Die wirtschaftliche Situation der einzelnen privaten Krankenversicherer (PKV) wird immer wichtiger. Die Branche leidet vor allem unter geringen Zinsen. Bekanntlich handelt es sich beim PKV-Schutz um einen langjährigen Sparvorgang. Wie sich die Corona-Pandemie auf die Lebenserwartung oder das Neugeschäft auswirkt, ist noch ungewiss. Doch auch an der PKV wird die Pandemie nicht spurlos vorübergehen. Vermittler sollten daher bei der Beratung zur Gesundheitsvorsorge noch intensiver auf die Bilanzkennzahlen der PKV schauen.
Die Besten im Fünf-Jahres-Blick
Nach der aktuellen Analyse der Agentur Franke & Bornberg für die Jahre 2015 bis 2019 hängt die Alte Oldenburger die Konkurrenz deutlich ab. Das zeigt der neue Map-Report 916. Das Unternehmen erzielt im Rating insgesamt 262 von maximal 300 Punkten. "Das entspricht 87,3 Prozent der Gesamtpunktzahl und sichert der Alten Oldenburger den ersten Platz in der Bilanzwertung", so das Rating-Unternehmen aus Hannover. Insgesamt wurden 28 PKV-Gesellschaften bewertet. Auf den Rängen folgen LVM (82 Prozent), R+V (80,7), Signal Iduna (78,0), Provinzial (77,3), Hallesche (75,7) und Universa (75,2). Alle Unternehmen erreichen die Höchstbewertung "mmm" für hervorragende Leistungen.
Durch die Corona-Pandemie könnte sich auch die Situation der PKV verschlechtern. So sinken viele Einkommen und 2021 wird mit deutlich mehr Unternehmen gerechnet, die in die Insolvenz gehen. Daher stellt Map-Report Chefredakteur Reinhard Klages fest: "Es ist schlüssig davon auszugehen, dass diejenigen Anbieter, die jetzt bilanziell gut dastehen, auch die besten Voraussetzungen haben, gut durch diese außergewöhnliche Situation zu kommen."
Nettorendite problematisch
Die Spitzenposition hat die Alte Oldenburger bei den einzelnen Kennzahlen kein einziges Mal erreicht. Sie ist nur im Durchschnitt immer Top. Deutlich fällt sie aber bei einer wichtigen Kennzahl ab. So reicht es bei der Bewertung der Nettorendite nur für Rang sechs (12 Punkte). Während hier Signal Iduna, Inter, Hanse Merkur, Allianz und Gothaer die Höchstpunktzahl von 30 erzielen. Doch gerade diese Kennzahl hält Klages selbst für problematisch.
So liegt die Nettoverzinsung 2019 im Marktdurchschnitt mit 3,26 Prozent deutlich über dem Vorjahresniveau (3,03). Sie errechnet sich als Bruttoerträge minus Aufwendungen (inklusive Abschreibungen) für die Kapitalanlagen im Verhältnis zum mittleren Kapitalanlagenbestand des Jahres. Ein Teil der Erträge aus Kapitalanlagen wird als "Gewinne aus dem Abgang aus Kapitalanlagen" bilanziert und beinhaltet die Realisierung von Bewertungsreserven. Daher kommt Klages zum Schluss: "Für das, angesichts anhaltend niedriger Marktzinsen, hohe Resultat der Nettorendite ist die verstärkte Auflösung von Bewertungsreserven verantwortlich."
Höhere Abschlusskosten
Sorgenkind bleibe zudem die Krankenvollversicherung. Auch 2019 ist es den privaten Krankenversicherern insgesamt nicht gelungen, den Bestandsabrieb zu stoppen. 14 der 33 Anbieter mit Vollversicherten in den Büchern konnten die Bestände ausbauen. In absoluten Werten dominierte die Debeka mit einem Plus von 41.243 Kunden, gefolgt von Hanse Merkur (7.728.) und Axa (3.933). Den größten Bestandsabrieb mussten wie in den Vorjahren die DKV (-16.497), Allianz (-10.167) und Bayerische Beamtenkrankenkasse (-6.568) verkraften.
Das Neugeschäft wird aber wohl oft mit hohen Abschlussprovisionen eingekauft. So ist die Abschlusskostenquote im Durchschnitt von 6,34 auf 6,52 Prozent gestiegen. Generell müsste sie in einer wachstumsschwachen Phase aber sinken. Das sei aber nur bei einigen Unternehmen der Fall. Fazit von Klages: "Kein gutes Zeichen von einer Branche, die seit Jahren unter kritischer Beobachtung der Politik steht."
Der aktuelle Map-Report umfasst 125 Seiten und enthält nicht nur bewertete Kennzahlen, sondern auch die Einzelübersichten der Gesellschaften.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek