Pflegeabsicherung, Gesundheitsschutz über den Betrieb und Beihilfeversicherung sind laut dem Assekurata "Marktausblick Private Krankenversicherung" aktuell Focus-Themen, die öffentliches Aufsehen erregen oder mehr Vertriebsimpulse erhalten.
Während die private Krankenversicherung (PKV) 2022 in der Vollversicherung trotz einem Bruttowachstum von 3,5 (i. V. 3,4) Prozent unter dem Strich Privatpatienten verlor, erlebt der Beihilfe-Sektor ein Nettowachstum. Neben den großen Beamtenversicherern Debeka, Axa und Huk-Coburg sind in diesem Bereich immer öfter kleinere Versicherer, vor allem Maklerversicherer, aktiv, wie Assekurata feststellt. Aktuell hatte die Arag ihren Einstieg in diesen Markt bekannt gegeben. „Die Unternehmen haben in dem schwierigen Segment durchaus Erfolge“, sagte Assekurata-Analyst Abdulkadir Cebi anlässlich der Vorstellung der Marktstudie. Teilweise würden Beihilfeprodukte gemeinsam mit spezialisierten Versicherungsmaklern entwickelt.
In der Pflege noch großes Potenzial für Zusatzschutz
Mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gibt es nach Beobachtung der Experten zudem für das Thema Pflegeabsicherung, weil Auswege aus dem regelrechten Pflegenotstand gesucht werden. Auch künftig dürfte die soziale Pflegeversicherung (SPV) kein Vollkaskoschutz werden. Derzeit hätten trotzdem nur rund 4,2 Millionen Bürger eine Pflegezusatzversicherung, vor allem eine Pflegetagegeldversicherung. Die Beiträge für den Pflegeschutz sind in den letzten Jahren seit 2013 kontinuierlich gestiegen. Doch die durchschnittlichen Steigerungen der SPV lägen höher als die der Pflegezusatzversicherung. Sie wird zum 1. Juli .2023 im Schnitt um 9,1 Prozent teurer, während die Beiträge der SPV sogar zweistellig, um 11,5 Prozent steigen sollen.
bKV: Immer mehr bieten Budget-Tarife
Wachstum gibt es weiterhin bei Zahnpolicen und in der betrieblichen Krankenversicherung (bkV). Hier stellt Assekurata zudem einen zunehmenden Preis- und Leistungswettbewerb fest. Cebi: „Im Trend liegen hier die sogenannten Budget-Tarife´, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber leicht verständlich sind.“ Mittlerweile gäbe es 14 Anbieter. „Weitere Unternehmen werden auf diesen Zug aufspringen,“ prognostizierte Cebi. Nach Einschätzung des Experten eigenen sich aber Budgettarife nicht für kostenintensive Leistungen, wie Privatpatient im Krankenhaus oder Zahnersatz. „Dabei dürfte die Krankenhausleistung von der Belegschaft besonders wahrgenommen werden“, schätzt Cebi. Sie könnte ebenso wie Vorsorge und Prävention zu einem geringeren Krankenstand führen. Die Unternehmen würden aber mittlerweile auch Budgettarife mit weiteren klassischen Tarifen kombinieren.
Der Druck auf die Beiträge der privaten Krankenversicherung (PKV) ist durch die Zinswende gesunken. „Das ist eine schöne Botschaft für die Privatpatienten“, so Cebi. Zwar würden die Beiträge in der PKV auch künftig steigen, doch dies gehe im Wesentlichen auf das Konto höherer Leistungsausgaben. „In den letzten Jahren haben die PKV-Unternehmen ihren Rechnungszins aufgrund der Kapitalmarktlage immer weiter absenken müssen. Nun gibt es aufgrund höherer Marktzinsen einen regelrechten Puffer“, so Cebi.
In der Schaden- und Unfallversicherung liegt Duration aktuell bei 5,84 Jahren
Bis sich die Zinswende aber vollkommen in Neuanlagen niederschlägt, wird es dauern. Nur einen kleinen Teil ihrer Kapitalanlagen können die PKV-Unternehmen jährlich zu attraktiveren Zinsen neu anlegen. Laut Assekurata liegt die durchschnittliche Duration, also die Kapitalbindungsdauer, in der PKV derzeit bei 9,15 Jahren. Sie ist gegenüber dem Vorjahr, damals lag die Kennzahl bei 9,25 Jahren, nur marginal gesunken. In der Schaden- und Unfallversicherung liegt die Duration hingegen aktuell nur bei 5,84 Jahren.
Bestand der Vollversicherten schrumpft
Im Brot-und-Butter-Geschäft, der Vollversicherung für Angestellte und Selbstständige, hat die PKV weiterhin ein deutliches Problem. Der Bestand schrumpft. Im Jahr 2022 wird die „Nettozuwachsrate Vollversicherung Nicht-Beihilfe“ laut Assekurata bei einem Minus von 1,4 Prozent liegen. Und dass, obwohl die PKV weiterhin mehr Zugänge von der GKV als Abgänge verzeichnet. Grund: Vor allem großen, alteingesessenen PKV-Unternehmen sterben mehr Kunden weg als sie gewinnen können. „Bedrohlich ist diese Situation jedoch noch nicht, wenn diese Versicherer noch Bruttowachstum erzielen, auch wenn es unter dem des Marktes liegt“, erläuterte Experte Cebi. Denn mit dem Tod älterer Versicherten würden die Unternehmen auch von hohen Leistungsausgaben entlastet.
Die schwierige Situation dieser Unternehmen sei aber auch „politisch“ verursacht. Cebi: „Wenn die Versicherungspflichtgrenze immer höher gesetzt wird, fällt es den PKV-Unternehmen immer schwerer frisches Blut in ihre Bestände zu bringen.“ Daher spricht sich Assekurata dafür aus, die Attraktivität der PKV für freiwillig Versicherte und Familien zu erhöhen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek