Rund ein Drittel des Vermögens aller Haushalte in Deutschland besteht aus Rentenansprüchen. Sie sind damit nach den Immobilien der wichtigste Baustein im erweiterten Vermögensportfolio der Verbraucher. Fünf Expertinnen und Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, kurz DIW Berlin, erläutern im aktuellen Wochenbericht, dass für rund die Hälfte der Bevölkerung in der Bundesrepublik diese vermögensähnlichen Ansprüche eine deutlich größere Rolle spielen als für wohlhabendere Bevölkerungsschichten.
Die vermögensähnlichen Ansprüche machen 70 Prozent des Vermögens der ärmeren Hälfte aus. Im erweiterten Vermögensportfolio des reichsten Prozents, also der Top-Vermögenden, haben Rentenansprüche hingegen nur einen Anteil von 2,6 Prozent. Charlotte Bartels, Timm Bönke, Rick Glaubitz, Markus M. Grabka und Carsten Schröder bewerteten mithilfe der Daten des Sozio-oekonomisches Panels (SOEP), für das ein Mal im Jahr rund 30.000 Personen befragt werden, die gesetzlichen und betriebliche Rentenansprüche. "Üblicherweise werden diese nicht in der Vermögensverteilung berücksichtigt, da sie kein beleihbares oder veräußerbares Geld- oder Sachvermögen darstellen. Für viele sind sie aber ein wichtiger Baustein ihrer Altersvorsorge", erläutern die Forschenden ihren Ansatz.
"Dass die Ungleichheit bei Einbeziehung der Renten sinkt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rentenansprüche in der unteren Verteilungshälfte oft so gering sind, dass sie nicht unbedingt vor Altersarmut schützen", sagt Studienautorin Charlotte Bartels. "Die große Bedeutung des Rentenvermögens für die ärmere Hälfte der Bevölkerung unterstreicht, wie wichtig es ist, Rentenansprüche bei der Vermögensbetrachtung zu berücksichtigen. Dies ermöglicht es, vor allem die Wirkung von Rentenreformen auf die Vermögenssituation differenzierter zu bewerten", betont Timm Bönke, Mitautor und Co-Leiter des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin.
Vermögensungleichheit nicht erhöhen
Berücksichtige man die Rentenansprüche, sinke die gemessene Vermögensungleichheit, "die in Deutschland im OECD-Durchschnitt recht hoch ist". Der Anteil, den die ärmere Hälfte der Bevölkerung in Deutschland am Gesamtvermögen hält, steigt von zwei auf neun Prozent. Der Anteil der Top-Vermögenden nimmt von 30 auf 20 Prozent ab. "Dass die Ungleichheit bei Einbeziehung der Renten sinkt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rentenansprüche in der unteren Verteilungshälfte oft so gering sind, dass sie nicht unbedingt vor Altersarmut schützen", gibt DIW-Ökonomin Bartels zu bedenken.
Zugleich warnt ihr Kollege Bönke davor, dass Reformen, die das Rentenniveau senken, sich ungleich stärker bei der ärmeren Hälfte der Bevölkerung auswirken. "Dieser Bedeutung muss man sich bei künftigen Reformen der Alterssicherung immer bewusst sein."
Autor(en): Angelika Breinig-Schilly