Am 21. November 2016 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb" vorgelegt. Das Papier steht für ein Gemeinschaftswerk, an dem auch das Bundesfinanz- sowie das Bundesjustiz- und -verbraucherschutzministerium beteiligt sind. Am vergangenen Montag lief die Frist für Stellungnahmen der Verbände ab.
Ob das überhaupt etwas bewirkt, ist fraglich, denn erklärter Wille ist, möglichst noch in diesem Jahr oder spätestens im Januar den Referentenentwurf zum Kabinettsbeschluss zu bringen, damit die parlamentarische Beratung bis zum Sommer und damit vor dem Bundestagswahlkampf abgeschlossen werden kann.
Eingriffe in die Vertriebsstruktur
Änderungswünsche gibt es erhebliche. Dabei geht es diesmal nicht nur um das übliche Wunschkonzert, sondern sehr grundlegende Fragen der Vertriebsstruktur und damit auch der beruflichen Zukunft der Versicherungsvermittler.
Denn mit der IDD-Umsetzung sollen auch zwei urdeutsche Anliegen geregelt werden. Laut Koalitionsvertrag soll die Honorarberatung gefördert werden. Außerdem muss die seit Jahren andauernde Hängepartie in Sachen Provisionsabgabeverbot so oder so beendet werden.
Vermischung von Provisions- und Honorarvermittlung soll vermieden werden
Die Honorarberatung soll nach der Vorstellung der Ministerien dadurch gefördert werden, dass der herkömmliche Versicherungsberater abgeschafft und durch einen beratenden und vermittelnden "Honorar-Versicherungsberater" ersetzt wird. Der soll bevorzugt Nettotarife anbieten oder Bruttotarife, bei denen der Versicherer die enthaltenen Abschlusskosten zu 80 Prozent dem Kunden als Prämiengutschrift zufließen lassen soll, verteilt über fünf Jahre.
Im Gegenzug soll den Vermittlern einschließlich auch den Maklern vorgeschrieben werden, nur noch Provision anzunehmen, um Vermischungen von Provisions- und Honorarvermittlung zu vermeiden. Das Provisionsabgabeverbot soll erhalten und prominent im VAG verankert werden, damit diese strikte Trennung von Provisions- und Honorarvermittlung nicht unterlaufen werden kann.
Makler sollten weiter Nettotarife anbieten dürfen
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) begrüßt diese Neuregelung grundsätzlich. In seiner Stellungnahme spricht er von einem "ausgewogenen Regelwerk", das ein "tragfähiges Fundament für einen Versicherungsmarkt mit fairen, transparenten und einheitlichen Vertriebsregeln" biete. Die Versicherer verlangen allerdings eine Klarstellung, dass im strukturierten Vertrieb Untervermittler von ihren Obervermittlern Provision erhalten dürfen, der Gesetzentwurf spreche dagegen nur vom Versicherer, der eine Provision zu zahlen habe. Bezogen auf die strikte Trennung von gegen Provision tätigen Maklern und gegen Honorar tätigen Beratern will der Verband "eine auf die Vermittlung von Nettopolicen begrenzte Ausnahmeregelung", damit "Nachfrage und Angebot von solchen Produkten" gefördert würden.
In diesem Punkt wird der Verband Deutscher Versicherungs-Makler e.V. (VDVM) sehr viel deutlicher, der seine Stellungnahme "auch im Namen des Bundesverbandes mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF)“ abgegeben hat. Mit dem Honorar-Versicherungsberater sieht der VDVM „gravierende Probleme". Das Ziel höheren Verbraucherschutzes werde "klar verfehlt".
Rolle des Maklers geschwächt
Stattdessen sieht der Verband die Makler in ihrer Rolle als Sachwalter des Kunden geschwächt. Entscheidend dürfe nicht die Frage der Vergütung, zumal wenn man nicht einmal den Begriff "Honorar" versucht zu definieren, sondern die Zuordnung zum Lager des Kunden im Unterschied zu Vertretern sein. Es werde die Chance vertan, dem Vorbild Österreichs zu folgen, wo der Versicherungsmakler zugleich auch die Berater-Erlaubnis erhält. Der VDVM macht weiter auf eine Inländerdiskriminierung aufmerksam, wenn deutsche Makler künftig nur noch gegen Provision, ausländische dagegen für Honorar tätig werden dürfen. Das sei europarechtswidrig.
Mit Bezug auf die "Atlanticlux-Fälle" äußert der VDVM die Vermutung, "dass sich lebensversicherungslastige Vertriebe zukünftig als Honorarversicherungsberater betätigen" werden, um Provisionsbegrenzungen und Stornohaftung zu umgehen. Geradezu als "Brandbeschleuniger" wirke, dass eine erfolgsabhängige Vergütung beim Honorar-Versicherungsberater gesetzlich nicht ausgeschlossen werden soll.
Fernabsatz ohne Beratungspflicht für Alle gefordert
Einhellige Kritik äußern die Verbände daran, dass die Ausnahme der Beratungspflicht des Versicherers bei Makler-vermittelten Verträgen entfallen soll. Es könne nicht sinnvoll sein, dass Versicherer und Makler gleichermaßen und konkurrierend einen Kunden beraten müssen. Dagegen fordert der GDV zusätzlich, den bisherigen Ausschluss der Beratungspflicht bei Fernabsatz nicht nur für die Versicherer zu erhalten, sondern sogar auf Vermittler auszuweiten. Das sei mit der IDD vereinbar, die einen Vertrieb von Versicherungen ohne Beratung ausdrücklich vorsieht.
Mit dieser Meinung steht der GDV allerdings erkennbar allein da, so fordert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) ganz im Gegenteil auch unter Verweis auf seine Auseinandersetzung mit Check24, die Beratungspflicht auch auf alle Vertriebsformen und damit auch auf Versicherer auszudehnen.
Bafin-Aufsicht für Vermittler einführen, Provisionen verbieten
Erhebliche Kritik an dem Referentenentwurf übt der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Es werde die Chance nicht genutzt, den Verbraucherschutz durch eine einheitliche Beaufsichtigung aller Vermittler durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu stärken. Die Industrie- und Handelskammern werden kritisiert, kein ausreichendes Interesse an einer echten Überwachung des Handelns der Vermittler zu zeigen. Das Provisionsabgabeverbot wird von den Verbraucherzentralen abgelehnt, weil es den Wettbewerb reduziere und damit dem Verbraucher schade.
Weiter fordern die Verbraucherzentralen, die Mitgliedsstaatenoptionen der IDD zu nutzen und ein Provisionsverbot für Lebens- und Krankenversicherungen auszusprechen. "Im Versicherungsbereich sind die Private Krankenversicherung und die Lebensversicherung durch die Art und Weise der Vergütung des Vertriebs im Besonderen anfällig dafür, Fehlanreize für den Verkauf dieser Versicherungsprodukte zu setzen", heißt es in der Stellungnahme.
Aufsichtsarbitrage der Banken befürchtet
Mindestens jedenfalls verlangt der VZBV ein solches Verbot für die Versicherungsanlageprodukte, bei denen er sonst eine Aufsichtsarbitrage durch die Banken befürchtet: Diese würden ökonomischen Kalkülen folgend künftig Kapitalanlagen im Versicherungsmantel bevorzugt absetzen, wenn die Regulierung dort weniger scharf ist als für dieselben Anlagen ohne Versicherungsbezug nach den Bestimmungen der MiFID.
Schließlich fordert der VZBV auch schärfere Regeln für den produktakzessorischen Vertrieb, der bisher weitgehend von Qualifikations- und ähnlichen Anforderungen ausgenommen sei. Allerdings wird sich der Verband selbst auch mit einer Forderung des BVK auseinander setzen müssen, Verbraucherzentralen mit ihrer kostenpflichtigen Versicherungsberatung künftig in die Regulierung des Versicherungsvertriebs einzubeziehen.
Einig sind sich BVK und VZBV an einer anderen Stelle: Beide kritisieren, dass Kopplungsgeschäfte vor allem bei Banken nicht schärfer behandelt werden. So sieht der VZBV "Missstände" bei der Restschuldversicherung, und der BVK beklagt eine "gängige Praxis", nach der Banken Kreditnehmern "eine breite Palette von Versicherungen" den Kunden andienen. Der VDVM nennt denselben Sachverhalt noch pointierter eine "Kreditknebelung".
Bild: Cumulus
Ob das überhaupt etwas bewirkt, ist fraglich, denn erklärter Wille ist, möglichst noch in diesem Jahr oder spätestens im Januar den Referentenentwurf zum Kabinettsbeschluss zu bringen, damit die parlamentarische Beratung bis zum Sommer und damit vor dem Bundestagswahlkampf abgeschlossen werden kann.
Eingriffe in die Vertriebsstruktur
Änderungswünsche gibt es erhebliche. Dabei geht es diesmal nicht nur um das übliche Wunschkonzert, sondern sehr grundlegende Fragen der Vertriebsstruktur und damit auch der beruflichen Zukunft der Versicherungsvermittler.
Denn mit der IDD-Umsetzung sollen auch zwei urdeutsche Anliegen geregelt werden. Laut Koalitionsvertrag soll die Honorarberatung gefördert werden. Außerdem muss die seit Jahren andauernde Hängepartie in Sachen Provisionsabgabeverbot so oder so beendet werden.
Vermischung von Provisions- und Honorarvermittlung soll vermieden werden
Die Honorarberatung soll nach der Vorstellung der Ministerien dadurch gefördert werden, dass der herkömmliche Versicherungsberater abgeschafft und durch einen beratenden und vermittelnden "Honorar-Versicherungsberater" ersetzt wird. Der soll bevorzugt Nettotarife anbieten oder Bruttotarife, bei denen der Versicherer die enthaltenen Abschlusskosten zu 80 Prozent dem Kunden als Prämiengutschrift zufließen lassen soll, verteilt über fünf Jahre.
Im Gegenzug soll den Vermittlern einschließlich auch den Maklern vorgeschrieben werden, nur noch Provision anzunehmen, um Vermischungen von Provisions- und Honorarvermittlung zu vermeiden. Das Provisionsabgabeverbot soll erhalten und prominent im VAG verankert werden, damit diese strikte Trennung von Provisions- und Honorarvermittlung nicht unterlaufen werden kann.
Makler sollten weiter Nettotarife anbieten dürfen
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) begrüßt diese Neuregelung grundsätzlich. In seiner Stellungnahme spricht er von einem "ausgewogenen Regelwerk", das ein "tragfähiges Fundament für einen Versicherungsmarkt mit fairen, transparenten und einheitlichen Vertriebsregeln" biete. Die Versicherer verlangen allerdings eine Klarstellung, dass im strukturierten Vertrieb Untervermittler von ihren Obervermittlern Provision erhalten dürfen, der Gesetzentwurf spreche dagegen nur vom Versicherer, der eine Provision zu zahlen habe. Bezogen auf die strikte Trennung von gegen Provision tätigen Maklern und gegen Honorar tätigen Beratern will der Verband "eine auf die Vermittlung von Nettopolicen begrenzte Ausnahmeregelung", damit "Nachfrage und Angebot von solchen Produkten" gefördert würden.
In diesem Punkt wird der Verband Deutscher Versicherungs-Makler e.V. (VDVM) sehr viel deutlicher, der seine Stellungnahme "auch im Namen des Bundesverbandes mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF)“ abgegeben hat. Mit dem Honorar-Versicherungsberater sieht der VDVM „gravierende Probleme". Das Ziel höheren Verbraucherschutzes werde "klar verfehlt".
Rolle des Maklers geschwächt
Stattdessen sieht der Verband die Makler in ihrer Rolle als Sachwalter des Kunden geschwächt. Entscheidend dürfe nicht die Frage der Vergütung, zumal wenn man nicht einmal den Begriff "Honorar" versucht zu definieren, sondern die Zuordnung zum Lager des Kunden im Unterschied zu Vertretern sein. Es werde die Chance vertan, dem Vorbild Österreichs zu folgen, wo der Versicherungsmakler zugleich auch die Berater-Erlaubnis erhält. Der VDVM macht weiter auf eine Inländerdiskriminierung aufmerksam, wenn deutsche Makler künftig nur noch gegen Provision, ausländische dagegen für Honorar tätig werden dürfen. Das sei europarechtswidrig.
Mit Bezug auf die "Atlanticlux-Fälle" äußert der VDVM die Vermutung, "dass sich lebensversicherungslastige Vertriebe zukünftig als Honorarversicherungsberater betätigen" werden, um Provisionsbegrenzungen und Stornohaftung zu umgehen. Geradezu als "Brandbeschleuniger" wirke, dass eine erfolgsabhängige Vergütung beim Honorar-Versicherungsberater gesetzlich nicht ausgeschlossen werden soll.
Fernabsatz ohne Beratungspflicht für Alle gefordert
Einhellige Kritik äußern die Verbände daran, dass die Ausnahme der Beratungspflicht des Versicherers bei Makler-vermittelten Verträgen entfallen soll. Es könne nicht sinnvoll sein, dass Versicherer und Makler gleichermaßen und konkurrierend einen Kunden beraten müssen. Dagegen fordert der GDV zusätzlich, den bisherigen Ausschluss der Beratungspflicht bei Fernabsatz nicht nur für die Versicherer zu erhalten, sondern sogar auf Vermittler auszuweiten. Das sei mit der IDD vereinbar, die einen Vertrieb von Versicherungen ohne Beratung ausdrücklich vorsieht.
Mit dieser Meinung steht der GDV allerdings erkennbar allein da, so fordert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) ganz im Gegenteil auch unter Verweis auf seine Auseinandersetzung mit Check24, die Beratungspflicht auch auf alle Vertriebsformen und damit auch auf Versicherer auszudehnen.
Bafin-Aufsicht für Vermittler einführen, Provisionen verbieten
Erhebliche Kritik an dem Referentenentwurf übt der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Es werde die Chance nicht genutzt, den Verbraucherschutz durch eine einheitliche Beaufsichtigung aller Vermittler durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu stärken. Die Industrie- und Handelskammern werden kritisiert, kein ausreichendes Interesse an einer echten Überwachung des Handelns der Vermittler zu zeigen. Das Provisionsabgabeverbot wird von den Verbraucherzentralen abgelehnt, weil es den Wettbewerb reduziere und damit dem Verbraucher schade.
Weiter fordern die Verbraucherzentralen, die Mitgliedsstaatenoptionen der IDD zu nutzen und ein Provisionsverbot für Lebens- und Krankenversicherungen auszusprechen. "Im Versicherungsbereich sind die Private Krankenversicherung und die Lebensversicherung durch die Art und Weise der Vergütung des Vertriebs im Besonderen anfällig dafür, Fehlanreize für den Verkauf dieser Versicherungsprodukte zu setzen", heißt es in der Stellungnahme.
Aufsichtsarbitrage der Banken befürchtet
Mindestens jedenfalls verlangt der VZBV ein solches Verbot für die Versicherungsanlageprodukte, bei denen er sonst eine Aufsichtsarbitrage durch die Banken befürchtet: Diese würden ökonomischen Kalkülen folgend künftig Kapitalanlagen im Versicherungsmantel bevorzugt absetzen, wenn die Regulierung dort weniger scharf ist als für dieselben Anlagen ohne Versicherungsbezug nach den Bestimmungen der MiFID.
Schließlich fordert der VZBV auch schärfere Regeln für den produktakzessorischen Vertrieb, der bisher weitgehend von Qualifikations- und ähnlichen Anforderungen ausgenommen sei. Allerdings wird sich der Verband selbst auch mit einer Forderung des BVK auseinander setzen müssen, Verbraucherzentralen mit ihrer kostenpflichtigen Versicherungsberatung künftig in die Regulierung des Versicherungsvertriebs einzubeziehen.
Einig sind sich BVK und VZBV an einer anderen Stelle: Beide kritisieren, dass Kopplungsgeschäfte vor allem bei Banken nicht schärfer behandelt werden. So sieht der VZBV "Missstände" bei der Restschuldversicherung, und der BVK beklagt eine "gängige Praxis", nach der Banken Kreditnehmern "eine breite Palette von Versicherungen" den Kunden andienen. Der VDVM nennt denselben Sachverhalt noch pointierter eine "Kreditknebelung".
Bild: Cumulus
Autor(en): Matthias Beenken