transparenz.“ Namen werden nur von denjenigen Testteilnehmern veröffentlicht, die eine der beiden besten Noten erreicht haben.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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