An Big Data und Data Analytics kommt heute niemand mehr vorbei. Es gehört zu den wesentlichen Kompetenzen eines Versicherers, Daten etwa zur Risikoeinschätzung oder zur Schadenbewertung zu analysieren und passende Handlungen abzuleiten. Die Fachkonferenz "Big Data und Data Analytics" der Versicherungsforen Leipzig fand kürzlich zum Thema statt.
Die Fähigkeit zur Datenanalytik durchläuft aktuell einen starken Wandel. Zunächst stehen immer mehr Datenquellen zur Verfügung, die in die Analyse einbezogen werden können. Jedoch bergen diese neuen Datenquellen auch neue Herausforderungen, denn die Daten daraus können unscharf, unvollständig, unstrukturiert, möglicherweise inkonsistent, in Echtzeit geliefert oder enorm umfangreich sein. Doch in einigen Versicherungsunternehmen gibt es schon spannende Ideen, wie sich die Menge an Daten, die traditionell bereits in den Unternehmen produziert wird, sinnvoll nutzen lässt. Bei vielen andern herrschen jedoch noch Unsicherheiten vor und es gibt viele Fragen, wie genau Projekte angegangen werden sollen.
Rückversicherer nutzen die Technik schon
Professor Dr. Jan Jürjens (Universität Koblenz-Landau / Fraunhofer ISST) gab zu Beginn einen Einblick, wie Daten auf einer Plattform für unternehmensübergreifende Data Analytics genutzt werden können. Anhand seines Konzepts des Industrial Data Spaces erläuterte er, wie durch die gemeinsame Datennutzung Netzwerkeffekte entstehen können. Daten würden immer mehr zur strategischen Ressource, deren Wert durch Austausch und Verknüpfung steige.
Im Bereich Big Data am weitesten fortgeschritten sind in der Assekuranz die Rückversicherer. Johannes Plenio (Munich Re) betonte jedoch, dass in Big Data vor allem Arbeit stecke. Die Daten allein würden nützten nichts, sondern man müsse das Ganze betrachten und Big-Data-Analyse als Kombination von Methoden, Technologien, Daten und Personen sehen.
AI als Thema
Ein Thema, mit dem sich die Munich Re aktuell beschäftigt, ist Artificial Intelligence (AI). Besonders von Bedeutung sind dabei die Bereiche Vertrieb, Underwriting und Schadenmanagement. Hier verspricht sich der Versicherer eine deutliche Effizienzsteigerung durch AI. Die Swiss Re hat für den Bereich "Digital & Smart Analytics" hingegen weltweit bereits sechs Standorte aufgebaut, an denen an analytischen Lösungen geforscht wird. Dr. Emir Queli (Swiss Re) stellte einige der so entstandenen Projekte vor, etwaeine Flugverspätungsversicherung, bei der die Auszahlung selbstständig ohne Schadenmeldung funktioniert. Diese Lösung wird Erstversicherern nun als White-Label-Lösung angeboten.
Ein Erfahrungsbericht kam bei der Fachkonferenz aus dem Hause der Versicherungskammer Bayern (VKB). Für das spezielle Thema hat die VKB ein so genanntes Big-Data & Analytics Competence Center innerhalb des Konzerns ins Leben gerufen. Das Team berät die anderen Fachbereiche und unterstützt bei der technischen Integration von Projekten. Die einzelnen Data Scientists sind dabei auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert, so dass die Mitarbeiter in den Ressorts feste Ansprechpartner haben.
Die Kleinen werden nachziehen
Obwohl in den meisten Häusern schon Big-Data-Projekte initiiert oder zumindest geplant werden, zeigte sich, dass es einige unternehmensübergreifende Problemstellungen gibt, bei denen noch Fragen offen sind. Der Bereich Datenschutz nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Karsten U. Bartels (HK2 Rechtsanwälte) stellte die wichtigsten Gesetze vor, die beim Thema Big Data und Datenanalyse zu beachten sind. Ein entscheidender Punkt ist hier die Verarbeitung personenbezogener Daten und das benötigte Einverständnis dafür. Wichtig sei auch, den Erhebungszweck vom Verarbeitungszweck zu unterscheiden. Big Data erfordere insgesamt datenschutzrechtlich eine exakte Beschreibung und Bewertung der Datenverarbeitung.
Aktuell haben vor allem die großen Erst- und Rückversicherer die Nase bei Big Data vorn, was aufgrund der vorhandenen Kapazitäten keine große Überraschung ist. Trotzdem ist anzunehmen, dass auch die kleineren und mittleren Versicherer in den nächsten Jahren Schritte nach vorne machen werden.
Autor(en): Katharina Thiemann, Versicherungsforen Leipzig