Private Haftpflichtversicherungen: Tarifqualität hat sich deutlich verbessert

740px 535px

Für das "PHV-Rating 2020" hat die Ratingagentur Franke und Bornberg insgesamt 562 Tarife zur privaten Haftpflichtversicherung analysiert. Die Rater ziehen ein positives Fazit ihrer Untersuchung und wundern sich über einen neuen Trend. 

Die private Haftpflichtversicherung (PHV) gilt als eine der wichtigsten freiwilligen Versicherungen für Verbraucher. Denn wer unabsichtlich anderen einen Schaden zufügt, muss dafür geradestehen. Eine PHV bewahrt Versicherte vor den finanziellen Folgen und manchmal sogar vor dem wirtschaftlichen Ruin. Die Durchdringung der deutschen Haushalte mit PHV-Produkten ist entsprechend mit über 80 Prozent hoch.

Bedingungen sind heute transparenter

Bereits seit 2015 bewerten die Rater die PHV mit einem umfassenden Bedingungsrating. Seit dem Erstrating habe  sich die Tarifqualität spürbar verändert, so die Einschätzung der Experten. "Neue Tarifgenerationen schneiden fast immer besser ab als ihre Vorgänger", so Christian Monke, Leiter Versicherungsanalyse bei Franke und Bornberg.

PHV-Versicherer setzten bei den Bedingungen zunehmend auf Transparenz und nachvollziehbare Leistungen. Tarifliche Regelungen würden heute präziser und detaillierter beschrieben als noch vor einigen Jahren. Ein Beispiel sei der Einschluss von Luftfahrzeugen wie Drohnen und Copter in die PHV. Hier hätten die meisten Anbieter ihre restriktive Haltung aufgegeben. Nur noch wenige Gesellschaften verlangten für Drohnen & Co. einen Extrabeitrag, so Monke. Gleichzeitig steigen die Deckungssummen. Versicherer wie die WGV und Signal Iduna böten im Top-Tarif mittlerweile bis zu 75 Millionen Euro, die Allianz in ihrem Premium-Tarif sogar bis zu 100 Millionen  Euro Deckung.

Differenzierung verkleinert Kollektive

Die Analysten haben einen nach eigenen Angaben "bemerkenswerten" Trend ausgemacht: Versicherer kalkulierten ihre Haftpflichtprämien abhängig vom Wohnort mit der Postleitzahl. Zu den Pionieren dieser PLZ-Differenzierung zählten Interlloyd, Axa und HDI. Es sei aber ungewiss, ob sich dieser Trend durchsetzen werde. Auch über die zugrunde liegende Datenbasis sei noch wenig bekannt.

Monke sieht die Entwicklung kritisch: "Auf den ersten Blick erscheint der Wunsch nach bedarfsgerechter Tarifierung nachvollziehbar. Doch jede Differenzierung führt zu kleineren Kollektiven. Wo es Gewinner gibt, sind auch Verlierer. Und was einige Kunden mit günstiger Postleitzahl bei ihrer PHV sparen können, müssen in Zukunft andere drauflegen. Das erinnert mich an die inflationäre Entwicklung der Berufsgruppen in der BU-Versicherung."

Schlanke Tarife gibt es in gut und schlecht

Für das PHV-Rating 2020 hat Franke und Bornberg insgesamt 562 Tarife nach 55 Kriterien je nach Produktvariante unter die Lupe genommen, darunter auch Tarife von Start-ups wie Adam Riese, Getsafe, helden.de, Lemonade, Neodigital und One. Diese setzen auf schlanke PHV-Tarife. Aber ist schlank auch leistungsfähig? "Ein schlanker Tarif bedient vor allem den Wunsch nach weniger Komplexität. Das schafft Vertrauen, aber noch lange keinen Top-Tarif. Einige PHV-Tarife von Insurtechs landen am unteren Ende unserer Bewertungsskala", so Monke. Doch es geht gibt auch positive Beispiele.

Mit ihren Top-Tarifen könnten es manche Start-ups durchaus mit etablierten Anbietern aufnehmen. Verbraucherfreundlich sei der Trend zu mehr Flexibilität, etwa eine tägliche Kündigungsfrist, die von helden.de oder Getsafe angeboten wird.

Heute reichen die Leistungen einer privaten Haftpflichtversicherung oft deutlich über die gesetzliche Haftung hinaus. Aber nicht jeder Kunde legt Wert auf die bestmögliche PHV  und nicht jeder kann sie sich leisten. Deshalb unterscheidet das PHV-Rating zwischen Top- und Grund-schutz sowie den Lebenssituationen "Familien" und "Single". Es zieht vor allem jene Kriterien heran, die für die meisten Versicherungsnehmer wichtig sind.

Ergebnisse Topschutz PHV

Mindestanforderungen

  1. Mindestdeckungssumme 10 Millionen Euro für Personen- und Sachschäden sowie 100.000 Euro bei Vermögensschäden und
  2. Versicherungsschutz für deliktunfähige Kinder (nicht im Single-Tarif), Forderungsausfall, Gefälligkeitshandlungen und für beruflichen Schlüsselverlust

Seit dem Erstrating 2015 ist die Qualität im Bereich Topschutz noch einmal deutlich gestiegen. Die höchste Bewertungsstufe FFF erreichen aktuell knapp 44 Prozent  (2015: 17 Prozent) von 194 Familientarifen (88 Tarife). Bei den 198 PHV-Tarifen für Singles gelingt dies knapp 38 Prozent (2015: 17 Prozent) der Bedingungswerke (75 Tarife). 

Ergebnisse Grundschutz PHV

Mindestanforderungen

  1. Deckungssumme mindestens 3 Millionen Euro für Personen- und Sachschäden, 50.000 Euro für Vermögensschäden

Beim Grundschutz verzeichnen die Rater ebenfalls einen deutlichen Qualitätszuwachs. Die höchste Bewertungsstufe FFF erreicht aktuell knapp 13 Prozent (2015 zwei Prozent) der 94 Familientarife mit Grundschutz (12 Tarife) . Unter den 86 PHV-Singletarifen kommen jetzt ebenfalls rund 13 Prozent (2015: zwei Prozent) der Tarife (elf Tarife) in die Top-Ränge.

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

Alle Branche News