Privatversicherte müssen mehr bezahlen

Sie kommt - aber kommt sie so, wie jetzt absehbar? Wann kommt sie? Die Rede ist von der Gesundheitsreform, die nach Ansicht der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wahrscheinlich ohne Probleme den Bundestag passieren wird. Wenn dass eintrifft, zahlen vor allem die Privatversicherten drauf.

Der Zeitplan ist klar umrissen, alles andere für die Mehrheit der Bundesbürger noch nicht. Der Bundestag soll am 2. Februar der Vorlage zur Gesundheitsreform zustimmen, die erst gestern, Dienstag, bei den Parlamentariern für heftigen Diskussionsstoff sorgte. Am 16. Februar soll dann der Bundesrat das von den meisten ungeliebte Konstrukt endgültig absegnen. Insider prophezeien schon jetzt, dass es dann Verfassungsklagen geben werde. Aber Gesundheitsministerin Ulla Schmidt erwartet "eine breite Mehrheit in Bundestag und Bundesrat und einen pünktlichen Start der Gesundheitsreform am 1. April".

Nach dem langen Tauziehen um eine Einigung in neuen gesundheitspolitischen Eckpunkten scheinen die privaten Krankenversicherer zwar nicht mehr vor dem zuvor oft prognostizierten "Aus" zu stehen, doch ihre Kunden werden damit kaum zufrieden sein. "Wer jetzt privat krankenversichert ist, muss damit rechnen, dass seine Beiträge um bis zu zehn Prozent steigen können", sagte eine Sprecherin des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband). Über die genaue Höhe der Verteuerung könne nicht viel gesagt werden, sie hänge von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren ab.

Die Beiträge für Policen in der privaten Krankenversicherung verdoppeln sich im Durchschnitt alle zwölf Jahre, hat die Stiftung Warentest festgestellt, nachdem sie die Beitrags- und Versicherungsunterlagen von 130 Lesern der Zeitschrift FINANZtest ausgewertet hatte. Jährliche PKV-Beitragssteigerungen von rund sechs Prozent seien auch jetzt keine Seltenheit.

Die Versicherungsexperten der Stiftung Warentest haben aber auch vorgerechnet, dass Privatpatienten trotz zeitweiliger heftiger Prämienerhöhungen in der Regel "deutlich günstiger" dastehen als die freiwillig oder Pflichtversicherten in gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Nur solche Versicherte, deren Familienmitglieder bisher (kostenfrei) mitversichert seinen und Rentner mit geringerem Einkommen zahlen weniger.

Die Finanztester stellten außerdem fest, dass die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen in den letzten zwanzig Jahren um durchschnittlich 3,34 Prozent angehoben wurden. Und auch hier hat schon jetzt die noch nicht einmal verabschiedete Gesundheitsreform erste Auswirkungen gezeigt. Mit Beginn dieses Jahres haben die meisten großen gesetzlichen Krankenkassen ihre Beiträge um durchschnittlich zwölf Euro pro Monat erhöht.

Mit diesem Kosten- und Beitragsvergleich konfrontiert, macht der PKV-Verband darauf aufmerksam, dass den durchaus mäßigen Prämienerhöhungen in der GKV innerhalb von 20 Jahren etliche Streichungen von Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Kassen gegenüber stehen. Die einmal vereinbarten Leistungen mit den privaten Krankenversicherern bleiben dagegen bestehen.

Wenn nun die PKV-Unternehmen die Beiträge um voraussichtlich zehn Prozent anheben müssen, sei das einzig mit der geplanten Gesundheitsreform zu begründen. Weil nämlich künftig PKV-Versicherte bei einem Wechsel ihres Versicherers auch ihre Altersrückstellung mitnehmen, gibt es künftig keine "Stornogewinne" mehr beim Altversicherer. Jetzt müssen die Tarife neu kalkuliert und darauf abgestimmt werden.

Auch der neue Basistarif, den die PKV-Unternehmen in gleicher Prämienhöhe und mit vergleichbaren Leistungen wie in einer gesetzlichen Kasse anbieten müssen, führe zu Mehrkosten. Denn künftig werden private Krankenversicherer weder Risikozuschläge noch höhere Beiträge für diesen Tarif verlangen. Noch ist unklar, wie viele Bundesbürger den neuen Basistarif beanspruchen werden. Auch gibt es kaum genaue Vorstellungen, wie es um das Krankheitsrisiko dieses Personenkreises stehe, doch beim PKV-Verband ist man sich sicher, dass diese Unwägbarkeiten Beitragssteigerungen für die anderen Privatversicherten bedeuten.

Autor(en): Ellen Bocquel

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