Portabilität nicht ohne weiteres machbar

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) krankte bisher auch daran, dass Arbeitnehmer Ansprüche nicht ohne Verluste mitnehmen konnten, wenn sie ihren Job wechselten. Ausnahme: Bislang besteht lediglich bei Direktversicherungen dazu ein Übertragungs-Abkommen innerhalb der Versicherungsbranche. Das heißt: Wer eine Direktversicherung besitzt, kann problemlos das Deckungskapital seiner Direktversicherung zum neuen Arbeitgeber mitnehmen, auch wenn der mit einem anderen Versicherer kooperiert. Die Branche verzichtet auf Stornoabzüge.

Diese Chance zur Mitnahme wird für neue Versorgungszusagen ab 2005 mit einem Rechtsanspruch versehen. Dazu wurde das Betriebsrenten-Gesetz (BetrAVG) durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) geändert. Die Botschaft: Beim Wechsel des Arbeitgebers können bisherige bAV-Ansprüche mit "umziehen", sofern es sich um eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds handelt (neuer § 4 BetrAVG). Auf diese Weise sollen Arbeitnehmer alle Ansprüche auf Betriebsrente bei einem Versorgungsträger konzentrieren können. Der Arbeitgeber muss dazu künftig den entsprechenden Übertragungswert ermitteln und der neuen Firma überweisen.

Bei Versicherungen ist dies der Zeitwert samt Überschuss- und Schlussüberschussanteile. Letztere sind meist jedoch noch gar nicht verdient. Dies könnte bei hoher Fluktuation zu nicht planbarem Liquiditätsabfluss beim Arbeitgeber führen. Ausweg: Um die zugesagte Mindestleistung nicht zu gefährden, sollten sich Arbeitgeber nicht auf stark gezillmerte Tarife einlassen. Sonst kommt das Deckungskapital erst ab drittem Jahr in die schwarzen Zahlen. Schwach gezillmerte Tarife oder ratierliche Provisionszahlung sind für qualitätsbewusste Vermittler kein Hinderungsgrund. "Oder die Stornohaftungszeit wird zum Beispiel auf 60 Monate erhöht", meint Josef Bader, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für betriebliche Altersversorgung.

Auch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) hat Bauchschmerzen mit dem geplanten Übertragungswert. "Die Zillmerung wird auch künftig nicht verboten", hatte Birgit Uebelhack, stellvertretende Geschäftsführerin, bereits vor Monaten angemerkt. Damit bleibt der Arbeitnehmer beim Firmenwechsel weiterhin auf versteckten Kosten sitzen. Denn er soll zwar den Zeitwert der Versicherung erhalten, doch in der Praxis fallen Abschläge an, die kein Versicherer oder sonstiger Versorgungsträger zu bezahlen bereit sein dürfte:
  • Abschlag für Risikoselektion,
  • Abschlag für Stornierungs- und Übertragungskosten,
  • Abschlag für noch nicht getilgte Abschlusskosten.


Die Fachwelt ist sich hier noch nicht ganz einig. Die Stiftung Warentest glaubt, dass der Arbeitnehmer die Kosten der Mitnahme trägt. "Sie werden vom übertragenen Kapital abgezogen", heißt es bei FINANZtest im Sonderheft "Altersvorsorge im Betrieb". Unternehmensberater Michael Ries, Inhaber der Beratungsgesellschaft bAV-Zirkel in Seeheim–Jugenheim, sieht eher den Arbeitgeber in der Pflicht: Ist der Zeitwert geringer als der Übertragungswert, muss der Arbeitgeber eben ausfinanzieren. Hier zeigt sich, dass der Gesetzgeber bei seiner Definition des Übertragungswertes die verschiedenen Faktoren, die die Höhe des Übertragungswertes nachhaltig beeinflussen, nicht berücksichtigt hat – etwa die unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen des alten und neuen Versorgungsträgers, die Kostenstrukturen und die Ertragssituation des abgebenden Versorgungsträgers. Weicht das tatsächlich vorhandene Deckungskapital auf Grund hoher Abschlusskosten oder schlechter Ertragslage des Versorgungsträgers vom ermittelten Übertragungswert ab, "begründet dies die Nachschusspflicht des abgebenden Arbeitgebers", so Ries. Der wird sich im Zweifel aber am Versorgungsträger bzw. dem Vermittler schadlos zu halten versuchen. Da kommt Arbeit vor allem auf Rechtsanwälte und Gerichte zu, was letztlich den Renditen für die Arbeitnehmer nicht gut bekommen dürfte.

Damit bleibt ein maßgebliches Hemmnis, das Portabilität in großem Stil verhindern könnte. Die letzte Entscheidung liegt immer beim Arbeitnehmer. Ob es besser für Arbeitnehmer ist, die Ansprüche mitzunehmen oder in der alten Firma zu belassen, hängt von den harten Fakten ab: Der Übertragungswert der alten Firma ist gegen den Wert der neuen Zusage aufzurechnen (samt Invaliden- und Hinterbliebenenschutz). Entsprechende Informationen müssen Arbeitgeber oder Versorgungsträger ihm ab 2005 auf Verlangen schriftlich geben (neuer § 4a BetrAVG).

Weiteres Problem: Der Anspruch auf Portabilität ist begrenzt auf Anwartschaften, deren Übertragungswert die jeweils aktuelle Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung West nicht übersteigt (2004: 61.800 Euro). Dies soll vor allem kleinere Versorgungswerke vor Aushöhlung schützen, falls bei den beteiligten Firmen unerwartet hohe Fluktuation auftritt. Doch was tun Führungskräfte, die über diese Grenze kommen? "Sie brauchen eine intelligente Lösung zur Fortführung ihres Vertrages unter unveränderten Bedingungen", so Bader. Solche Verträge können mit Hilfe einer speziellen Clearing-Stelle, die die Deutsche Gesellschaft für bAV eingerichtet hat, mit zur neuen Firma wechseln. Damit werde nachhaltige Portabilität gesichert. Das Gesetz sei leider auf halbem Wege stehen geblieben und schütz weder Arbeitnehmer (Leistung) noch Arbeitgeber (Nachschusspflicht) ausreichend.

Autor(en): Detlef Pohl

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