Private Pflegesicherung hat höheren Stellenwert im Ausland

Rund 2,5 Millionen meist ältere Pflegebedürftige kommen nicht ohne Betreuung aus. Tendenz steigend. Die Heimunterbringung und professionelle Hilfe sind teuer. Die soziale (staatliche) Pflegeversicherung hat 2007 mit einem Defizit von 321 Millionen Euro abgeschlossen. Wie es um die private Pflegeversicherung hierzulande und im europäischen Ausland sowie den USA steht, wurde beim ersten "PflegeKongress" der vorgestellt.

Große Versorgungslücken
Schon jetzt leben in Deutschland vier Prozent der über 65-Jährigen und 21 Prozent der über 90-Jährigen in Pflegeheimen. "Jeder fünfte stirbt im Heim". Selbst ohne besondere Ansprüche klafft bei den meisten Pflegepflichtversicherten eine Versorgungslücke von mindestens 800 und bis zu 1.250 Euro bei den unterschiedlichen Pflegestufen. Während sich in den staatlichen Kassen der Pflegeversicherung kein Geld, sondern eher Schulden anhäufen, bieten längst auch private Kranken- und Lebensversicherer entsprechende Pflegepolicen an. "Die private Versicherungswirtschaft ist aufgerufen, durch Zusatzversicherungen die Teilkaskosituation der Pflege auf eine vollumfängliche Vorsorge zu ergänzen", sagt Stephan Schinnenburg, Vertriebs-Chef der Ideal-Versicherungen. Es sei auch weiterhin keine staatliche Förderung der privaten Absicherung in relevantem Umfang für den Fall der Pflegebedürftigkeit zu erwarten.

In Frankreich private Pflegeversicherung erfolgreich
In anderen Ländern hat das Thema private Pflegeversicherung nach Aussagen von Ulrich Pasdika, Abteilungsdirektor der Kölnischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG, einen ganz anderen Stellenwert. In Frankreich könne man von einer Erfolgsstory der privaten Pflegeversicherung berichten, betonte Pasdika. Die private Versicherungswirtschaft habe das Produkt bereits 1985 eingeführt. Die Franzosen führen inzwischen mehr als zwei Millionen Policen im Bestand ihrer privaten Pflegeversicherungen. Man könne hier von einer hohen Marktkonzentration sprechen. In Frankreich werden die meisten privaten Pflegeversicherungen über den Bankschalter verkauft. „Bei der Produktgestaltung gibt es Parallelen zum deutschen Markt“, bestätigte Pasdika. Als „französische Eckdaten“ nannte er:
  • Monatliche Rentenleistungen zwischen 600 und 2.400 Euro,
  • Produkte mit halber Leistung bei teilweiser Pflegebedürftigkeit,
  • Das Durchschnittsalter bei Neuzugängen beträgt 56 Jahre.

Intensiver Wettbewerb in Großbritannien
Ganz anders zeige sich die Situation in Großbritannien. Hier handele es sich um einen "zu intensiven Wettbewerb" in einem kleinen Markt. Deswegen mache man häufig Zugeständnisse in Pricing und Risikoprüfung, und das "ohne ausreichende Erfahrungen". Jetzt gebe es praktisch kein Neugeschäft in "prefunded LTCI" - wie die englische Police der Pflegeversicherung heißt.

Viel Potenzial sieht Ulrich Pasdika dagegen im Mittelmeerraum; das sei auch durch demografische Veränderungen bedingt. Traditionell nehme in Italien und Spanien die Familie eine stärkere Rolle bei der Versorgung Pflegebedürftiger ein. Bisher gebe es noch eine wenig entwickelte Pflegeinfrastruktur. Eine Vielfalt von Regelungen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene seien möglich. In diesen Regionen habe man die private Pflegeversicherung als Beitrag zur Lösung der Pflegemisere entdeckt:
  • In Italien wurde die Einführung eines nationalen (staatlichen) Pflegeversicherungssystems auf Eis gelegt.
  • In Spanien wird ein solches System schrittweise eingeführt, wobei die Leistungen nicht kostendeckend sind.

Amerika mit 30 Jahren Markterfahrung
In den USA sind Pflegeversicherungen seit Jahren ein Thema. Man verfügt dort über dreißig Jahre Markterfahrung. Es entwickelte sich dort der weltweit größte Markt für private Pflegeversicherungen mit 10,5 Millionen verkauften Policen. Mehr als hundert Versicherer sind aktiv und haben inzwischen bereits neun Milliarden US-Dollar (mehr als 5,5 Milliarden Euro) an Leistungen ausgezahlt.

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Ellen Bocquel

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