Die Grundsätze für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB sind nur dann als Schätzgrundlage und damit als Mindestanspruch heranzuziehen, wenn überhaupt streitig ist, dass ein Ausgleichsanspruch besteht. Damit hat das OLG Frankfurt/Main den Anspruch auf Ausgleich für Verwaltungsbonifikationen zurückgewiesen (Aktenzeichen 5 U 38/13, Vorinstanz Landgericht Wiesbaden, 11 O1/12).
Eine Versicherungsvertreterin war ab August 1998 als Vermittlerin von Unfallversicherungen tätig. Zum 31. Mai 2010 wurde der Vertretervertrag vom Versicherer gekündigt, die Vertreterin machte den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend.
Der Versicherer rechnete den Ausgleichsanspruch mit 2.871,60 Euro ab. Die Vertreterin zeigte sich hiermit nicht einverstanden und forderte vor Gericht 47.794, 80 Euro Ausgleich. Neben einem Fehler in der
Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Handelsvertretervertrag bestanden hatte, beanstandete die Vertreterin vor allem, dass über 30.000 Euro Verwaltungsbonifikationen und so genannte DD-Provisionen nicht in den Ausgleich einbezogen worden seien.
Forderung zurückgewiesen
Die Klage wurde vom Landgericht Wiesbaden zurückgewiesen. Mit den Verwaltungsprovisionen ist nach Annahme des Gerichts die vertragliche Pflicht vergütet worden, alle halbe Jahre die Kunden zur
Bestandspflege und Betreuung zu besuchen. Auszugleichen waren aber nur die einmalig zu zahlenden Abschlussprovisionen, nur diese dienten der Vergütung erfolgreicher Vermittlungen. Dagegen bleiben Vergütungsanteile für die Verwaltung des Bestands bei der Ermittlung von Provisionsverlusten unberücksichtigt. Daran ändert auch nichts, dass eine Betreuung nach Meinung der Klägerin immer auch
eine werbende Tätigkeit sei.
Die auch als Override bezeichneten DD-Provisionen waren nicht erneut ausgleichspflichtig, weil dieser Anspruch bereits in einer Vertragsänderung 2001 entfallen und ein Ausgleich gezahlt worden war.
Die Vertreterin legte Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt/Main ein, scheiterte aber auch dort. Bei diesem kam es nicht einmal zur Verhandlung, da die Richter keine Aussicht auf Erfolg sahen. Auch eine Berufung wurde ausgeschlossen, da dem Urteil keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Schätzgrundlage nur dann, wenn dem Grunde nach ein Anspruch besteht
Das OLG Frankfurt/Main setzt sich in seinem Urteil und einem Hinweisbeschluss am Rande mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2011 (Aktenzeichen: VIII ZR 203/10) auseinander, auf das sich der Klagevertreter berufen hatte. Danach können die Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs „als Grundlage für die richterliche Schätzung eines Mindestausgleichsbetrags dienen“, wie es im Leitsatz des BGH-Urteils heißt.
Der beklagte Versicherer hatte es abgelehnt, dass die Grundsätze“ für eine Berechnung eines Ausgleichs aus den von der Vertreterin geforderten Vergütungsanteilen heranzuziehen sind, „weil sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur Schätzungsgrundlage seien, die keine Anwendung finde, wenn das Fehlen eines gesetzlichen Anspruchs festzustellen sei“.
Rechtsgrundlage vorhanden oder nicht?
Das OLG macht sich diese Meinung zu eigen, dass es für die Frage, ob die „Grundsätze“ als Schätzgrundlage heranzuziehen sind, zunächst einmal darauf ankommt, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für einen Ausgleich in diesem Fall der als Verwaltungsbonifikationen bezeichneten Vergütungsbestandteile besteht.
Daran ändert nach Meinung des OLG auch nichts, dass die Bezeichnung der gezahlten Vergütung möglicherweise missverständlich gewählt worden ist. Nach seiner Auffassung gibt es keinen Zweifel, dass im vorliegenden Fall die Verwaltungsbonifikationen gerade keine ausgleichspflichtigen Abschlussvergütungen im Sinne des § 89b Abs. 5 HGB und der „Grundsätze“ waren. Dabei stellt das Gericht sogar in Frage, ob es sich überhaupt um eine Provision gehandelt hat, weil die Berechnung nicht nach Einzelverträgen, sondern nach dem Halbjahresbestand und grob in drei Größenklassen unterteilt als Pauschalbetrag erfolgte.
Kein automatischer Ausgleichsanspruch
Aus Sicht von Rechtsanwältin Yvonne Gebert von der Kölner Kanzlei CMS Hasche Sigle, liefert das von ihr erstrittene Urteil Klarheit für den Umgang mit den Grundsätzen als Schätzgrundlage: „Die generelle Möglichkeit, die Grundsätze als Schätzgrundlage zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs des
Versicherungsvertreters heranzuziehen, führt nicht automatisch zu einem Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters. Zum einen verbieten auch die Grundsätze gemäß Ziffer I.4. die Einbeziehung von Zuschüssen und sonstigen Vergütungen des Versicherers.
Damit sind alle Zahlungen gemeint, die keinen Provisionscharakter haben. Zum anderen steht es dem Versicherer offen, nachzuweisen, dass bei einer Berechnung unmittelbar nach § 89b Absatz 1 und Absatz 5 HGB ein niedrigerer Ausgleichsanspruch als nach den Grundsätzen entsteht, oder auch gar keiner.“
Bild:© Gert Altmann /
Eine Versicherungsvertreterin war ab August 1998 als Vermittlerin von Unfallversicherungen tätig. Zum 31. Mai 2010 wurde der Vertretervertrag vom Versicherer gekündigt, die Vertreterin machte den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend.
Der Versicherer rechnete den Ausgleichsanspruch mit 2.871,60 Euro ab. Die Vertreterin zeigte sich hiermit nicht einverstanden und forderte vor Gericht 47.794, 80 Euro Ausgleich. Neben einem Fehler in der
Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Handelsvertretervertrag bestanden hatte, beanstandete die Vertreterin vor allem, dass über 30.000 Euro Verwaltungsbonifikationen und so genannte DD-Provisionen nicht in den Ausgleich einbezogen worden seien.
Forderung zurückgewiesen
Die Klage wurde vom Landgericht Wiesbaden zurückgewiesen. Mit den Verwaltungsprovisionen ist nach Annahme des Gerichts die vertragliche Pflicht vergütet worden, alle halbe Jahre die Kunden zur
Bestandspflege und Betreuung zu besuchen. Auszugleichen waren aber nur die einmalig zu zahlenden Abschlussprovisionen, nur diese dienten der Vergütung erfolgreicher Vermittlungen. Dagegen bleiben Vergütungsanteile für die Verwaltung des Bestands bei der Ermittlung von Provisionsverlusten unberücksichtigt. Daran ändert auch nichts, dass eine Betreuung nach Meinung der Klägerin immer auch
eine werbende Tätigkeit sei.
Die auch als Override bezeichneten DD-Provisionen waren nicht erneut ausgleichspflichtig, weil dieser Anspruch bereits in einer Vertragsänderung 2001 entfallen und ein Ausgleich gezahlt worden war.
Die Vertreterin legte Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt/Main ein, scheiterte aber auch dort. Bei diesem kam es nicht einmal zur Verhandlung, da die Richter keine Aussicht auf Erfolg sahen. Auch eine Berufung wurde ausgeschlossen, da dem Urteil keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Schätzgrundlage nur dann, wenn dem Grunde nach ein Anspruch besteht
Das OLG Frankfurt/Main setzt sich in seinem Urteil und einem Hinweisbeschluss am Rande mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 2011 (Aktenzeichen: VIII ZR 203/10) auseinander, auf das sich der Klagevertreter berufen hatte. Danach können die Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs „als Grundlage für die richterliche Schätzung eines Mindestausgleichsbetrags dienen“, wie es im Leitsatz des BGH-Urteils heißt.
Der beklagte Versicherer hatte es abgelehnt, dass die Grundsätze“ für eine Berechnung eines Ausgleichs aus den von der Vertreterin geforderten Vergütungsanteilen heranzuziehen sind, „weil sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur Schätzungsgrundlage seien, die keine Anwendung finde, wenn das Fehlen eines gesetzlichen Anspruchs festzustellen sei“.
Rechtsgrundlage vorhanden oder nicht?
Das OLG macht sich diese Meinung zu eigen, dass es für die Frage, ob die „Grundsätze“ als Schätzgrundlage heranzuziehen sind, zunächst einmal darauf ankommt, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für einen Ausgleich in diesem Fall der als Verwaltungsbonifikationen bezeichneten Vergütungsbestandteile besteht.
Daran ändert nach Meinung des OLG auch nichts, dass die Bezeichnung der gezahlten Vergütung möglicherweise missverständlich gewählt worden ist. Nach seiner Auffassung gibt es keinen Zweifel, dass im vorliegenden Fall die Verwaltungsbonifikationen gerade keine ausgleichspflichtigen Abschlussvergütungen im Sinne des § 89b Abs. 5 HGB und der „Grundsätze“ waren. Dabei stellt das Gericht sogar in Frage, ob es sich überhaupt um eine Provision gehandelt hat, weil die Berechnung nicht nach Einzelverträgen, sondern nach dem Halbjahresbestand und grob in drei Größenklassen unterteilt als Pauschalbetrag erfolgte.
Kein automatischer Ausgleichsanspruch
Aus Sicht von Rechtsanwältin Yvonne Gebert von der Kölner Kanzlei CMS Hasche Sigle, liefert das von ihr erstrittene Urteil Klarheit für den Umgang mit den Grundsätzen als Schätzgrundlage: „Die generelle Möglichkeit, die Grundsätze als Schätzgrundlage zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs des
Versicherungsvertreters heranzuziehen, führt nicht automatisch zu einem Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters. Zum einen verbieten auch die Grundsätze gemäß Ziffer I.4. die Einbeziehung von Zuschüssen und sonstigen Vergütungen des Versicherers.
Damit sind alle Zahlungen gemeint, die keinen Provisionscharakter haben. Zum anderen steht es dem Versicherer offen, nachzuweisen, dass bei einer Berechnung unmittelbar nach § 89b Absatz 1 und Absatz 5 HGB ein niedrigerer Ausgleichsanspruch als nach den Grundsätzen entsteht, oder auch gar keiner.“
Bild:© Gert Altmann /
Autor(en): Matthias Beenken