Nur knapp fünf Prozent der Versicherten haben Elementarschaden-Versicherung

„Es sinkt die Flut - es steigt die Wut“, macht sich ein Betroffener im bayerischen Überschwemmungsgebiet Luft. Zum dritten Mal in sechs Jahren haben Dauerregen, riesige Wassermassen und Schlammlawinen verheerende Spuren hinterlassen. Die Versicherer können noch nichts über das tatsächliche Schadenausmaß sagen. Im dritten Jahr nach der Jahrhundert-Flut ist die Stimmung in weiten Teilen Bayern sowie Österreich und der Schweiz sehr angespannt. Die Versicherer werden noch lange brauchen, um Schäden einschätzen zu können und die Regulierung vorzunehmen.

Insider wollen wissen, dass sich die Schäden der Wasserverwüstungen im unteren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich bewegen. Wenn man bedenkt, dass die Flutkatastrophe 2003 insgesamt Schäden zwischen 2,8 und 3,1 Milliarden Euro verursacht hat (genaure Angaben sind immer noch nicht möglich, weil immer noch nicht alle Renovierungen und Regulierungen zu Ende geführt werden konnten), scheint es sich diesmal um Schäden „in Maßen“ zu handeln. Die deutsche Versicherungswirtschaft musste für die Flutkatastrophe 2003 rund 847 Millionen an Schadenleistungen aufbringen. Auch in diesem Jahr müsse man von einer beachtlichen Summe ausgehen. Doch das ist sicherlich eine sehr subjektive Sichtweise.

Tragisch ist aber vor allem, dass viele der Betroffenen in den süddeutschen Regionen die Hochwasserschäden an und in ihren Häusern selbst tragen müssen. Sie sind nicht versichert, denn in der normalen Gebäude- und Hausratversicherung gehören die Flut- und Naturkatastrophen nicht zum Leistungskatalog. „Nur wenn zusätzlich eine Elementarschaden-Versicherung besteht, werden die Hochwasserschäden ersetzt“, verdeutlicht Klaus Brandenstein, Sprecher beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV. Bei der Allianz ist zu erfahren, dass nicht einmal jeder zwanzigste Betroffene in den Hochwassergebieten eine entsprechende Police abgeschlossen hatte. Nur weniger als fünf Prozent der Allianz-Versicherten besitzen eine solche Zusatzpolice.

Ironie des Schicksals: viele der Betroffenen wird der Abschluss einer entsprechenden Police verwehrt, weil die Versicherer keine ausstellen, wenn der Kunde in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohnt. Einzig die Kunden, die eine der früheren noch in der DDR abgeschlossenen Hausratversicherungen weiterführen, sind gut dran. Denn die Policen aus der früheren Welt beinhalten bis heute Leistungen bei Hochwasserschäden.

Wie auch im Herbst 2003 wird jetzt wieder der Ruf nach einer allgemeinen Pflicht zur Elementarschaden-Versicherung laut. Der Präsident des Umwelt-Bundesamtes, Andreas Troge plädiert mit Nachdruck dafür, denn „private Schäden können nicht beliebig sozialisiert werden. Auf dem deutschen Markt bieten rund 65 Versicherer eine erweiterte Elementarschaden-Versicherung an zu höchst unterschiedlichen Kosten - bei einem rund 140 Quadratmeter großen Haus je nach Leistungsart und Bedingung zwischen 40 und 450 Euro jährlich.

Im Nachbarland Schweiz sind unterdessen die Schadengutachter und Schätzer schon einen Schritt weiter. Sie rechnen mit Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. Die Feuerversicherer in der Schweiz gehen nach einer ersten Überschlagsrechnung von einer Schadenbelastung von mindestens 200 Millionen Franken (entspricht mehr als 126 Millionen Euro) aus. Mit einem ähnlich hohen Betrag rechnen auch die privaten Schweizer Sachversicherer. Hinzu kommen von staatlichen Gebäudeversicherern zu deckende Schäden, die sich nach ersten Schätzungen auf mehr als eine halbe Milliarde Schweizer Franken (mindestens 300 Millionen Euro) belaufen.




Autor(en): Ellen Bocquel

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