Der Markteinstieg des ersten deutschen digitalen privaten Krankenversicherers macht der Branche nach Einschätzung vieler Teilnehmer des 12. Kölner FaRis & DAV-Symposium (Bild) nun etwas weniger Angst. Denn in der Veranstaltung des Instituts für Versicherungswesen und der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) wurde deutlich, dass sich das neue Unternehmen Ottonova den hohen Kosten der Risikoprüfung und der Schadenregulierung auch durch digitale Technik kaum entziehen kann. "Ein großer Knaller dürfte das über die Beiträge dann kaum werden", so ein Teilnehmer.
Ottonova-CEO Roman Rittweger erläuterte, dass das Unternehmen mit einem niedrigeren Rechnungszins als die Branche kalkulieren werde. "Daher haben wir anfänglich einen Nachteil", so Rittweger. Der Gründer rechnet aber damit, dass Ottonova durch reine Nettotarife auf Dauer die Nase vorne haben wird. "Das führt zu einem stabilen Beitrag", sagte der Unternehmenschef weiter.
Investoren auf Durststrecke eingestellt
Zudem habe man große Vorteile bei der IT, die ganz neu entwickelt wurde. Mit viel Service, wie Assistance-Leistungen oder medizinischer Zweitmeinung, möchte sich Ottonova vom reinen "Schadenregulierer" zum "Gesundheitspartner" der Kunden aufstellen. Der CEO: "Die meisten die zu uns kommen sind erst einmal gesund, denen bieten wir Service an damit wir später, wenn die Kunden krank sind, sie auch steuern können." Daher rechnet das Start-up, das bisher rund 40 Millionen Euro in den Aufbau gesteckt hat und bereits 50 Mitarbeiter beschäftigt, offensichtlich mit einer längeren Durststrecke. Anscheinend sind die Investoren darauf eingestellt und es gibt ausreichendes Kapital für das Experiment in schwierigen Zeiten.
Großes Innovationspotenzial in der Sachversicherung
Paradiesische Zeiten macht hingegen Volker Schulz, Geschäftsführer des gleichnamigen Beratungsunternehmens aus Winnenden, eher für digitale Start-ups im Sachversicherungsmarkt aus. Hier gebe es ein weites Feld für die Versicherer um kundenfreundlicher, günstiger und einfacher zu werden.
Im deutschen Sachversicherungsmarkt gebe es einige Sparten mit hohen Margen, wie Schutzbriefe, Garantie- oder Unfallversicherungen. Zudem könne der Kunde hier einfacher zu einem neuen Anbieter wechseln, als beispielsweise in der PKV. Die Integration von Insurtechs im Vertrieb und im betrieblichen Bereich sei mittlerweile zum Standard geworden. Welche Idee oder welches Unternehmen das Rennen macht, sei aber noch nicht klar. Schulz: "Ein Gewinner der Digitalisierung in der Versicherungswirtschaft steht aber schon heute fest. Es ist der Verbraucher."
Flypper: Begeisterung bei Schadenregulierung
Auf wechselwillige Kunden setzt der neue Sachversicherer Flypper, den sein Gründer und künftiger Marketingleiter Dominik Groenen vorstellte. Auch wenn Flypper ein digitaler Versicherer werden soll, können Kunden weiterhin ganz klassisch mit dem Start-up kommunizieren. Das Unternehmen will sich vor allem auf eine bessere Schadenregulierung fokussieren, um hier „Kundenbegeisterung“ zu schaffen. Wichtig sei dabei, dass es viele Bewertungen des Unternehmens gäbe. "Wir wollen Kommunikatoren ansprechen und so eine gestützte Bekanntheitsquote von 40 Prozent erreichen", erläuterte Groenen. Das sei der Wert, den derzeit die VHV aus Hannover habe. Es werde zudem ein "cooles" Schadentracking geben und der Kunde könne immer Naturalersatz erhalten. So werde mit einem großen Handwerkernetz kooperiert. Laut Groenen wird dieser Teil der Wertschöpfungskette noch viel zu wenig genutzt: "Der Kunde kauft sich ja doch etwas Neues. Dabei können wir ihm helfen."
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek