Fast egal in welcher Gegend Deutschlands: Immer wieder hört man von großen, unbesetzten Kundenbeständen. Agenturen scheiden altersbedingt aus und werden nicht neu besetzt, Makler suchen vergeblich Nachfolger oder Käufer ihres Unternehmens.
Für Versicherungsmakler ist die Situation besonders schwierig, haben sie doch keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch gegen die Versicherer. Sie müssen den künftigen Nutzen aus ihren Beständen selbst verwerten, wenn sie ihr Unternehmen altersbedingt aufgeben wollen. Der Kaufpreis ist wie in kaum einem anderen Markt massiv abhängig vom Spiel aus Angebot und Nachfrage.
Kein dramatischer Preiseinbruch
Derzeit gebe es keinen Grund zur Panik, so Dr. Stefan Adams in einem Fachbeitrag, den der Fachmann für Maklerunternehmensbewertungen und -verkäufe auf seiner Webseite veröffentlicht hat. Einen dramatischen Einbruch der Preise kann er nicht feststellen. Jedenfalls nicht auf breiter Front, denn man muss offensichtlich sehr differenzieren.
Allerdings hat Adams beobachtet, dass die Finanzkrise und die anschließend verschlechterten Möglichkeiten zur Finanzierung des Kaufs eines Maklerunternehmens zu einem Umdenken bei Preisverhandlungen geführt haben. Hier habe er Preisrückgänge zwischen 25 und 40 Prozent beobachtet. Vor der Krise wären Käufer damit zufrieden gewesen, wenn sich der Kaufpreis nach Zinsen und Steuern in zwölf Jahren amortisiert, aktuell liege die Erwartungshaltung bei sechs bis sieben Jahren.
So lange sich die Euro-Finanzkrise nicht weiter verschärft, sieht Adams eine Beruhigung und Stabilisierung der erzielbaren Preise. Besonders schwer verkäuflich sind derzeit Privatkundenbestände in der Sachversicherung, deren Angebot stark steigt. Die ebenfalls steigende Nachfrage scheint nicht zu reichen, um die Preise stabil zu halten. Dagegen sieht es im Gewerbe- und Industriekundensegment nach Adams' Einschätzung für Verkäufer gut aus. Vor allem die Nachfrage nach dem kleinen und mittelständischen Gewerbegeschäft steigt, was in Verbindung mit ebenfalls steigendem Angebot zu stabilen Preisen führt. Bei Großgewerberisiken sieht er sogar leicht steigende Preise für Bestände.
Entwertung durch Wandel zur Honorarkultur
"Die pauschale Äußerung hinsichtlich eines dramatischen Kaufpreisverfalls greift zu kurz", fasst Adams seine Erkenntnisse zusammen. Allerdings gibt es eine weitere Unbekannte in diesem Bereich: einen möglichen künftigen Erfolg der Beratung und Vermittlung gegen Honorar. Sollte die Nachfrage nach Nettotarifen steigen, könnten klassische Courtagebestände entwertet werden.
So sieht beispielsweise Professor Dr. Heinrich Dörner in der aktuellen Ausgabe des VVG-Rechtskommentars Prölls/Martin den Makler heute schon unter Transparenzgesichtspunkten in der Rechtspflicht, dem Kunden seine Courtagen oder sonstige Vergütungen offenzulegen. Der Schritt zur separaten Vergütungsabrede ist dann kein weiter mehr.
Eine andere Situation liegt in der Ausschließlichkeit vor. Hier liegen Bestände brach, gerade weil die Vorgänger das Recht auf altersbedingtes Ausscheiden gegen Ausgleichsanspruch wahrgenommen haben. Umso wichtiger ist es für Versicherer, Nachwuchskräfte zu gewinnen und an ihr Unternehmen zu binden.
Ausschließlichkeit braucht wettbewerbsfähiges Produktangebot
Was dafür entscheidend ist, hat das Marktforschungsunternehmen Yougov nach eigenen Angaben untersucht. So berichtet Yougov auf Basis einer Befragung von 8.000 Agenten, dass vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der Produktpalette einen Bindungsfaktor darstellt.
Da aufgrund der neuen Rechnungslegungsvorschriften Solvency II die Versicherer nach und nach ihren oft über Jahrzehnte gewachsenen Bauchladen an unterschiedlichsten Sparten, Zweigen und Produkten "entrümpeln" und sich auf die für sie lukrativen und mit Eigenkapital finanzierbaren Bereiche fokussieren, müssten die Gesellschaften folgerichtig auch ihren Vertretern eine neue Auswahl an für deren Kunden geeigneten Produkten zugänglich machen. Ventil- und Kooperationslösungen könnten helfen, ein wettbewerbsfähiges Produktprogramm vorzuhalten, ohne die exklusive Bindung an einen Versicherer aufgeben zu müssen.
Personalentwicklung bei Vertriebsführungskräften
Weiter führt Yougov die Fairness und Nachvollziehbarkeit der Vergütung, das Versichererimage und die Vertriebsunterstützung als Bindungsfaktoren an. "Immer weniger qualifizierte Außendienstler werden im Verhältnis immer mehr Kunden betreuen müssen; zugleich steigen die Marktanteile der Top-Vermittler", so die Marktforscher.
Das wiederum bedeutet, dass sich die Führungs- und Betreuungsorganisationen in der Ausschließlichkeit deutlich anpassen müssen. Große und selbstbewusste Agenturen zu führen ist eine andere Herausforderung, als es viele Organisations- und Verkaufsleiter bisher gewohnt waren. Statt unmittelbarer Führung und Kontrolle sind Coaching- und Mentoringleistungen gefragt. Vielen Versicherern dürften in dieser Hinsicht noch große Herausforderungen in der Qualifizierung und Personalentwicklung bevorstehen.
Bildquelle: © cirquedesprit/fotolia.com
Für Versicherungsmakler ist die Situation besonders schwierig, haben sie doch keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch gegen die Versicherer. Sie müssen den künftigen Nutzen aus ihren Beständen selbst verwerten, wenn sie ihr Unternehmen altersbedingt aufgeben wollen. Der Kaufpreis ist wie in kaum einem anderen Markt massiv abhängig vom Spiel aus Angebot und Nachfrage.
Kein dramatischer Preiseinbruch
Derzeit gebe es keinen Grund zur Panik, so Dr. Stefan Adams in einem Fachbeitrag, den der Fachmann für Maklerunternehmensbewertungen und -verkäufe auf seiner Webseite veröffentlicht hat. Einen dramatischen Einbruch der Preise kann er nicht feststellen. Jedenfalls nicht auf breiter Front, denn man muss offensichtlich sehr differenzieren.
Allerdings hat Adams beobachtet, dass die Finanzkrise und die anschließend verschlechterten Möglichkeiten zur Finanzierung des Kaufs eines Maklerunternehmens zu einem Umdenken bei Preisverhandlungen geführt haben. Hier habe er Preisrückgänge zwischen 25 und 40 Prozent beobachtet. Vor der Krise wären Käufer damit zufrieden gewesen, wenn sich der Kaufpreis nach Zinsen und Steuern in zwölf Jahren amortisiert, aktuell liege die Erwartungshaltung bei sechs bis sieben Jahren.
So lange sich die Euro-Finanzkrise nicht weiter verschärft, sieht Adams eine Beruhigung und Stabilisierung der erzielbaren Preise. Besonders schwer verkäuflich sind derzeit Privatkundenbestände in der Sachversicherung, deren Angebot stark steigt. Die ebenfalls steigende Nachfrage scheint nicht zu reichen, um die Preise stabil zu halten. Dagegen sieht es im Gewerbe- und Industriekundensegment nach Adams' Einschätzung für Verkäufer gut aus. Vor allem die Nachfrage nach dem kleinen und mittelständischen Gewerbegeschäft steigt, was in Verbindung mit ebenfalls steigendem Angebot zu stabilen Preisen führt. Bei Großgewerberisiken sieht er sogar leicht steigende Preise für Bestände.
Entwertung durch Wandel zur Honorarkultur
"Die pauschale Äußerung hinsichtlich eines dramatischen Kaufpreisverfalls greift zu kurz", fasst Adams seine Erkenntnisse zusammen. Allerdings gibt es eine weitere Unbekannte in diesem Bereich: einen möglichen künftigen Erfolg der Beratung und Vermittlung gegen Honorar. Sollte die Nachfrage nach Nettotarifen steigen, könnten klassische Courtagebestände entwertet werden.
So sieht beispielsweise Professor Dr. Heinrich Dörner in der aktuellen Ausgabe des VVG-Rechtskommentars Prölls/Martin den Makler heute schon unter Transparenzgesichtspunkten in der Rechtspflicht, dem Kunden seine Courtagen oder sonstige Vergütungen offenzulegen. Der Schritt zur separaten Vergütungsabrede ist dann kein weiter mehr.
Eine andere Situation liegt in der Ausschließlichkeit vor. Hier liegen Bestände brach, gerade weil die Vorgänger das Recht auf altersbedingtes Ausscheiden gegen Ausgleichsanspruch wahrgenommen haben. Umso wichtiger ist es für Versicherer, Nachwuchskräfte zu gewinnen und an ihr Unternehmen zu binden.
Ausschließlichkeit braucht wettbewerbsfähiges Produktangebot
Was dafür entscheidend ist, hat das Marktforschungsunternehmen Yougov nach eigenen Angaben untersucht. So berichtet Yougov auf Basis einer Befragung von 8.000 Agenten, dass vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der Produktpalette einen Bindungsfaktor darstellt.
Da aufgrund der neuen Rechnungslegungsvorschriften Solvency II die Versicherer nach und nach ihren oft über Jahrzehnte gewachsenen Bauchladen an unterschiedlichsten Sparten, Zweigen und Produkten "entrümpeln" und sich auf die für sie lukrativen und mit Eigenkapital finanzierbaren Bereiche fokussieren, müssten die Gesellschaften folgerichtig auch ihren Vertretern eine neue Auswahl an für deren Kunden geeigneten Produkten zugänglich machen. Ventil- und Kooperationslösungen könnten helfen, ein wettbewerbsfähiges Produktprogramm vorzuhalten, ohne die exklusive Bindung an einen Versicherer aufgeben zu müssen.
Personalentwicklung bei Vertriebsführungskräften
Weiter führt Yougov die Fairness und Nachvollziehbarkeit der Vergütung, das Versichererimage und die Vertriebsunterstützung als Bindungsfaktoren an. "Immer weniger qualifizierte Außendienstler werden im Verhältnis immer mehr Kunden betreuen müssen; zugleich steigen die Marktanteile der Top-Vermittler", so die Marktforscher.
Das wiederum bedeutet, dass sich die Führungs- und Betreuungsorganisationen in der Ausschließlichkeit deutlich anpassen müssen. Große und selbstbewusste Agenturen zu führen ist eine andere Herausforderung, als es viele Organisations- und Verkaufsleiter bisher gewohnt waren. Statt unmittelbarer Führung und Kontrolle sind Coaching- und Mentoringleistungen gefragt. Vielen Versicherern dürften in dieser Hinsicht noch große Herausforderungen in der Qualifizierung und Personalentwicklung bevorstehen.
Bildquelle: © cirquedesprit/fotolia.com
Autor(en): Matthias Beenken