PKV: Kostentreiber im Geschäftsmodell

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Die Umdeckung in der privaten Krankenversicherung hat 2019 etwas nachgelassen. Fortschritte bei den Kosten sind kaum erkennbar.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Versicherungswesen hat der Chefredakteur Marc Surminski seine jährlichen Übersichten über die Geschäftszahlen der privaten Krankenversicherung (PKV) zusammengetragen.

Erdrückende Marktführerschaft

Der Bruttoneuzugang an Vollversicherten lag 2019 mit 226.135 Personen um fast 4.000 höher als im Vorjahr. Allerdings machen nicht alle Versicherer Angaben dazu, eingeflossen sind deshalb nur Zahlen von 24 der 31 betrachteten Krankenvollversicherer. Von der jungen Gesellschaft Ottonova gibt es zudem außer zur Prämieneinnahme (3,5 Millionen Euro 2019) keine weiteren Angaben.

Die Debeka konnte ihre Marktführerschaft nicht nur im Bestand, sondern auch im Neugeschäft weiter ausbauen. 39,5 Prozent (36,4) der neuen Vollversicherten entschieden sich im letzten Jahr für Koblenz. Es braucht acht weitere Versicherer (Allianz, DKV, Signal, Generali, Barmenia, Huk-Coburg und Hansemerkur – in der Reihenfolge der Beitragseinnahmen gesamt), um zusammengerechnet die Debeka bei der Zahl der Neuversicherten zu überholen.

Umdeckung hat nachgelassen

Der Anstieg bei den neuversicherten Personen scheint jedoch nicht auf eine zunehmende Umdeckung zurückzuführen zu sein. Ein Indikator dafür sind die Angaben zur Portabilität von Alterungsrückstellungen. Diese entstehen, wenn Kunden einen seit 1.1.2009 abgeschlossenen Vollversicherungstarif kündigen und bei einem anderen Versicherer neu abschließen. Ältere Vollversicherungsverträge sehen diese Portabilität noch nicht vor, allerdings dürfte die Kündigung auch mit zunehmendem Alter immer unattraktiver und deshalb seltener gewählt werden.

Insgesamt wurden von 27 Vollversicherern, für die Angaben zur Verfügung standen, 83,3 Millionen Euro Zuflüsse an Alterungsrückstellungen gemeldet. Im Jahr zuvor waren es allerdings 94,5 Millionen Euro.

Stabil geblieben ist die umgekehrte Größe der abgegebenen Alterungsrückstellungen, die sich bei diesen 27 Versicherern auf 66 (Vorjahr: 65) Millionen Euro summiert. Unter dem Strich profitierten die auskunftsfreudigen Versicherer mit 17,3 (Vorjahr: 29,4) Millionen Euro von der Umdeckung. Ob sich die Diskrepanzen zwischen empfangenen und abgegebenen Alterungsrückstellungen allein über die nicht auskunftsfreudigen Versicherer (Axa, Generali – vormals Central, LKH) erklären lassen, diese also die oben genannten Netto-Beträge an ihre Wettbewerber verloren haben, kann man nur spekulieren.

PKV Neugeschäft Kostentreiber

Gewinner und Verlierer der Abwerberei

Hauptgewinner der Umdeckung ist erneut die Hansemerkur, die netto 12,7 Millionen Euro verbuchte. Gegenüber den 17,3 Millionen Euro im Vorjahr ist das aber ein deutlicher Rückgang, der auf einen gleichzeitigen Rückgang empfangener und Anstieg abgegebener Altersrückstellungen zurückzuführen ist.

Auf Platz zwei liegt die Continentale mit 7,5 Millionen Euro Nettozufluss, das sind 200.000 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Die Debeka hat netto 6,7 Millionen Euro mehr eingenommen als abgegeben, das sind eine halbe Million Euro mehr als 2018. Ganz deutlich auf 6,6 Millionen Euro geschrumpft ist der Nettogewinn der Signal Krankenversicherung – dank deutlich höherer Zuflüsse hatte er 2018 noch bei 11,7 Millionen Euro gelegen.

Nettoverlust ist deutlich angestiegen

Unter denen, die ihre Zahlen offengelegt haben, hat die DKV wie im Vorjahr am meisten Altersrückstellungen an ihre Wettbewerber abgeben müssen. Allerdings verringerte sich der Verlust von 9,8 auf 6,6 Millionen Euro. Dies ist ausschließlich auf deutlich geringere Abflüsse zurückzuführen, denn im Neugeschäft musste die DKV Federn lassen. Auf 5,2 (Vorjahr: 3,1) Millionen Euro deutlich angestiegen ist der Nettoverlust der Gothaer Krankenversicherung. Hierfür ist dieselbe Entwicklung verantwortlich wie bei der DKV – mehr Verluste, weniger Zuflüsse aus Umdeckung.

Provisionshöhe kaum für Abschlusserfolg verantwortlich

Wie im Vorjahr auch, zeigt eine Korrelationsanalyse verschiedener Kennzahlen, dass jedenfalls statistisch die Provisionshöhen nicht ursächlich für Erfolge und Misserfolge beim Neugeschäft sind. Tatsächlich kaufen die allerdings nur wenigen Krankenversicherer, für die aus einer 2017 durchgeführten Vermittlerumfrage Daten zu deren Provisionshöhen vorliegen, das Geschäft nicht mit steigenden Provisionssätzen ein. In dem in der PKV bedeutendsten Vertriebsweg Ausschließlichkeit zeigt sich sogar der gegenteilige Trend, was wohl auf das besondere Gewicht des Marktführers Debeka und seines Vertriebssystems zurückzuführen ist. Aber selbst beim zweitwichtigsten Vertriebsweg Makler gibt es nur einen sehr schwachen, nicht signifikanten Zusammenhang, der so wie von der kritischen Öffentlichkeit unterstellt lautet: Mehr Provision gleich mehr Geschäft.

Viel plausibler sind die ganz hoch signifikanten, positiven Korrelationen zwischen dem Neugeschäft und den erhaltenen Alterungsrückstellungen – allerdings genauso mit den abgegebenen Beträgen. Wer also aggressiv am Markt seinen Wettbewerbern die Kunden abwirbt, muss selbst ebenfalls mit Verlusten rechnen. Noch bedenklicher ist ein weiterer Zusammenhang: Wer viel Neugeschäft macht, hat hoch signifikant mehr Versicherte in den verschiedenen Sozialtarifen. Standardtarif, Basistarif und Notlagentarif sind die drei Instrumente, mit denen sich manche Kunden überhaupt einen privaten Versicherungsschutz leisten können.

Weniger Kunden im Notlagentarif – jedenfalls 2019

Die Gesamtzahl der Versicherten in diesen Sozialtarifen ist bei den Versicherern, die dazu Angaben machen, leicht gesunken. So gibt es bei 29 auskunftsfreudigen Versicherern insgesamt 48.627 Standardtarifversicherte, das sind 733 weniger als ein Jahr zuvor. Im Basistarif gab es eine Zunahme um 473 Personen auf 30.611 Versicherte.

Für besonders sensibel haben wohl einige Versicherer Angaben zum Notlagentarif gehalten, deshalb basiert die Gesamtzahl von 52.717 Personen nur auf Angaben von 22 Versicherern. Die aber haben 5.492 Personen weniger im Bestand, die ihre Beiträge überhaupt nicht mehr selbst zahlen können. Abzuwarten bleibt, ob sich dieses Bild im Jahr der Corona-Pandemie wieder verändert, denn vor allem manchen Selbstständigen dürfte es zunehmend schwerfallen, ihre private Krankenversicherung aus eigener Kraft zu finanzieren.

Wann drückt die Digitalisierung die Kosten?

Wenig erkennbare Fortschritte hat die Branche bei den wichtigen Kostenkennzahlen gemacht. Die Verwaltungskostenquote gibt Surminski mit durchschnittlich 2,48 Prozent an, praktisch unverändert zum Vorjahr (2,47 Prozent). Die Abschlusskostenquote sank nur minimal von 7,48 auf 7,40 Prozent. Das immerhin spricht dafür, dass das Neugeschäft möglicherweise etwas günstiger eingekauft wurde, zumal der Bruttoneuzugang nach versicherten Personen etwas angestiegen ist. Allerdings fehlen noch Verbandszahlen aus den Bilanzen 2019, hier die absolute Höhe der Abschlussaufwendungen. „Manchmal fragt man sich schon, wann die Digitalisierung in der PKV auf der Kostenseite denn Früchte trägt“, fragt Surminski deshalb.

Autor(en): Matthias Beenken

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