Q-Ratings trotz massiver Kritik erschienen

Die Ratingagentur FitchRatings () hat ihr umstrittenes Vorhaben wahr gemacht und 166 europäische Versicherer mit einer unbestellten Ratingnote versehen, darunter 136 deutsche Unternehmen. Das so genannte Q-Rating (Q = quantitativ) beruht in erster Linie auf öffentlich zugänglichen Daten und erfolgt ohne Bestellung (wie z. B. bei Assekurata), Bezahlung (wie etwa bei vollständigem IFS-Rating von Fitch) und weitgehend auch ohne Absprache mit den gerateten Versicherungsunternehmen. Dies hatte bereits im Vorfeld für Ärger gesorgt, doch sind die Noten nicht durchweg so schlecht ausgefallen wie von den Versicherern zunächst befürchtet.

Weit über die Hälfte der 136 vorwiegend wider Willen gerateten deutschen Versicherer ist mit "gut" bewertet worden, einige Schadenversicherer sogar mit "stark", darunter
- DEVK Eisenbahn,
- Docura Brandkasse Deutscher Lehrer,
- GVV-Kommunalversicherung,
- HUK-Coburg,
- Landesschadenhilfe und
- Württembergische Gemeinde-Versicherung.

Deutlich abgefallen ("schwach") sind bei den Lebensversicherern nur Arag, Inter und Universa. Bei den privaten Krankenversicherern wurde nur Arag als finanzschwach bewertet; bei den Schaden- und Unfallversicherern traf dieses Urteil German Assistance Versicherung, MLP, Ontos und deren Muttergesellschaft Rheinland Versicherung.

Neben der rein quantitativen statistischen Erhebung verwertete Fitch auch interne Daten der Unternehmen, sofern die Unternehmen Angaben gemacht haben. Dies sei nur bei 23 Anbietern der Fall gewesen, teilte FitchRatings mit. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält das Rating für methodisch fragwürdig. Er befürchtet, dass mit diesem "Schmalspur-Rating" der Anschein eines echten, interaktiven Finanzkraft-Ratings (IFS-Rating) erweckt wird. Vermittler und Kunden verfügten naturgemäß nur über ein sehr begrenztes Wissen zu Ratings und liefen nun Gefahr, die Q-Ratings überzubewerten.

Immerhin sind sie mehr wert als die inzwischen bekannten Stresstests, die sich nur auf eine einzige Kennzahl (Sicherheitsmittel-Ausstattung) gestützt hätten, und auch dies nur über ein Jahr. Denn in die Wertung beim Q-Rating kommen vier wirtschaftliche Kriterien, erklärt Fitch-Analyst Marco Metzler: die Kapitalisierung des Versicherers, seine Profitabilität, die Liquidität und sein operatives Profil. Letzteres misst den Geschäftserfolg des Versicherers im Wesentlichen anhand von Marktzahlen. Managementqualität und Beziehungen von Einzelgesellschaften zu ihren Konzernmüttern allerdings blieben im Gegensatz zum IFS-Rating unberücksichtigt. Eine Veröffentlichung der vollständigen Methodologie des Ratingverfahrens (complete calibration) lehnt Fitch bislang ab.

Der GDV vermutet eine ausgeklügelte Marketingstrategie, um neue Kunden zu werben. Denn das Q-Rating setze möglicherweise Versicherer unter Druck, ein teures interaktives Rating bei Fitch einzukaufen. Über die Kosten hierüber schweigt sich Fitch aus. Die Branche munkelt, dass es rund 50.000 Euro jährlich koste. Fitch weist die Kritik zurück. "Die Methodik ist hieb- und stichfest", so Metzler. Der Finanzstärke-Wettbewerb zwinge die Versicherer, sich im Markt zu positionieren. "Rating-Agenturen decken lediglich auf, wie erfolgreich die Versicherer dabei sind", so der Analyst.

Manche Lebensversicherer, die bei anderen Rating-Agenturen bislang glänzend weggekommen sind, könnten jetzt arg in Erklärungsnot gegenüber Vertrieb und Kunden kommen. So werde die Süddeutsche Lebensversicherung von Fitch beim Q-IFS mit „leicht schwach“ und damit anfällig bei Erfüllbarkeit der Verträge eingestuft. Dagegen wird der Gesellschaft von Assekurata ein „sehr gut“ und von map-report ein "hervorragend" bescheinigt. Doch im Blick dürfte Fitch ganz andere Konkurrenz haben, die es aus dem deutschen Felde zu schlagen gilt: Standard & Poor’s.

Autor(en): Detlef Pohl

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