Policenaufkäufer profitieren von Corona

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Viele Verbraucher und Unternehmer stehen durch Corona vor einer finanziellen Durststrecke. Daher prüfen immer mehr Kunden, ob sie die Lebensversicherung nicht vorzeitig versilbern können. Das zeigen deutlich mehr Anfragen bei Policenaufkäufern.

"Wir haben in den ersten vier Monaten schon fast so viele Anfragen bearbeitet wie im gesamten vergangenen Jahr", sagt Efstratios Bezas, Leiter Vertrieb bei Policen Direkt. Auch bei der Winninger AG aus Hamburg haben sich die Anfragen seit Januar gegenüber den Vorjahresmonaten verdoppelt. "Und der durchschnittliche Rückkaufswert hat sich ebenfalls deutlich erhöht", sagt Anna-Katharina Strauch vom Aufkäufer Winninger. "Dies deutet darauf hin, dass nicht nur Privatpersonen, sondern auch Kleinunternehmer ihre Policen auf dem Zweitmarkt verkaufen."

Auch Selbstständige verkaufen

Im Jahr 2019 hat Winninger insgesamt etwa 1.600 Verträge angekauft. Die Cash.Life AG aus Berlin könnte gleich von einem doppelten Effekt profitieren. Sie hat nach einem langen Rechtsstreit mit dem Finanzamt erst 2019 den Ankauf von Lebensversicherung wieder gestartet und die gesamten Kontakte reaktiviert. "Gestiegene Anfragen konnten wir daher schon vor Corona verzeichne", so der Aufkäufer.

Auch die Berliner gehen von einem nun boomenden Zweitmarkt aus. Gerade bei Selbstständigen, die jetzt den Einbruch des Geschäfts verkraften müssen, sei der Verkauf von Lebensversicherungspolicen sicherlich ein wesentlicher Punkt, um kurzfristig Liquidität zu schaffen.

Provision von der Aufkaufsumme

Rund 90 Prozent des Geschäfts läuft mittlerweile online. In der Regel zahlen die Aufkäufer Vermittlern eine Provision von einem Prozent der Aufkaufsumme, wenn sie einen Kunden bringen. Cash Life zahlt sogar bis zu 1,5 Prozent. Für eine Police in Höhe von 300.000 Euro würde dann eine Provision von 4.500 Euro fällig. Vermittler müssen aber gut überlegen, ob der Verkauf der Police das sinnvollste Mittel ist. Das gilt in der Regel nur, wenn der Kunde eine sehr hohe Summe benötigt.

Vorab Alternativen prüfen

Alternativen sind Stundungen, die viele Lebensversicherer derzeit zinslos anbieten. Zudem können auch so genannte Policendarlehen genutzt werden. Dabei bekommt der Kunde einen Teil der Versicherungsleistung bereits vor der Fälligkeit ausgezahlt. Dafür fallen aber Zinsen an, die solange gezahlt werden müssen, bis der Kredit zurückgezahlt oder die Auszahlung mit dem fälligen Vertrag verrechnet wird. In der Regel können die Kunden fast 100 Prozent des Rückkaufswerts als Darlehen erhalten.

Allein bei Fondspolicen liegt der Anteil meist erheblich niedriger oder eine Beleihung ist gar nicht möglich. Ist ein Verkauf der Police die beste Wahl, sollte der Vermittler aber darauf achten, dass der Aufkäufer Qualitätsstandards einhält. So sollte die Leistung in einer Summe ausgezahlt werden und der Todesfallschutz in vollem Umfang erhalten bleiben. Aufkaufkriterien sind beispielsweise ein Rückkaufswert über 10.000 Euro und eine Restlaufzeit der Police unter 15 Jahren.

2018: 80 Millionen Euro "verschenkt"

"Der Zweitmarkt kauft in dieser Krisenzeit ohne Einschränkungen und das zu sehr guten Preisen", behauptet Bezas von Policen Direkt. Die schlechteste Lösung sei eine Vertragskündigung. "Deutsche Verbraucher haben allein 2018 etwa 80 Millionen Euro verschenkt, weil sie ihre Lebensversicherung stornierten, statt diese auf dem Zweitmarkt zu verkaufe", so der Experte. Die Hochrechnung basiert auf der Annahme, dass lediglich 20 Prozent aller stornierten Verträge in Höhe von 12,3 Milliarden Euro zweitmarktfähig gewesen wären mit einem durchschnittlichen Mehrwert von drei Prozent.

Tatsächlich landen im Zweitmarkt nach wie vor lediglich rund zwei Prozent der gekündigten Versicherungen. Ein Grund sei, dass es keine gesetzliche Hinweispflicht auf Kündigungsalternativen gebe. Möglich das in Folge von Corona der Zweitmarkt nun einen ganz neuen Bekanntheitsgrad erlangt.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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