Auf der Jahreshauptversammlung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) diskutierten Politik, Wissenschaft und Lobbyisten über die Zukunft des Vermittlerberufs.
Professor Bert Rürup rief in seiner Rede einige „Banalitäten“ in Erinnerung, die immer wieder in Frage gestellt würden. „Die Alterssicherung steht für die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos“, sagte er. Aber auch, dass Altersvorsorge nur für denjenigen nötig ist, der nicht bereits von den Erträgen seiner Kapitalanlage leben kann. Umgekehrt müssen diejenigen vorsorgen, die sich ihr Altersvermögen erst im Verlauf des Berufslebens aufbauen können.
Effizientes Kollektiv
Und: „Effizient geht das nur im Kollektiv“, so sein Abfuhr an diejenigen, die der individuellen Kapitalanlage als alleinigem Weg zur Alterssicherung das Wort reden. Das sei eigentlich auch nicht schwer zu verstehen. Denn wer nur für sich selbst spare, wisse nie, wie lange er leben werde und davon zehren müsse.
Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass das Kapital entweder zu niedrig oder zu hoch sei, das aber ist im Ergebnis ineffizient. Die kollektive Vorsorge vermeidet diesen Effekt, allerdings sollten Kollektive auch möglichst groß sein.
Kein generöses Rentensystem
Rürup unterstützte das Ziel der FDP, eine kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen. Eine Mischung aus Umlage- und aus Kapitaldeckung sei allen „monistischen“ Vorsorgesystemen überlegen. Er bedauerte in diesem Zusammenhang, dass die Politik 2001 sich gegen den ursprünglichen Plan entschieden hatte, die Riesterrente obligatorisch zu machen. Dadurch habe sie ihre volle Wirkung nie entfalten können.
Zudem machte Rürup auch mit einigen Zahlen darauf aufmerksam, dass das deutsche Rentensystem keineswegs „generös“ sei. Das Äquivalenzprinzip in der Gesetzlichen Rente und die Orientierung an einem fiktiven Eckrentner führe gerade nicht zu einer Rente, die den Lebensstandard sichere – nicht einmal unter Anhebung der Haltelinie, wie von der Linkspartei gefordert.
Eine Woche Kapitaldeckung
Zweifel äußerte der Wissenschaftler auch, ob das aktuell geplante Generationenkapital ausreichen werde, einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Rentenleistungen zu erbringen. Er habe das einmal nachgerechnet und komme selbst unter optimalen Bedingungen auf einen Wert von nur sieben Kalendertagen, an denen die erwarteten Renditen dieses Kapitalstocks die Gesetzliche Rente ersetzen könnten. Vor allem aber: „Das System wird in Summe nicht leistungsfähiger.“
Rürup warb in diesem Zusammenhang für eine vorsichtige Korrektur des Äquivalenzprinzips zugunsten Ostdeutschlands, weil die dortigen Rentner kaum über Betriebsrenten und auch sonst über wenig eigene Vorsorge verfügen werden – ein Armutsschub sei zu befürchten mit sozialem Sprengstoff.
Der Staat kann nicht alles lösen
Die Podiumsdiskussion drehte sich ebenfalls um die Rentenpolitik der Bundesregierung. Außerdem bewegte das Podium die Kleinanlegerstrategie aufgrund drohender Provisionsverbote und weiterer Regulierungen, die von den im BVK organisierten Unternehmern abgelehnt wird.
Michael Heinz, Präsident des BVK, beklagte einen fortschreitenden Vertrauensverlust in der Bevölkerung in privatwirtschaftliche Lösungen und wachsenden Glauben in die Lösungskompetenz des Staates. Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Meyer vermisste bei allen Konkurrenten seiner Partei einschließlich der Unionsparteien den Glauben an den Kapitalmarkt und dessen Nutzen. „Wir haben Wohlstandsvernichtung betrieben“, meinte er mit Blick auf die Tatsache, dass immer noch hohe Anlagesummen auf Sparkonten gehalten werden.
Rürup beklagte, dass in der Rentendiskussion das rückläufige Arbeitsvolumen ausgeblendet werde. Das sei neben der demografischen Entwicklung fast noch ein wichtigerer Faktor, weil damit auch umzulegende Mittel für die Renten sinken werden.
Freiwillig vorsorgen
Für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft forderte Gerhard Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparkassenversicherung Sachsen, dass Vorsorge freiwillig bleibe. Das Generationenkapital schätzte er als „Tropfen auf dem heißen Stein“ ein, der keine nachhaltige Lösung der Finanzierungsprobleme liefere.
Die betriebliche Altersversorgung laufe derzeit sehr gut. Die Bundesregierung forderte Müller auf, die aufgeschobenen Reformen anzugehen. Zudem wehrte er sich gegen die Idee der Kleinanlegerstrategie, europaeinheitliche Benchmarks für die aufsichtliche Kontrolle der Kalkulation von Lebensversicherungen einzuführen, und warb stattdessen für nationale Vergleichswerte.
Autor(en): Matthias Beenken