Bisher wenig beachtet, haben sich die Unterhändler der Unionsparteien und der SPD auch mit dem Versicherungsvertrieb beschäftigt. Welche Änderungen an der bisherigen Versicherungsvermittler-Verordnung zu erwarten sind.
Kommende Woche Freitag läuft die Umsetzungsfrist der Europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) ab. Gleichzeitig tritt der Hauptteil des deutschen IDD-Umsetzungsgesetzes in Kraft. Nicht pünktlich dagegen ist die neue Versicherungsvertriebs-Verordnung, die eigentlich zum selben Zeitpunkt die bisherige Versicherungsvermittler-Verordnung (VersVermV) ablösen sollte.
Eckpunkte für Versicherungsvertrieb gesetzt
Das eröffnet Spielräume für die Politik, neue Akzente im Versicherungsvertrieb zu setzen. Und das wollen die Partner der nicht mehr ganz so großen Großen Koalition tatsächlich auch tun, wie aus gewöhnlich schlecht informierten Kreisen in Berlin zu erfahren war.
Zum Glück, muss man sagen, ist der Versicherungsvertrieb nicht die größte Baustelle der deutschen Politik. Aber dennoch wichtig genug, dass im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auch hierzu Eckpunkte gesetzt wurden.
Skandal um Tierversuche
Auslöser dürfte die Neuigkeit sein, die in den Sozialen Medien verbreitet wurde: Auch die Versicherungswirtschaft hat offenbar Tierversuche unternommen, um die vermeintliche Unschädlichkeit des Versicherungsvertriebs zu beweisen. Dazu hatte eine Hochschule in Düsseldorf den Auftrag erhalten, Affen mehrere Stunden mit einem Versicherungsvertreter zusammen in einen Raum einzusperren. Der Vertreter sollte versuchen, die Primaten von einer Altersvorsorge zu überzeugen.
Wie die Tierschutzorganisationen European Insurers for Our Pets Association (EIOPA) in Frankfurt berichtete, hätten die Tiere furchtbare Qualen durchstehen müssen. Im Netz kursieren Fotos von drei Affen, von denen sich einer die Augen, einer die Ohren und einer den Mund zuhält.
Schlafkrankheit ausgelöst
Darüber hinaus soll es auch Menschenversuche gegeben haben. So mussten sich ahnungslose Probanden an einer medizinischen Forschungseinrichtung in den USA Allgemeine Versicherungsbedingungen laut in Form von Tweets vorlesen lassen. Dazu waren die Tweets mit Vokabeln wie "größter", "einzigartiger" und "nie dagewesener" angereichert, nachdem ein führender deutscher Versicherungsmanager beim Weltwirtschaftsforum in Davos dem amerikanischen Präsidenten begegnet und von dessen sicherem Gespür für das Verpacken unsinniger Botschaften begeistert worden war.
Beobachtet wurde bei diesem ethisch problematischen Experiment, das von ausgewanderten Verhaltenswissenschaftlern durchgeführt wurde, wie lange es dauert, bis die Probanden unübersehbare Anzeichen einer chronischen Schlafkrankheit zeigten. Nach Aussagen eines Sprechers des Wissenschaftlerkreises, der anonym bleiben wollte, setzten diese Anzeichen bereits nach wenigen Minuten ein. Gerechnet hatte man eigentlich damit, dass es länger dauert, bis der von Schläfrigkeit übermannte Proband widerstandslos zur Unterschrift unter einen Riester-Antrag gebracht werden kann.
Schließlich ist auch ein dritter Skandal maßgeblich für eine überraschende Änderung der bisher bekannten Entwürfe einer Versicherungsvertriebs-Verordnung. Dazu hatte der Bund der Versicherungsvertriebenen auf einem Testgelände in Köln eine Restschuldpolice einem sogenannten Elchtest unterzogen, einem mehrfachen, raschen Wechsel der Richtung der Kundeninformation. Dabei kippte die Police wie seinerzeit die A-Klasse eines süddeutschen Autoherstellers um und offenbarte, dass unter der unschuldigen Policen-Verpackung erstaunlicherweise fast ausschließlich Provisionen für Banken zum Vorschein kamen.
Policenemissionen beschränkt
Die Versicherungsvertreiber in Deutschland müssen sich nun auf eine neu eingeführte Kennzeichnungspflicht einstellen. Jede Person, die im Versicherungsvertrieb arbeitet, hat in gut sichtbarer Höhe und nicht durch die Frisur verdeckt auf der Stirn eine Plakette zu tragen, die alle drei Jahre zu erneuern ist. Die Plakette wird es in den Farben rot, gelb und grün geben und je nach dem Ausstoß von Policenemissionen vergeben. Dazu werden Höchstgrenzen für die Emission sogenannter IBIPs, den Insurance Based Investment Particles, festgesetzt. Wer mehr als 100 IBIPs pro Jahr emittiert, erhält die rote Plakette, bei mehr als zehn bis 100 die gelbe, darunter die grüne. Noch nicht abschließend diskutiert ist, ob Vertreiber mit einer IBIP-Emission von unter einer Police im Jahr eine blaue Plakette erhalten könnten.
Der Test erfolgt auf der Basis von so genannten Technical Advice der Europäischen Versicherungsaufsichts-Behörden, wird aber von den Industrie- und Handelskammern (IHKn) durchgeführt. Dabei soll erstmals auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen, nachdem man vergeblich mit Natürlicher Intelligenz experimentiert hatte.
Lernerfolgskontrollen zum IBIP-Test
Der wichtigste Test bei der IHK wird eine so genannte Lernerfolgskontrolle sein. Schon allein der Begriff brachte die Lobbyverbände der Versicherungswirtschaft gegen die Bundesregierung auf. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, verstehe man nicht, wie eine Kontrolle durchgeführt werden solle von etwas, was gar nicht stattfindet.
In dieser Lernerfolgskontrolle müssen Versicherungsvertreiber den als Versicherungsvertriebenen bezeichneten Testern die neu eingeführten IPIDs erläutern, die "Intensiven Policen-Instruktionen für Dummies". Darin enthalten sind unter anderem Warnhinweise zur falschen Aufbewahrung von Policen. So könnten zum Beispiel Policen, die fälschlich in einer Mikrowelle aufbewahrt werden, überhitzen und zum Schadenfall werden.
Die härteste Lernerfolgskontrolle steht den Vertreibern allerdings erst danach bevor. Zu diesem Zweck müssen sie einem Vortrag lauschen und anschließend Fragen beantworten, die darauf schließen lassen, ob sie dem Vortragenden zugehört haben. Zuhören ist nun allerdings eine völlig überflüssige Fähigkeit für einen Verkäufer, wie auch der Gesamtverband der Versicherungsvertreiber kritisch anmerkte. Dies sollte unbedingt aus den Testkriterien für den Erhalt der IBIP-Plakette gestrichen werden.
Der vollständige Entwurf der neuen Versicherungsvertriebs-Verordnung steht nur in der fünften Jahreszeit auf einem nicht freigeschalteten, Kölner Server zum Download zur Verfügung. Für alle Leserinnen und Leser aus karnevalsfernen Regionen: Dieser Artikel enthält Fake News. Alaaf und Helau!
Autor(en): Matthias Beenken