Kunden an der Provision oder Courtage zu beteiligen ist verboten. Das gilt, obwohl die Versicherungsaufsicht Verstöße dagegen seit geraumer Zeit nicht mehr ahndet. Und es gilt entgegen manchem Medienbericht auch weiter - die Rechtsunsicherheit aber bleibt.
Das Provisionsabgabeverbot ist derzeit noch in § 81 Abs. 3 VAG geregelt. Im neuen Versicherungsaufsichtsgesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt, wird die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass entsprechender Rechtsverordnungen weiter enthalten sein, wenn auch unter einem anderen Paragrafen.
Der § 298 Absatz 4 sagt dann: „Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlern von Versicherungsverträgen zu untersagen, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“ (http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*[@attr_id='bgbl115s0434.pdf']#__bgbl__//*[@attr_id='bgbl115s0434.pdf']__1445437708263). Aussagen interessierter Marktteilnehmer, das Provisionsabgabeverbot sei aufgehoben, sind damit mindestens verfrüht.
Aufhebung der Verordnungen – vorläufig
Ende September hat das Bundesfinanzministerium zudem den Entwurf einer „Verordnung zur Aufhebung von Verordnungen aufgrund des Versicherungsaufsichtsgesetzes“ erlassen. Darin werden auch die „Verordnung über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadenversicherung vom 17. August 1982“, die „2. Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934“ und die „3. Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 5. Juni 1934 betreffend Krankenversicherung“ mit Wirkung zum 1.1.2016 aufgehoben. Diese drei regeln das Provisionsabgabeverbot in den drei Hauptsparten.
Anders als die weiteren, aus Gründen der Klarheit der Zuordnung aufgehobenen Verordnungen werden diese drei nicht neu erlassen. „Die Aufhebung dient in erster Linie der Rechtssicherheit“, heißt es in der Begründung. „Es ist zum Teil, auch von Gerichten, vertreten worden, die Verordnungen seien wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.“
Schwarzer Peter liegt im Wirtschaftsministerium
Nun soll erst im Rahmen der Umsetzung der neuen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD geprüft werden, ob und in welcher Form das Provisionsabgabeverbot weiter bestehen soll. Damit dauert die Rechtsunsicherheit seit Anfang 2012 weiter an, seit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Vollzug des Verbots nach einem Urteil bis auf weiteres ausgesetzt hatte. Der „schwarze Peter“ wird so vom Finanz- ins Wirtschaftsministerium verschoben, das sich mit der IDD-Umsetzung befassen wird.
Die Begründung der zitierten Verordnung lässt jedoch ebenfalls nicht erkennen, dass eine komplette Aufgabe des Provisionsabgabeverbots beschlossene Sache sei. Diesen Eindruck erwecken verschiedene Vermittler wie unter anderem die Tippgeber UG oder die Moneymeets community GmbH, deren Geschäftsmodelle gerade auf dieser Provisionsabgabe beruhen. So hatte die mit Hilfe der Handelsblatt-Gruppe gegründete Moneymeets vorletzte Woche ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil des Landgerichts Köln als Bestätigung in eigener Sache gewertet und bezeichnete sich als „Sieger aus einem zukunftsweisenden Prozess“.
Provision abgeben geht, nicht aber Pflichten einschränken
Darin hatte es das Gericht offenbar nicht als unlauter angesehen, Kunden zu versprechen, dass sie an der Provision beteiligt werden, wenn sie laufende Versicherungsverträge in die Verwaltung der als Versicherungsmakler registrierten Firma geben. Allerdings gab das Gericht in anderen Punkten dem Kläger, einem vom Maklerverband IGVM unterstützten Makler, Recht, so das Versicherungsjournal und der Versicherungtip.
Insbesondere muss Moneymeets auf die bisher verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verzichten, wonach quasi im Gegenzug zur Provisionsabgabe ein Beratungsverzicht und ein Haftungsausschluss vereinbart wurden. Damit aber ist nach Ansicht des Versicherungstips das Geschäftsmodell insgesamt in Frage gestellt.
In dem Verfahren war es laut Versicherungsjournal nicht Gegenstand zu prüfen, ob ein Versicherungsmakler Beratungspflichten grundsätzlich ausschließen kann. Dies ist auch nicht nötig, denn dafür gibt es höchstrichterliche Entscheidungen, wonach die Pflichten eines Maklers sehr weit gehen. Das bekannteste Urteil dazu ist das so genannte Sachwalterurteil von 1985.
Geschäftsidee: Kreditwunsch per Versicherungsabschluss erfüllen
Dennoch geht das Drama um das Provisionsabgabeverbot weiter. Es führt dazu, dass reihenweise Geschäftsmodelle auf den Markt kommen, die mit teilweise schillernden Namen und Versprechungen letztlich nichts anders machen als Kunden anzuwerben, die sich auf anderem Weg beraten lassen und anschließend zum Schnäppchenpreis eine Versicherung abschließen wollen.
Gründe für ein partielles Provisionsabgabeverbot
Das Provisionsabgabeverbot hatte gute Gründe. Verhandlungsstarke Kunden sollten nicht zulasten der verhandlungsschwächeren und damit einer Mehrheit der Kunden über Provisionsabgaben und anschließende Forderungen der Vermittler nach höheren Provisionssätzen die Kosten der Versicherung unnötig in die Höhe treiben. Nebenbei würde damit auch ein solidarischer Ausgleich zwischen vermögenden und weniger vermögenden Kunden aufgehoben.
Die Gegenposition ist, dass das Provisionsabgabeverbot den Wettbewerb behindert. Der wird über die Preise ausgetragen, und die sollten in einem gut funktionierenden Markt vom Händler – hier: dem Vermittler – gestaltet werden können, indem er Teile seiner Marge – hier: Provision – einsetzt.
Möglich, ohne nennenswerte Nachteile die Versicherung wechseln
In der Schadenversicherung ist das durchaus einzusehen. Dort kann eine Preisdifferenzierung allerdings auch ohne Provisionsabgabe über Rabattierungen erreicht werden, die von Versicherer und Vermittler gemeinschaftlich zu tragen sind. Vor allem aber können Schadenversicherungskunden kurzfristig und ohne nennenswerte Nachteile die Versicherung wechseln. Wenn also ein Versicherer zu sehr auf Forderungen provisonsabgabewilliger Vermittler eingeht, die Provisionen erhöht und dementsprechend die Tarifprämien anhebt, verliert er seine Kunden an den Wettbewerb.
Ganz anders dagegen in der Lebens- und Krankenversicherung. Hier ist der Wechsel nur unter Inkaufnahme großer Verluste oder sogar gar nicht möglich, wenn sich zum Beispiel die Gesundheitssituation ungünstig verändert hat. Diese Kunden hängen am „Fliegenfänger“, wenn der Versicherer seine Tarifkalkulation nicht einhält und höhere Provisionen zahlt als vorgesehen. Das bezahlen am Ende die Versicherten, indem sie weniger Ablaufleistungen in der Lebensversicherung erhalten oder Beitragsanpassungen in der Krankenversicherung hinnehmen müssen.
Die Zusatzkosten lassen sich auch nicht „den Aktionären“ belasten, wie es von Verbraucherschützern gern gefordert wird. Denn rund jeder zweite Lebens- und Krankenversicherer ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Die „Aktionäre“ sind die Versicherten selber. Und die Aktiengesellschaft, die ihre Aktionäre zu schlecht behandelt, bekommt das notwendige Kapital entzogen, was den Kunden auch nicht hilft.
Kunden vor Übervorteilung schützen
Kurzum gibt es sehr gute Gründe, das Provisionsabgabeverbot in der Lebens- und Krankenversicherung aufrecht zu erhalten, um Kunden vor der nachträglichen Übervorteilung zu schützen. Es sollte zudem erweitert werden, um Kunden auch dann vor Übervorteilung zu schützen, wenn Versicherer und Vermittler die Provision in eine separate Honorar-, Kostenausgleichs- oder Vergütungsvereinbarung auslagern.
Hoffentlich nutzen die beteiligten Ministerien und die Versicherungsaufsicht die reichliche Zeit, sinnvolle Leitplanken für die schillernde Vielfalt der „Honorarberatung“ zu entwickeln. Sonst gibt es weiter keine fairen Wettbewerbsbedingungen, wie sie die Europäische Union immer wieder fordert.
Bildquelle: © fotogestoeber / fotolia
Das Provisionsabgabeverbot ist derzeit noch in § 81 Abs. 3 VAG geregelt. Im neuen Versicherungsaufsichtsgesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt, wird die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass entsprechender Rechtsverordnungen weiter enthalten sein, wenn auch unter einem anderen Paragrafen.
Der § 298 Absatz 4 sagt dann: „Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlern von Versicherungsverträgen zu untersagen, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“ (http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*[@attr_id='bgbl115s0434.pdf']#__bgbl__//*[@attr_id='bgbl115s0434.pdf']__1445437708263). Aussagen interessierter Marktteilnehmer, das Provisionsabgabeverbot sei aufgehoben, sind damit mindestens verfrüht.
Aufhebung der Verordnungen – vorläufig
Ende September hat das Bundesfinanzministerium zudem den Entwurf einer „Verordnung zur Aufhebung von Verordnungen aufgrund des Versicherungsaufsichtsgesetzes“ erlassen. Darin werden auch die „Verordnung über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadenversicherung vom 17. August 1982“, die „2. Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 8. März 1934“ und die „3. Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 5. Juni 1934 betreffend Krankenversicherung“ mit Wirkung zum 1.1.2016 aufgehoben. Diese drei regeln das Provisionsabgabeverbot in den drei Hauptsparten.
Anders als die weiteren, aus Gründen der Klarheit der Zuordnung aufgehobenen Verordnungen werden diese drei nicht neu erlassen. „Die Aufhebung dient in erster Linie der Rechtssicherheit“, heißt es in der Begründung. „Es ist zum Teil, auch von Gerichten, vertreten worden, die Verordnungen seien wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.“
Schwarzer Peter liegt im Wirtschaftsministerium
Nun soll erst im Rahmen der Umsetzung der neuen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD geprüft werden, ob und in welcher Form das Provisionsabgabeverbot weiter bestehen soll. Damit dauert die Rechtsunsicherheit seit Anfang 2012 weiter an, seit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht den Vollzug des Verbots nach einem Urteil bis auf weiteres ausgesetzt hatte. Der „schwarze Peter“ wird so vom Finanz- ins Wirtschaftsministerium verschoben, das sich mit der IDD-Umsetzung befassen wird.
Die Begründung der zitierten Verordnung lässt jedoch ebenfalls nicht erkennen, dass eine komplette Aufgabe des Provisionsabgabeverbots beschlossene Sache sei. Diesen Eindruck erwecken verschiedene Vermittler wie unter anderem die Tippgeber UG oder die Moneymeets community GmbH, deren Geschäftsmodelle gerade auf dieser Provisionsabgabe beruhen. So hatte die mit Hilfe der Handelsblatt-Gruppe gegründete Moneymeets vorletzte Woche ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil des Landgerichts Köln als Bestätigung in eigener Sache gewertet und bezeichnete sich als „Sieger aus einem zukunftsweisenden Prozess“.
Provision abgeben geht, nicht aber Pflichten einschränken
Darin hatte es das Gericht offenbar nicht als unlauter angesehen, Kunden zu versprechen, dass sie an der Provision beteiligt werden, wenn sie laufende Versicherungsverträge in die Verwaltung der als Versicherungsmakler registrierten Firma geben. Allerdings gab das Gericht in anderen Punkten dem Kläger, einem vom Maklerverband IGVM unterstützten Makler, Recht, so das Versicherungsjournal und der Versicherungtip.
Insbesondere muss Moneymeets auf die bisher verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verzichten, wonach quasi im Gegenzug zur Provisionsabgabe ein Beratungsverzicht und ein Haftungsausschluss vereinbart wurden. Damit aber ist nach Ansicht des Versicherungstips das Geschäftsmodell insgesamt in Frage gestellt.
In dem Verfahren war es laut Versicherungsjournal nicht Gegenstand zu prüfen, ob ein Versicherungsmakler Beratungspflichten grundsätzlich ausschließen kann. Dies ist auch nicht nötig, denn dafür gibt es höchstrichterliche Entscheidungen, wonach die Pflichten eines Maklers sehr weit gehen. Das bekannteste Urteil dazu ist das so genannte Sachwalterurteil von 1985.
Geschäftsidee: Kreditwunsch per Versicherungsabschluss erfüllen
Dennoch geht das Drama um das Provisionsabgabeverbot weiter. Es führt dazu, dass reihenweise Geschäftsmodelle auf den Markt kommen, die mit teilweise schillernden Namen und Versprechungen letztlich nichts anders machen als Kunden anzuwerben, die sich auf anderem Weg beraten lassen und anschließend zum Schnäppchenpreis eine Versicherung abschließen wollen.
Gründe für ein partielles Provisionsabgabeverbot
Das Provisionsabgabeverbot hatte gute Gründe. Verhandlungsstarke Kunden sollten nicht zulasten der verhandlungsschwächeren und damit einer Mehrheit der Kunden über Provisionsabgaben und anschließende Forderungen der Vermittler nach höheren Provisionssätzen die Kosten der Versicherung unnötig in die Höhe treiben. Nebenbei würde damit auch ein solidarischer Ausgleich zwischen vermögenden und weniger vermögenden Kunden aufgehoben.
Die Gegenposition ist, dass das Provisionsabgabeverbot den Wettbewerb behindert. Der wird über die Preise ausgetragen, und die sollten in einem gut funktionierenden Markt vom Händler – hier: dem Vermittler – gestaltet werden können, indem er Teile seiner Marge – hier: Provision – einsetzt.
Möglich, ohne nennenswerte Nachteile die Versicherung wechseln
In der Schadenversicherung ist das durchaus einzusehen. Dort kann eine Preisdifferenzierung allerdings auch ohne Provisionsabgabe über Rabattierungen erreicht werden, die von Versicherer und Vermittler gemeinschaftlich zu tragen sind. Vor allem aber können Schadenversicherungskunden kurzfristig und ohne nennenswerte Nachteile die Versicherung wechseln. Wenn also ein Versicherer zu sehr auf Forderungen provisonsabgabewilliger Vermittler eingeht, die Provisionen erhöht und dementsprechend die Tarifprämien anhebt, verliert er seine Kunden an den Wettbewerb.
Ganz anders dagegen in der Lebens- und Krankenversicherung. Hier ist der Wechsel nur unter Inkaufnahme großer Verluste oder sogar gar nicht möglich, wenn sich zum Beispiel die Gesundheitssituation ungünstig verändert hat. Diese Kunden hängen am „Fliegenfänger“, wenn der Versicherer seine Tarifkalkulation nicht einhält und höhere Provisionen zahlt als vorgesehen. Das bezahlen am Ende die Versicherten, indem sie weniger Ablaufleistungen in der Lebensversicherung erhalten oder Beitragsanpassungen in der Krankenversicherung hinnehmen müssen.
Die Zusatzkosten lassen sich auch nicht „den Aktionären“ belasten, wie es von Verbraucherschützern gern gefordert wird. Denn rund jeder zweite Lebens- und Krankenversicherer ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Die „Aktionäre“ sind die Versicherten selber. Und die Aktiengesellschaft, die ihre Aktionäre zu schlecht behandelt, bekommt das notwendige Kapital entzogen, was den Kunden auch nicht hilft.
Kunden vor Übervorteilung schützen
Kurzum gibt es sehr gute Gründe, das Provisionsabgabeverbot in der Lebens- und Krankenversicherung aufrecht zu erhalten, um Kunden vor der nachträglichen Übervorteilung zu schützen. Es sollte zudem erweitert werden, um Kunden auch dann vor Übervorteilung zu schützen, wenn Versicherer und Vermittler die Provision in eine separate Honorar-, Kostenausgleichs- oder Vergütungsvereinbarung auslagern.
Hoffentlich nutzen die beteiligten Ministerien und die Versicherungsaufsicht die reichliche Zeit, sinnvolle Leitplanken für die schillernde Vielfalt der „Honorarberatung“ zu entwickeln. Sonst gibt es weiter keine fairen Wettbewerbsbedingungen, wie sie die Europäische Union immer wieder fordert.
Bildquelle: © fotogestoeber / fotolia
Autor(en): Matthias Beenken