Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung AG, schaut gelassen auf 2019, denn das abgelaufene Geschäftsjahr lief äußerst erfolgreich für sein Unternehmen. Die Details.
Laut Rollinger (Foto: Zweiter von rechts) hat die R+V 2018 „einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht“, hat sein Unternehmen bewiesen, dass „die genossenschaftlichen Werte Wachstumswerte sind“ und den Nachweis erbracht, dass ihr „Geschäftsmodell ein erfolgreiches ist.“
Die Erfolgsstory in wenigen Zahlen: Die R+V hat im vergangenen Jahr 200.000 Kunden hinzugewinnen können, so dass sie nun 8,6 Millionen Kunden hat. Der Konzerngewinn lag bei 448 Millionen Euro, das Ergebnis der Konzernholding erhöhte sich von 160 Millionen auf 300 Millionen Euro, die Beitragseinnahmen stiegen um vier Prozent auf 16,9 Milliarden Euro.
Bei den Bruttobeitragseinnahmen übertrifft die R+V Gruppe im Inland laut eigenen Aussagen das Marktwachstum um ein Drittel. Beispiel Krankenversicherung: Der Gesamtmarkt ist um 1,7 Prozent gewachsen, die R+V um 5,9 Prozent. Unter dem Marktniveau liegen die Wachstumsraten dagegen bei der Lebensversicherung. 1,4 Prozent Wachstum verzeichnete hier der Gesamtmarkt, die R+V hingegen nur ein Wachstum von einem Prozent. Die Vorstandsriege des Versicherers wollte dabei nicht unerwähnt lassen, dass der Verkauf von klassischen Produkten „weiterhin stark ist“ und man in der Vollversicherung auch „leicht wachsen“ konnte. Konkrete Zahlen gab es vor Ort nicht.
Eine gute geschäftliche Entwicklung wirkt sich auch auf die Mitarbeiterzahl aus: So beschäftigte die R+V Gruppe Ende 2018 in Deutschland 15.615 Mitarbeiter, 274 mehr als im Vorjahr.
Heißes Eisen Provisionsdeckel
Stichwort Provisionen: 486 Millionen Euro an Provisionen hat die R+V 2018 ausgeschüttet, einen ähnlich hohen Beitrag wie das Jahr zuvor. Beim Zankapfel Provisionsdeckel vertritt die R+V eine klare Position, wenn es um den in der Lebensversicherung geht: Nein, ohne uns. Bei dem bestehenden Provisionsdeckel in der Krankenversicherung fällt die Antwort schon etwas kryptischer aus. Kein klares „Ja“ oder „Nein“, nur: „Wenn er abschaffbar wäre, würden wir ihn abschaffen“.
Bei gutem Schadenverlauf gibt es Geld zurück
Aktuell testet die R+V eine neue Versicherungspolice in sechs Banken. Das Angebot läuft unter dem Motto „Cash-Back à la Raiffeisen“. Bei dieser neuen Police, der „VR-Mitglieder-Privat-Police“ bilden die Mitglieder einer Genossenschaftsbank ein Kollektiv, die so genannte Mitglieder-Plus-Gemeinschaft. Hat diese in einem Jahr einen guten Schadenverlauf, erhält sie im Folgejahr bis zu zehn Prozent der in der jeweiligen Sparte eingezahlten Prämien zurück. Die Offerte gilt für die Versicherungsfelder Haftpflicht, Rechtsschutz, Hausrat, Wohngebäude und Unfall. Das Angebot scheint den Nerv der Kunden zu treffen: Gut 4.000 Abschlüsse pro Woche konnte die R+V bislang in ihren Pilot-Banken verzeichnen. Da die R+V mit insgesamt 875 Genossenschaftsbanken verbandelt ist, sieht der Versicherer noch ordentliches Wachstumspotenzial.
Ein Rundum-Schutz mit Basispaket und potenziell weiteren Bausteinen
Als „ein schönes Beispiel für die Vernetzung von Bank und Versicherung“ sieht Rollinger die neue digitale R+V-Gewerbe-Police für Geschäfts- und Gewerbekunden. Der Kunde erhält hier einen Rundum-Schutz mit einem Basispaket zu dem eine Betriebshaftpflicht, eine Sachversicherung sowie die Absicherung von Elektronik und Mietkaution gehören. Weitere Bausteine, etwa zum Schutz vor Cyber-Risiken oder Wirtschaftskriminalität, können zusätzlich abgeschlossen werden.
Der Bankberater greift für dieses Angebot auf bereits vorhandene anonymisierte Bankdaten zu, so dass er online eine Tarifierung erstellen und schnell einen Vertrag abschließen kann.
Ganz ähnlich funktioniert das Procedere auch bei der „Wohn-Traum-Police“ des Wiesbadener Versicherers. Auch hier kann der Versicherungsberater auf bereits erhobene Daten aus der genossenschaftlichen Beratung zugreifen. Mit dieser Rangehensweise könnte eine zeitraubende Doppelerfassung von Daten vermeiden werden und eine deutlich höherer Durchdringung von Kundengruppen erreicht werden, so die R+V-Chefs (siehe auch Foto oben).
Erfreuliche Entwicklung des Kfz-Sektors, abwarten bei der Telematik
Der Kfz-Markt ist profitabel, für die Branche im Allgemeinen und die R+V im Besonderen. Das war auch schon anders. Die Anzahl der R+V-versicherten Fahrzeuge stieg so 2018 auf 4,5 Millionen und der Versicherer rechnet auch im Geschäftsjahr 2019 mit weiterem Wachstum. Konkret: Das Unternehmen hat in den ersten drei Monaten des Jahres unterm Strich 40.000 neue Kfz-Verträge hinzugewonnen. Den genossenschaftlichen Versicherer freut es.
Etwas zurückhaltend verhält sich die R+V aktuell beim Thema „Telematik“. In dieses Geschäftsfeld möchte sie erst wieder einsteigen, wenn die Qualität der gewonnen Daten besser wird. Dies scheint nach Ansicht der Genossen aktuell nicht anzustehen. Zudem ist das Kundenklientel, das Interesse an einem derartigen Tarif zeigt, ihres Erachtens eher begrenzt: Vielfahrer und junge Fahrer, die gerne ein Feedback zu ihrem Fahrverhalten erhalten möchten.
Versicherer will im schwierigen bAV-Geschäft mit Partner doch punkten
Wie vielen Mitbewerbern bereitet die betriebliche Altersversorgung (bAV) auch den Genossen nicht wirklich Freude. So musste die Versicherungsbranche im Allgemeinen 2018 im bAV-Geschäft einen Neugeschäftsrückgang von 8,6 Prozent verkraften. Kein gutes Signal. Doch trotzdem lässt die R+V nichts unversucht, hier neue Kunden zu gewinnen. So hat sie gemeinsam mit der Frankfurter Union Investment die „R+V Direktversicherung Unirendite“ aufgelegt. Nach eigenen Angaben haben die Partner nur drei Monate benötigt, um das agile Produkt auf den Markt zu bringen. Die Direktversicherung enthält drei Komponenten. Zwei steuert Union Investment bei und zwar einen Wertsicherungsfonds und einen freien Fonds. Der Wiesbadener Versicherer liefert das Sicherungsvermögen.
Stolz ist der Versicherer auch auf seinen Vorstoß beim Thema „Sozialpartnermodell“. Hier betont er, dass er der Erste gewesen ist, der sich mit diesem bAV-Modell beschäftigt und diesbezügliche Sondierungsgespräche geführt habe. Das Unternehmen wünscht sich dabei aber noch mehr Unterstützung seitens der Politik, um wirklich weiterzukommen.
Autor(en): Meris Neininger