Rauschen im Blätterwald der Unternehmenspresse

Die Mitarbeiter-Zeitungen, Haus-Zeitschriften und Vertriebs-Magazine der Versicherungswirtschaft haben einen gewaltigen Aufschwung erfahren, berichtete die Medien-Fachfrau und freie Journalistin Beate Hoffmann vor rund 90 "Öffentlichkeitsarbeitern" der Assekuranz-Branche. Bei der Fachtagung 2004 für Unternehmenskommunikation der Deutschen Versicherungsakademie (DVA) gab Hoffmann, die auch Dozentin an der Journalistenschule in Hamburg ist, Einblicke in ihre Analyse von Assekuranz-Hauszeitschriften.

35 Blätter auf dem Prüfstand
Wie viele Assekuranz-Unternehmen sich hierzulande ein oder mehrere Info-Blätter, Hauszeitungen und Unternehmens-Nachrichten – zum Teil auf Hochglanzpapier – leisten, hatte die Referentin nicht im Detail in Erfahrung bringen können. Doch 35 besonders renommierte Titel hat sie unter die journalistische Fach-Lupe genommen. 24 Blätter befand sie wichtig genug, sie noch genauer zu inspizieren ("Betrachten Sie meine Ausführungen als kleines erstes repräsentatives Ergebnis!").

Der Trend geht zum professionellen Blattmachen, lautete ihr Urteil. Das hörte das Publikum, das sich aus Pressesprechern, Hauszeitschriften-Redakteuren und anderen Kommunikations-Fachleuten zahlreicher Versicherungs-Gesellschaften zusammensetzte gern. Bei der alljährlichen DVA-Tagung, die zum 34. Mal in diesem Jahr in Hamburg stattfand, zeigte sich, dass sowohl die innerbetriebliche als auch die externe Kommunikation in der Versicherungswirtschaft längst ein wichtiges Management-Thema geworden ist. Denn die meisten Gesellschaften waren vertreten (von "A" wie Allianz bis "Z" wie Zürich Versicherungen).

Da steht die Branche anderen deutschen Wirtschaftszweigen in nichts nach. In der Bundesrepublik gibt es quer über alle Branchen rund 900 Mitarbeiter-Magazine. Insider schätzen, dass allein mindestes 100 davon in der Assekuranz angesiedelt sind. Während Hauszeitungen anderer Wirtschaftsbereiche nur noch zu 44 Prozent als so genanntes Print-Produkt erscheinen, sind die Mitteilungs-Blätter und Versicherungs-Hauszeitschriften eher seltener ausschließlich als Online-Info abzurufen.

89 Prozent mit eigenem Budget
Im deutschen Mitarbeiter-Zeitungs-Blätterwald arbeiten 89 Prozent der Redaktionen mit eigenem Budget. Das dürfte auch für die Versicherungsbranche als Messlatte angenommen werden, wobei allerdings kein Einblick in die Anzahl der Redaktionsmitglieder und/oder die jeweilige Etathöhe (von – bis … Euro) gewährt wird. Die Spanne ist kaum nachvollziehbar, da Auflage, Druck, Papier und Erscheinungsweise nur einige von vielen Unterscheidungskriterien darstellen, die bisher nicht erforscht werden konnten. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass knappe 65 Prozent der Haus-Postillen maximal bis zu 80.000 Euro jährlich kosten dürfen.

Nur drei Magazine nah am Leser
Beate Hoffmann schrieb ihren Kollegen von der Assekuranz-Betriebspresse deutlich ins Stammbuch, dass zwar die Professionalität der Blätter zugenommen habe, aber nur drei der ihr vorgelegten Hauszeitschriften unter die Kategorie "professionelles Layout, gute Schreibe, nah am Leser" gepasst hätten. Es werde immer wieder in den Unternehmen beobachtet, dass dies nicht nur an den Machern und Redakteuren liege. Es fehle zum Teil schlicht an Motivation. Sie teile hier die Erfahrung von E. W. Mänken, ehemals Chefredakteur des Handelsblattes, der befand: "Nur wenige Unternehmensführer engagieren sich konkret für ihre Mitarbeiter-Zeitungen. Die meisten sind desinteressiert und freuen sich über die Hofpostille." Nicht nur fehlendes Engagement, sondern auch zu knappe Finanz-Etats und der Faktor Zeit engen das Handlungsspektrum der Hauszeitschriften-Redakteure ("mal mehr, mal weniger") ein.

Beate Hoffmann hatte noch weitere Kategorien für ihre Hauszeitschriften-Analyse in der Versicherungswirtschaft geschaffen. Unter der Rubrik "Hochglanz, Imagebroschüre statt Mitarbeiterzeitung" legte sie drei weitere Titel ab. Zwölf Magazine wanderten in die Schublade "recht professionelles Layout und engagierte Machart, aber Lesernähe und journalistische Schreibe könnte noch mehr sein". Sechs Mitarbeiter-Zeitungen legte sie unter "liebevoll-ambitioniert, aber noch nah dran an Schülerzeitungs-Niveau".

Beate Hoffmann lüftete allerdings nicht das Geheimnis, welche Versicherungs-Gesellschaften ihre Hauszeitschrift unter welchem Stapel zu suchen hatte: "Das ist heute nicht meine Aufgabe."

Manuel Helten, der als Bereichsleiter für Management und Unternehmensfunktionen der Deutschen Versicherungsakademie (DVA) München, die Planung der Fachtagung mit verantwortet, verweist in diesem Zusammenhang auf die Spezial-Lehrgänge der DAV für Mitarbeiter in den Kommunikations-Abteilungen der Versicherer.

"SprachGut mit WortGewalt"
Bereits am 23./24. November 2004 findet in Köln ein weiterer Schreibworkshop statt. Der freie Journalist Dietrich E. Werner leitet das Seminar "SprachGut mit WortGewalt", das schon in der Vergangenheit immer wieder in der Branche als besonderes Highlight gebucht wurde. Werner, der schon bei der ersten DVA-Hauszeitschriften-Tagung 1970 mit dabei war, begeistert seine jungen Kollegen von der Versicherungs-Fachpresse immer wieder mit treffenden Beispielen und eloquenter Darstellung für die praktische Schreibe. Eine Tagungs-Teilnehmerin bringt es auf den Punkt: "In diesem Workshop lernt man ganz viel für die Praxis, spielerisch verpackt in leicht verständliche Interpretationen." Es sei wunderbar, wie man so aus der Praxis des bisweilen trockenen Versicherungs-Fachchinesisch lockere, aber stimmige Sätze für den Versicherungs-Laien herleiten könne.

Autor(en): Ellen Bocquel

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