In einer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Auftrag gegebenen Studie zeigt sich, dass der demografische Wandel hin zu einer älteren deutschen Bevölkerung nicht bedeuten wird, dass der Versicherungsmarkt leidet.
Die Studie, durchgeführt vom International Center for Insurance Regulation (ICIR), kommt stattdessen zu der Einschätzung, dass die Prämieneinnahmen der Versicherungswirtschaft bis 2040 allein wegen des demografischen Effekts um real zehn Prozent auf 140 Milliarden Euro steigen dürften.
Fokus der Studie sind die Folgen des demografischen Wandels auf die Nachfrage nach Versicherungen. „Die Alterung der Bevölkerung bedeutet für einige Sparten Einbußen. Die positiven Effekte für den Versicherungssektor überwiegen jedoch“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Weiterhin werde der Anteil von Versicherungsprämien am Bruttoinlandsprodukt (BIP) „voraussichtlich von 4,1 auf 4,7 Prozent klettern“, so Asmussen.
Zuwachs bei Pflege- und Krankenversicherungen prognostiziert
Es sei aber bei der Bewertung zu beachten, dass „die Werte keine Prognose für das Versicherungsgeschäft insgesamt“ seien, sagt Alexander Ludwig, Leiter des ICIR und Mitautor der Studie. „Sie beziffern nur den Effekt, den die demografische Entwicklung darauf haben könnte“. Um diesen Effekt zu messen, hat das ICIR-Team ein Prognosemodell entwickelt, das sowohl die Entwicklung der Bevölkerung und der Einkommen berücksichtigt als auch die Änderungen im Nachfrageverhalten – basierend auf der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes, die zuletzt 2018 erhoben wurde. Das Jahr diene deshalb auch als Basis für die Untersuchung.
So sollen laut dem ICIR in Zukunft vor allem Kranken- und Pflegeversicherungen sowie Unfall- und Berufspolicen Zuwachs verzeichnen. Für diese Gruppe an Versicherungen würden die Wissenschaftler von einem Beitragswachstum von fast 60 Prozent aufgrund des demografischen Effekts bis 2040 rechnen, — ausgehend von etwa 50 Milliarden Euro im Jahr 2018. Asmussen kommentiert: „Die Zahl der älteren Menschen steigt. Und sie leben auch immer länger. Damit wächst der Bedarf an Pflege und medizinischer Betreuung und den entsprechenden Absicherungslösungen.“
Lebensversicherungen könnten verlieren
Demgegenüber steht die Prognose, dass die Produktgruppe „Lebensversicherungen“, bestehend aus privater Rentenversicherung, kapitalbildender Lebensversicherung und Risikolebensversicherung, bis 2040 einen Demografie-bedingten Rückgang der Prämien um rund fünf Prozent verglichen mit 48,5 Milliarden Euro in 2018 haben soll.
Innerhalb dieser Gruppe gebe es aber deutliche Unterschiede in der Entwicklung. Während die Nachfrage nach privaten Rentenversicherungen um 40 Prozent steigen solle, würden kapitalbildende Lebensversicherungen bis 2040 zurückgehen.
Dieser Rückgang könne aber durch politische Mittel begrenzt werden, sagt Alexander Ludwig: „Sollte das Renteneintrittsalter beispielsweise an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden, würde sich der alterungsbedingte Prämienrückgang im Lebensbereich auf circa drei Prozent abschwächen.” Da die Menschen so länger Einkommen beziehen würden, könnten sie auch mehr für die private Altersvorsorge tun.
Optimistisches Szenario sieht größere Prämiensteigerung
Die genannten Zahlen fußen auf dem Basisszenario der Wissenschaftler des ICIR. Darin würden sie von einem leichten Rückgang der Bevölkerung bis 2040 auf 80 Millionen Menschen ausgehen. Das Geburtendefizit würde darin teilweise durch Zuwanderung kompensiert, der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung würde dennoch von 60 auf 53 Prozent sinken. Das verfügbare Einkommen der Haushalte schrumpfe im Basisszenario in realen Größen deutlich, weil die Rentner, deren Zahl steigt, ein geringeres Einkommen hätten als Erwerbstätige. Diese würden wiederum durch höhere Sozialversicherungsbeiträge stärker belastet.
In einem optimistischeren Szenario, mit etwas mehr Zuwanderung oder einer höheren Geburtenrate, könnten die Versicherungsprämien insgesamt um 15 statt 10 Prozent steigen, sagen die Studienautoren.
Die vollständige Studie kann hier kostenlos gelesen werden.
Quelle: GDV
Autor(en): versicherungsmagazin.de