Drei von vier Finanzdienstleistern durchlaufen gerade eine Neuorganisation oder haben diese bereits abgeschlossen. Weitere 18 Prozent planen aktuell den organisatorischen Umbau. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Studie „Potenzialanalyse Organisation x.0“ von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.
Obwohl wohl fast alle Banken und Versicherer an ihrer Zukunftsfähigkeit feilen, bleibt die Anspannung nach wie vor groß. Mit 35 Prozent ist der Anteil der Unternehmen, die einen „sehr großen Veränderungsdruck“ spüren, in der Finanzbranche fast dreimal so hoch wie in der Industrie (12 Prozent).
Wollen vor allem durch Stellenabbau Kosten senken
Der Druck, die eigene Organisation zukunftsfest aufzustellen, um im Vergleich zu Konkurrenten aus Europa, Amerika und Asien nicht noch weiter ins Hintertreffen zu geraten, ist nach Ansicht von Sopra Steria groß. Doch die Reformen drohten erneut ins Leere zu laufen, ist der europäische Management- und Technologieberater überzeugt. Der Grund: „Deutschen Finanzdienstleistern geht es bisher vor allem darum, die Kosten zu senken, indem sie Stellen abbauen und Filialen zusammenstreichen. Das ist ein Rückzugsgefecht, aber keine Strategie“, warnt Robert Bölke, Leiter Strategieberatung Banking bei Sopra Steria Next.
Braucht kreative Köpfe wie Ingenieure oder Philosophen
Damit Veränderungen zum Erfolg führen, ist vor allem ein kultureller Wandel innerhalb der Organisationen wichtig. Mit transparenten Entscheidungen (93 Prozent) und einer offenen Unternehmenskultur (75 Prozent), wie die Mehrheit der Befragten betont. „Es sollte nicht das Ziel von Reformen sein, Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, Prozesse zu automatisieren oder die bestehende marode Infrastruktur am Laufen zu halten“, kommentiert Bölke die aktuelle Vorgehensweise der Branchenverantwortlichen. „Sondern es geht um ein neues Denken. Dazu braucht es aber neben Betriebswirten vor allem kreative Köpfe wie Ingenieure oder Philosophen.“
Bevor die Institute die nächsten Reformen starten würden, sollten sie sich zuerst überlegen, was ihre Kunden von ihnen erwarten und was sie ihnen künftig bieten wollen. Es reiche dabei nicht, auf austauschbare digitale Produkte zu setzen. Jedes Institut sollte vor einer Neuorganisation zunächst sein Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen und klären, welchen Platz es in den digitalen Ökosystemen einnehmen möchte.
Corona-Krise hat Bewegung ins verkrustete System gebracht
Die Corona-Pandemie habe hier immerhin wie ein Beschleuniger gewirkt. Die Menschen hätten im Homeoffice mehr Freiheiten gewonnen. Die Teams hätten sie auch genutzt, um etablierte Strukturen zu hinterfragen. Sopra-Steria-Berater Bölke: „Dies gilt es zu bewahren und in die Post-Corona-Zeit mitzunehmen. Die Arbeit sollte neu organisiert werden, mit interdisziplinären Teams und einer gleichzeitigen Öffnung hin zu neuen Partnern.“ Die Einsicht jedenfalls sei da: Für 62 Prozent seien es inzwischen die veränderten Erwartungen der Kunden, die organisatorische Veränderungen erzwingen würden.
Hintergrundinformationen
Die Studie „Potenzialanalyse Organisation x.0“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut gibt die Ergebnisse einer Befragung unter 221 Führungskräften wieder. Der Großteil der Befragten arbeitet in den Bereichen der Finanzdienstleistungen, verarbeitendes Gewerbe sowie öffentliche Verwaltung & Versorgungsunternehmen. Im April und Mai 2021 wurde danach gefragt, wie die Organisationen mit dem aktuellen Veränderungsdruck umgehen und wie groß ihre Bereitschaft ist, eine Neuorganisation ihres Hauses zu starten.
Quelle: Sopra Steria
Autor(en): versicherungsmagazin.de