Die Aufregung um die so genannten Solvenz-Berichte der Kranken- und Lebensversicherer hat sich nach der ersten Veröffentlichung im Jahre 2017 mittlerweile gelegt. Nun wurden die Solvency and Financial Condition Reports (SFCR-Berichte) am 7. Mai 2018 zum zweiten Mal veröffentlicht.
Der Branchendienst Map-Report hat sich der Mammutaufgabe angenommen und die Zahlen übersichtlich aufbereitet (Heft 902). Eine Bewertung haben die Marktbeobachter nicht vorgenommen. Inhaltlich werden nur die verschiedenen Quoten dargestellt. Daher muss der Markt wohl auf die „Ampel-Bewertung“ des Bund der Versicherten (BdV) warten, der sich im vorigen Jahr umfassend mit der Transparenz der einzelnen Berichte auseinandergesetzt hatte.
Die Solvenz-Quote muss mindestens 100 Prozent betragen. Dann hat das Unternehmen genügend Kapitalreserven, um extremen Entwicklungen am Markt standhalten zu können und seine Verpflichtungen gegenüber den Kunden zu erfüllen. Durchgespielt werden dabei außergewöhnliche Kurseinbrüche auf dem Kapitalmarkt, die Veränderungen der Lebenserwartung oder das Stornoverhalten der Kunden. Besonders interessant ist die Solvabilität und Finanzlage der Lebensversicherer. Denn viele müssen in der heutigen Niedrigzinsphase hohe Leistungen erbringen, die sie in der Vergangenheit als Garantie ihren Kunden gegeben haben.
Nicht mit Quoten werben
Die veröffentlichten Quoten sind wegen unterschiedlicher Berechnung und der Möglichkeit die Risikotragfähigkeit mit sogenannten Übergangsmaßnahmen zu verbessern, wenig aussagekräftig. Zudem betont der Map-Report, dass selbst dann, wenn die Eigenmittel nicht ausreichen, um die Solvabilitätskapitalanforderung (SCR) zu bedecken beziehungsweise zu übersteigen, der Lebens- und Krankenversicherer nicht insolvent ist. „Bei einer Insolvenz ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und Ansprüche seitens Gläubigern können nicht oder nicht mehr vollständig beglichen werden. Bei einer SCR-Bedeckung von weniger als 100 Prozent handelt es sich lediglich um eine fehlende Risikotragfähigkeit“, so der Map-Report.
Das bedeutet, dass die Gesellschaft nicht über genügend Kapital verfügt, um eine Situation zu überstehen, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 Prozent im nächsten Jahr eintreten könnte. Der Map-Report rät daher davon ab, die aufsichtsrechtlich relevanten Solvency-II-Quoten, also inklusive aller angewendeten Übergangsmaßnahmen, als Instrument im „vertrieblichen Wettbewerb“ der Unternehmen einzusetzen.
Elf schaffen mit „reiner“ Quote 100 Prozent nicht
Ohne alle Maßnahmen, wenn man also nur auf die „reine“ oder „Basis“-SCR-Quote schaut, erreichen 11 der 83 Lebensversicherer keine 100 Prozent. Gegenüber 2016 ist die Eigenkapitalausstattung in der Regel aber besser geworden. Damals lagen noch 23 Unternehmen mit ihrer Basis-Quote unter der magischen Zahl. Mit Maßnahmen für den Übergang auf das strengere Aufsichtssystem Solvency II, sind alle Lebens- und Krankenversicherer ausreichend risikotragfähig. Unter den Lebensversicherern, die mit der Basis SCR-Quote keine 100 Prozent erreichen, sind mit Frankfurt Münchener (ehemals Arag) mit einer SCR-Basis-Quote von 21,4 Prozent, der Frankfurter (ehemals Basler CH, SCR-Basis-Quote 48,2 %), der Bayerischen Beamten Lebensversicherung (56,6 %) und der Athene (61,9 %) vier Gesellschaften, die sich im Run-Off befinden.
Betroffen mit einer SCR-Basis-Quote unter 100 Prozent sind von den aktiven Gesellschaften die Süddeutsche (22,1 Prozent), die Rheinland (26,4 %), die Öffentliche Oldenburg (31,4 %) die PB (55,3 %), der HDI (71,9 %), die Familienfürsorge (79,6 %) und die Neue Leben (84 %). Im Vergleich dazu liegt etwa die „reine“ Quote der Allianz Lebensversicherung bereits bei über 317 Prozent, die der R+V Lebensversicherung bei rund 434 Prozent und die Nürnberger schafft in der Basis-Quote sogar fast 549 Prozent.
Debeka immer über 100 Prozent
Weitere sechs Gesellschaften liegen laut Map-Report mit Ihrer Basis-Quote unter 120 Prozent. Dazu gehört etwa, die sich ebenfalls im Run-Off befindliche Skandia, die aktuell eine „reine“ Quote von 114 Prozent aufweist. Im vorigen Jahr lag diese Vergleichskennzahl des Unternehmens noch bei 133 Prozent. Es kann also auch nach unten gehen. Mit 107,6 hat die Debeka, die jahrelange Verfechter der klassischen Garantiepolicen war, die magische Schwelle von 100 Prozent übersprungen. Mit allen Maßnahmen liegt sie bei 323,7 Prozent. Alle Unternehmen weisen dann eine Top-Risikotragfähigkeit auf. Die "schlechtesten" Unternehmen Rheinland und WWK liegen dann mit ihrer SCR-Bedeckungsquote bei 175,1 und 213 Prozent.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek