Die aktuell vom Map-Report (Nr. 894) vorgelegte Bilanzanalyse der Privaten Krankenversicherung (PKV) für die Jahre 2007 bis 2016 gibt einen aufschlussreichen Überblick, wie sich die Branche im zurückliegenden Jahrzehnt verändert hat. Zunächst aber kritisieren die Studienautoren, dass die meisten PKV-Unternehmen „mit der inhaltlichen Relevanz ihrer Geschäftsberichte immer mehr ins Hintertreffen“ geraten. „Viele wichtige Details fehlen in den Jahresabschlüssen.“
So mussten teilweise PKV-Kennzahlen blind übernommen werden, weil die Bezugsgrößen im Geschäftsbericht nicht ausgewiesen werden und eine rechnerische Überprüfung damit unmöglich ist. So viel Intransparenz ist in Zeiten des erneuten Anti-PKV-Wahlkampfes schwer nachvollziehbar. Als „Lichtblick“ bezeichnet der Map-Report die Tatsache, dass sich der Bestandabrieb bei den Vollversicherten verlangsamt hat. Im Jahr 2016 waren es 14.600 Versicherte weniger, und das sei „schon beinahe ein positiver Trend“. Denn ein Jahr zuvor waren es noch 47.200.
Wachstum immer teurer eingekauft
Eine Entwicklung bestätigt sich immer wieder: Der Einkauf neuer Versicherter wird immer teurer. Die Abschlusskostenquote ist von 6,42 auf 6,52 Prozent der Beitragseinnahmen des Geschäftsjahres gestiegen – und das obwohl das Versichertenwachstum nach allen bruchstückhaft vorliegenden Informationen zurückgeht. Normalerweise müsste dies analog zu einem Rückgang dieser Kostenkennzahl führen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich ein aggressives Wachstum für private Krankenversicherer lohnt. Dazu bietet der Zehnjahresüberblick Anhaltspunkte, denn über diesen längeren Zeitraum gleichen sich zwischenzeitliche Schwankungen durch Sondereinflüsse gut aus.
22 von 31 untersuchten Krankenvollversicherern konnten ihre Marktanteile nach Beitragseinnahmen erhöhen. Am erfolgreichsten gelang das von allerdings sehr geringer Basis der Mecklenburgischen, die ihren Marktanteil im Zeitraum 2007 bis 2016 um 154 Prozent steigern konnte.
Nennenswerter Ausbau der Marktanteile
Mehr als verdoppeln konnten ihren Marktanteil auch die DEVK, R+V und Württembergische. In absoluten Zahlen besonders beachtlich ist es, wenn der Marktführer Debeka den ursprünglichen Marktanteil vor zehn Jahren um gut sechs Prozent steigern konnte, von knapp unter 14 auf jetzt knapp unter 15 Prozent. Unter den Top 10 konnten auch Axa, Barmenia, Bayerische Beamten und Huk-Coburg ihre Marktanteile nennenswert ausbauen, wohingegen DKV, Allianz, Signal, Central und Continentale Marktanteile einbüßten. Die größte Einbuße verzeichnet der Map-Report für die Signal, deren Anteil um 18 Prozent von 6,8 auf 5,6 Prozent Anteil der PKV-Beitragseinnahmen schrumpfte.
Marktanteilsgewinne treiben die Abschlusskostenquote
Doch Marktanteilsgewinne lassen sich nur um den Preis steigender Kosten erkaufen. Das macht der Vergleich der Marktanteilsveränderungen mit den Abschlusskosten der betroffenen Versicherer deutlich. Diese hängen deutlich signifikant positiv zusammen (Korrelationskoeffizient r=0,7). Zehn Prozent Veränderung des ursprünglichen Marktanteils des Versicherers aus dem Jahr 2007 kosten umgerechnet rund 1,7 Prozent mehr Abschlusskostenquote, so der statistische Zusammenhang zwischen diesen Werten.
Verwaltungskosten steigen mit den Abschlusskosten mit
Ein rasches Wachstum könnte aber dennoch wünschenswert sein, wenn es den Versicherern gelingt, die Verwaltungskosten zu drücken. Das sollte möglich sein, verteilen sich doch die überwiegend fixen Verwaltungskosten besser auf die Versicherten und deren Beitragseinnahmen, wenn es mehr davon gibt.
Doch die Statistik zeigt ein gegenteiliges Bild. Abschluss- und Verwaltungskosten sind deutlich signifikant positiv korreliert (Korrelationskoeffizient r=0,6), das heißt abschlusskostenintensivere Versicherer weisen auch höhere Verwaltungskosten aus. Jeder Prozentpunkt mehr Abschlusskosten steigert rechnerisch die Verwaltungskostenquote um 0,2 Prozentpunkte.
Ob sich unter diesen Vorzeichnen ein Marktanteilsgewinn in Zukunft rechnet, ist die Frage. In früheren Zeiten wäre der Marktanteilsgewinn allein deshalb interessant gewesen, weil höhere Beitragseinnahmen auch vermehrte Kapitalanlagen und Zinsgewinne sichern. Doch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank macht auch vor den Bilanzen der PKV nicht Halt, wie der Map-Report ebenfalls deutlich macht.
Es müsste daher schon gelingen, die Versichertenstruktur so zu verbessern, dass geringere Schadenaufwendungen die Bemühungen des Versicherers um Marktanteilsgewinne belohnen. Sonst könnte der kostentreibende Bestandsausbau am Ende den Versicherten schaden.
Autor(en): Matthias Beenken