Die Rechtsschutzversicherung kann die Existenz sichern. Sie gewährt nämlich Waffengleichheit gegen einen starken Gegner, die Haftpflichtversicherung, wenn es um einen Schadenersatzstreit geht. Kommt es zu einem Personenschaden, ist der Streitwert in der Regel recht hoch. Für die Existenzsicherung über die Rechtsschutzversicherung spielt dann die Selbstbeteiligung überhaupt keine Rolle. Das senkt die Prämie der Police und macht sie wettbewerbsfähiger für Zielgruppen, die eigentlich glauben, keinen Rechtsschutz zu benötigen.
Streit um Schadenersatz liegt im Ranking der häufigsten Schadenfälle erst an vierter Stelle. Rund 11,6 Prozent aller Streitigkeiten gehen um Schadenersatz. Deutlich öfter wird um Verträge (23,9 Prozent), Arbeit (15,6) oder Mietrecht (zwölf Prozent) gestritten. Das geht aus einer Analyse hervor, die die Roland Rechtsschutzversicherung auf der Basis von 395.310 gemeldeten Schäden im Jahr 2016 erstellt hat.
Bagatellstreitigkeiten stehen im Vordergrund
Nach Aussage des Versicherers sind die Streitanteile in den letzten Jahren stabil, gelten also weitgehend auch für 2019. Das zeigt: Die Rechtsschutzversicherung wird überwiegend für Bagatellstreitigkeiten genutzt, auch wenn es den Betroffenen aufgrund des hohen Ärgerpotenzials mit Arbeitgeber oder Vermieter nicht so vorkommt. Tatsächlich ist die Rechtsschutzversicherung hier eigentlich unnötig. Sie ist jedoch eine echte Existenzsicherung, wenn es darum geht, um Schadenersatz zu kämpfen.
Immer mehr Kunstfehleropfer
Betroffen sind vor allem Patienten, die falsch behandelt wurden oder ein fehlerhaftes Medizinprodukt erhalten haben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat anlässlich der Diskussion über gesundheitsgefährdende Implantate mangelhafte Kontrollen zugegeben. Auch für Opfer von Fehlbehandlungen oder fehlerhafter Aufklärung gibt es bis heute keine bundesweite Statistik. Die Krankenkassen haben 2017 mehr als 13.000 Gutachten zu Behandlungsfehlern erstellt. Auch die Zahl der möglicherweise fehlerhaften Implantate soll pro Jahr bei weit über 10.000 liegen. Die Dunkelziffer ist bei Patientenschäden sehr hoch.
Zudem steigt die Zahl der Verkehrsteilnehmer, die im Straßenverkehr verletzt werden. Die Bundesanstalt für Straßenwesen rechnet für 2018 mit knapp 400.000 Verunglückten. Wer durch andere einen schweren Gesundheitsschaden erleidet, hat Anspruch auf Schadenersatz. Doch der Rechtsstreit kann schwierig und langwierig sein. Gerade bei Kunstfehlern muss oft sowohl um die Ursächlichkeit als auch um die Höhe der Entschädigung gestritten werden. Gegner sind in allen Opferfällen finanzstarke Haftpflichtversicherer. Die Betroffenen brauchen daher oft einen langen Atem. Wer dann ohne eine Rechtsschutzversicherung ist, muss unter Umständen aufgeben, weil er die hohen Vorauszahlungen für Prozess und Anwalt nicht stemmen kann. Laut der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein kann schon manchmal allein der Hinweis, dass das Opfer rechtsschutzversichert ist, heilsam auf den Haftpflichtversicherer des Gegners wirken.
Rechtschutz noch kurz vor OP möglich
Nach Aussage von verschiedenen Rechtsschutzversicherungen können Patienten noch kurz vor einer Operation sicherheitshalber eine Police abschließen. Dass sollte vor dem Aufklärungsgespräch mit dem Operateur erfolgen. Die Kunden müssen aber aufpassen. Bei einigen Versicherern besteht für den Kunstfehlerschutz eine Wartezeit von drei Monaten.
Grundsätzlich sollte eine umfassende Privat- und Verkehrsrechtsschutzpolice abgeschlossen werden, um alle Bereiche abzudecken, in denen man Opfer werden kann. Wer sich für einen solchen Worst Case absichert, kann eine Selbstbeteiligung wählen und so die Prämie der Rechtsschutzversicherung deutlich senken. So erhält man im Markt derzeit eine Police mit 300 Euro Selbstbeteiligung ab einer Jahresprämie von rund 150 Euro. Wer keine Selbstbeteiligung wählt und somit auch bei Bagatellstreitigkeiten Rechtsschutz hat, muss hingegen über 300 Euro pro Jahr zahlen. Beachten sollte man zudem, dass die Versicherer mit echten Streithanseln schnell kurzen Prozess machen können. Wer mehr als zweimal im Jahr einen Rechtsstreit hat, darf in der Regel gekündigt werden.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek