Der persönliche Vertrieb wird so schnell nicht zu ersetzen sein, auch wenn Künstliche Intelligenz stärker zum Einsatz kommen wird. Denn Maschinen können kein Vertrauen zu Menschen herstellen, meint Bernhard Rudolf, langjähriger Chefredakteur von Versicherungsmagazin.
Es war wieder DKM-Zeit im Oktober! Eine DKM, die 285 Aussteller und 13.850 Messeteilnehmerinnen und Messeteilnehmer begrüßen konnte. Das sind zwar weniger Aussteller und Teilnehmer als im letzten Jahr vor Corona (2019: 358 Aussteller/17.500 Besucher), aber angesichts der zunehmenden Marktkonzentration, des hohen Kostendrucks und strafferer Reisebudgets ist dies ein großer Erfolg. Die Messe wirkte dieses Jahr wohltuend sachlich und weniger schrill. Wenn das diesjährige Branchentreffen einen Aspekt besonders klar gemacht hat, dann, dass der Austausch zwischen Menschen auch durch kein weltbestes Online-Tool ersetzt werden kann. Vielleicht gilt dies besonders in einer immer schnelleren digitalen Welt.
Ohne persönlichen Vertrieb geht es nicht
Die Vorstände von Allianz, Axa, Barmenia und Gothaer bestätigten bei der DKM unisono, dass die Branche auch künftig den persönlichen Vertrieb brauchen werde. „Bei beratungsintensiven Produkten werden wir immer Menschen benötigen“, sagte Axa-Chef Thilo Schumacher. Denn niemand würde zum Beispiel gerne sparen und auf Konsum verzichten. Hier müssten die Kunden motiviert werden, etwas für ihre Vorsorge zurückzulegen. Die Kunden vertrauten gerade bei beratungsintensiven Produkten ihrem Berater. Der Axa-Vorstand glaubt nicht, dass sich der digitale Verkauf von Versicherungsprodukten exponentiell entwickeln werde.
Der Online-Vertrieb laufe auch deshalb nicht, weil die Kunden im Schadenfall zum Vermittler gehen würden und dort auch Hilfe bekommen. „Versicherungen wird es nie ohne den persönlichen Vertrieb gehen“, meint auch Andreas Eurich, Vorstandsvorsitzender der Barmenia. Und Allianz-Vorstand Thomas Wiesemann bekräftigt: „Es ist nicht günstiger ohne den persönlichen Vertrieb. Gerade bei der Altersvorsorge wollen Menschen persönliche Ansprechpartner haben.“
Ich bin mir sicher, dass auch nur so zu erklären ist, warum Versicherungsvermittler in den einschlägigen Berufsrankings nach Beliebtheit auf dem letzten Platz landen, aber gleichzeitig die Kunden angeben, dass ihr (persönlicher) Vermittler völlig in Ordnung sei und sie ihm vertrauen.
Vertrauen ist die Basis
Natürlich sind Online-Termine praktikabel und weniger zeitintensiv. Aber sie sind nur dann zielführend, wenn bereits eine persönliche und vertrauensvolle Beziehung zwischen Vermittler und Kunde existiert. Dies bestätigt auch eine Studie der Salesjob Stellenmarkt GmbH in Zusammenarbeit mit Index Research. Demnach gaben 53 Prozent der Befragten an, dass Online-Termine ineffektiver sind und der persönliche Kundenbesuch einen viel stärkeren Einfluss auf die Kundenbindung hat. Lediglich in Bezug auf die reine Kundenbetreuung sind sich 61 Prozent der Befragten einig, dass Online-Termine eine Alternative seien.
Digitalkompetenz ausbaufähig
Allerdings hake es noch bei der Digitalkompetenz der Außendienstmitarbeiter. „Der klassische Außendienst hat nach wie vor seine Daseinsberechtigung. Die Digitalisierung birgt Potenzial, dafür müssen Mitarbeitende aber ausreichend qualifiziert werden“, betont Sales-Geschäftsführer Andreas Dickhoff.
Wobei wir wieder bei der Versicherungsbranche und der DKM wären. Künstliche Intelligenz (KI) wird stärker eingesetzt in sehr naher Zukunft Prozesse ersetzen. Die schnellere Verarbeitung von Daten wird Versicherern helfen, die Leistungsprüfung und Policierung deutlich schneller zu machen. Das ist auch dringend nötig, da der Fachkräftemangel mittlerweile in den Gesellschaften angekommen ist und sich die Bearbeitungszeiten immer weiter verlängert haben. KI wird also auch den Vermittlern in ihren Prozessen helfen. Ziel muss ein sinnvolles Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine sein.
Klar ist, dass Versicherungen auch in Zukunft ihre Berechtigung haben, denn sie können existenzgefährdende Ereignisse absichern. Ebenso richtig ist aber auch, dass hierzu auch Vermittler gebraucht werden – als Lotse in einer immer komplexeren und digitaleren Welt mit garantierter Informationsüberflutung.
Autor(en): Bernhard Rudolf