Nach einer aktuellen Prognose haben die deutschen Lebensversicherer 2020 rund 99,9 Milliarden Euro eingenommen. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus von 0,43 Prozent. 2019 lagen die gebuchten Bruttoeinnahmen der Lebensversicherer noch bei 99,5 Milliarden Euro. Die Daten wurden jetzt gegenüber Versicherungsmagazin im Rahmen einer Kennzahlenanalyse von insgesamt 70 Lebensversicherungsunternehmen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bestätigt.
Damit konnte die Vorsorgebranche sogar im Corona-Jahr ihre Beiträge steigern. Und das nach einem starken Boomjahr. Denn 2019 waren die Einnahmen der Lebensversicherer um 11,2 Prozent gestiegen. Die Schätzung ist ohne Beiträge aus den Rückstellungen für Beitragsrückgewähr (RfB), die sich 2020 insgesamt auf rund 2,8 Milliarden Euro belaufen. "Die Beiträge aus der RfB schwanken relativ stark", so ein GDV-Sprecher.
Hohes Niveau ist Vertrauensbeweis
Die Stornierungen von Beitragszahlungen aufgrund der Pandemie im Jahre 2020, die die Versicherer marktweit mit großer Kulanz gestatteten, fielen somit kaum ins Gewicht. Das dürfte gleichfalls für pandemiebedingte Aufgabe von Verträgen gelten. Anfang des Jahres hatte der GDV die Entwicklung im Markt noch pessimistischer eingeschätzt. Er war von einem leichten Beitragsabrieb von 0,1 Prozent ausgegangen. Doch schon damals hatte der GDV-Präsident Wolfgang Weiler das "hohe Niveau" im Corona-Jahr als klaren Vertrauensbeweis der Kunden interpretiert.
Beim Neugeschäft gibt es allerdings in der privaten Altersvorsorge ein Manko. So wurden deutlich weniger Verträge abgeschlossen. Vor allem in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Die bAV leidet besonders unter den Corona-Einschränkungen, denn die Beratungen werden noch immer wenig digital direkt in den Betrieben durchgeführt.
Viele erzielten hohes Neugeschäft
Die Analyse von Versicherungsmagazin zeigt, dass es 2020 im Markt große Unterschiede gab. So konnten eine ganze Reihe von Unternehmen ihr Neugeschäft sogar steigern. Das gilt etwa für die Hanse Merkur Lebensversicherung, die Dialog oder die Condor. In der Auswertung auf Basis der Kennzahl Annual Premium Equivalent (APE) erreichten 13 Unternehmen auch 2020 ein zweistelliges Wachstum. Weitere acht Unternehmen liegen mit ihrem Plus noch teilweise deutlich über fünf Prozent.
Ohne die Run-Off-Gesellschaften gibt es 2020 insgesamt 22 Lebensversicherer, die im APE Neugeschäft einen Abrieb erleiden. Bei Marktführer Allianz liegt dieser zwar prozentual nur bei 7,9 Prozent - Summa summarum macht dies aber über 227 Millionen Euro aus. Deutlich verlieren Dortmunder, Targo, Neue Leben, VPV, Provinzial Nord West und Nürnberger.
Gesamtschau: Teilweise echter Boom
In der Gesamtschau, bezogen auf die gebuchten Bruttoergebnisse, legte vor allem die Hanse Merkur ein starkes Ergebnis vor. Das Unternehmen erhöhte die Bruttobeiträge um rund 83 Prozent auf 651 Millionen Euro. Etwas außer Konkurrenz, weil als Newcomer noch auf geringem absolutem Niveau, folgt auf Rang zwei die Dortmunder, die die Gesamtbeiträge um rund 45 Prozent auf 19 Millionen Euro erhöhen konnte. Stark sind zudem myLife (plus 29,0 Prozent), Die Bayerische Lebensversicherung (22,9) sowie die Ideal (21,8) und die Condor (19,4), die damit den Beitragsabrieb von 2019 wieder mehr als wettgemacht hat. Zweistellig auf sehr hohem Niveau wuchsen zudem die Bayern-Versicherung mit fast 18 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro sowie die R+V AG, die mit einem ähnlichem starkem Wachstum Bruttobeiträge von knapp sieben Milliarden Euro erzielt.
Die Kehrseite der Medaille sieht man am Ende des Marktes. Hier müssen Targo, Zurich Deutsche Herold, Neue Leben, Ergo und Bayerische Beamte (BB) starke Beitragsverluste hinnehmen. Während das Minus der Ergo von 15,4 Prozent und der BB von sogar fast 40 Prozent aus dem internen Run-Off erklärlich ist, gilt dies nicht für die anderen drei Gesellschaften. Ihr Beitragsabrieb ist daher ungesund. Insgesamt erzielten 41 der analysierten Lebensversicherer ein Beitragswachstum, während 28 Gesellschaften Beitragsverluste machten.
Die vollständige Übersicht der Kennzahlen von 68 Lebensversicherungen veröffentlich das Versicherungsmagazin in der September-Ausgabe 2021 von Versicherungsmagazin.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek