Rund 750.000 Kunden der Allianz Lebensversicherung bekommen eine geringere garantierte Privatrente. Wie der Marktführer bestätigt, sinkt sie für diese Kunden ab März um rund neun Prozent. Kunden mit schon laufenden Renten sind nicht betroffen.
Hintergrund ist die Absenkung des Garantiezinses für die Auszahlungsphase der Rente. Er wurde von 1,75 auf 1,25 Prozent abgesenkt, nachdem ein Treuhänder diese Absenkung für angemessen erklärt hat. Damit sinkt gleichzeitig der so genannte Rentenfaktor, mit dem das angesparte Kapital verzinst wird. Die Gesamtrente der Kunden setzt sich aus der ab Rentenstart garantierten Rente und einem zusätzlichen Betrag aus der Überschussbeteiligung zusammen.
Der Treuhändervorbehalt erlaubt eine Absenkung
„Eine Anpassung des Rentenfaktors nach unten ist nur mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders erlaubt“, erläutert die Ergo Lebensversicherung. Die R+V Lebensversicherung verwies darauf, dass mit der Garantie des Rentenfaktors zum Vertragsbeginn gleichzeitig eine Günstigerprüfung zum Rentenbeginn verbunden ist. „Dies bedeutet, dass beim späteren Rentenbeginn geprüft wird, ob sich dann aufgrund einer anderen Sterbetafel und eines anderen Rechnungszinses ein höherer Rentenfaktor ergibt“, so ein Sprecher. Die Überschussbeteiligung und das angesparte Kapital der Kunden werden durch die Anpassung des Rentenfaktors nicht beeinflusst, stellte ein Allianz-Sprecher klar.
Garantie sinkt auf rund 30 Euro pro 10.000 Euro Kapital
Die Höhe des Rentenfaktors hängt unter anderem vom Alter der Kunden, dem Rentenbeginn und dem Hinterbliebenenschutz ab und liegt bei der Allianz nach der Anpassung in typischen Konstellationen bei rund 30 Euro je 10.000 Euro Sparsumme. Daher zahlt der Versicherer beispielsweise für 100.000 Euro Kapital eine monatliche garantierte lebenslange Rente von 300 Euro. Hinzu kommt noch ein Betrag aus der Überschussbeteiligung, der aber unsicher ist. Laut Allianz ist die Senkung des für die Kalkulation notwendigen Garantiezinses eine sinnvolle Maßnahme um die Gesamtrente der Kunden zu stabilisieren. Nur wenn die Lebensversicherer weniger Garantie leisten müssen, könnten sie ihr Geld chancenreicher anlegen.
Mehr Freiheiten für die Anlage
Diesen Zusammenhang bestätigt Lars Heermann von der Kölner Rating-Agentur Assekurata. „Weniger Garantien bedeuten zugleich mehr Freiheit in der Geldanlage.“ So könnten die Versicherer dann beispielsweise verstärkt in Infrastrukturprojekte investieren. Betroffen von der Senkung des Garantiezinses sind im Wesentlich Fondspolicen, bei denen ein großer Anteil der Beiträge am Kapitalmarkt investiert wird.
Nach Einschätzung von Analyst Heermann werden dem Beispiel der Allianz in Zukunft aufgrund der Kapitalmarktentwicklung weitere Lebensversicherungen folgen. „Auch wenn derzeit aus Wettbewerbsgründen möglicherweise noch höhere Rentenfaktoren für die Auszahlungsphase angeboten werden“, so Heermann.
Wie es bei Axa und R+V aussieht
Die R+V Lebensversicherung bestätigt auf Anfrage, dass sie seit Anfang 2021 die Rentenfaktoren für das Neugeschäft bereits angepasst hat. Bei 100.000 Euro Gesamtkapital liege die monatliche lebenslange garantierte Rente nun bei knapp 305 Euro. Bei der Axa Lebensversicherung sind es derzeit rund 296 Euro. Mit Überschüssen würde ein Kunde bei der Axa 383 Euro pro Monat erhalten. Demgegenüber will die Württembergische Lebensversicherung derzeit noch ihren Rentenfaktor stabil halten.
Auch die Beitragsgarantie ist weitgehend gefallen
Anfang des Jahres waren neben der Allianz viele Lebensversicherer aus der 100-prozentigen Beitragsgarantie ausgestiegen. Vielfach bieten die Versicherer hier nur noch Wahlmöglichkeiten wie 90, 80 oder 50 Prozent der Beiträge bei Rentenbeginn an. „Wenn eine 30-jährige Bundesanleihe eine Rendite nahe Null aufweist, ist es schlicht unrealistisch, eine Verzinsung zu garantieren, die deutlich über Null liegt“, sagte ein Sprecher der Alte Leipziger.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek
