Mannheimer kommt in österreichische Hand

Die Aktionäre der Mannheimer AG Holding haben auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am vergangenen Wochenende den Weg für die Sanierung der Mannheimer Gruppe freigemacht. Mehr als 95 Prozent der Aktionäre haben dem Sanierungsplan zugestimmt, jubelt Uniqa, größte Versicherungsgruppe Österreichs. Der Plan sieht vor, dass die Österreicher der Mannheimer frisches Kapital zuschießen und dafür ihre Aktienbeteiligung von bisher 20 auf über 87 Prozent erhöhen.

Brisant: Uniqa steht zu seinem Angebot nur, wenn der Beschluss der Hauptversammlung ohne Anfechtungsklagen bleibt und bis 30. Juni 2004 im Handelsregister eingetragen ist. Dies gilt noch nicht als absolut sicher, denn die Aktionäre mussten auf ihr Bezugsrecht für neue Aktien verzichten – zugunsten der Uniqa. Auch Altaktionär Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (zehn Prozent) hielt still. Dagegen sind Klagen noch bis 26. März 2004 möglich – sie dürfen prinzipiell innerhalb eines Monats nach der Hauptversammlung eingereicht werden.

Das Unternehmen wäre wertlos


Käme es dazu, würde die Sanierung scheitern und das Unternehmen wertlos. Vor dieser Konsequenz sind bisher alle Aktionäre zurückgeschreckt. "Ohne Kapitalerhöhung wäre die Fortführung des Versicherungsgeschäfts durch die operativen Tochtergesellschaften gefährdet", warnte Lothar Stöckbauer, Vorstandssprecher der Mannheimer Holding, auf der Versammlung. Damit wäre der Bestand der gesamten Mannheimer Gruppe auf Dauer gefährdet. Mit Kapitalerhöhung hätte das Versicherungsgeschäft dagegen "mittelfristig eine stabile Zukunftsprognose".

Des Einen Freud ist des anderen Leid. Geld verliert vor allem die Protektor Lebensversicherung AG. Denn der Sanierungsplan befreit die Mannheimer auch von der langfristigen Belastung durch ein Darlehen von Protektor, das anlässlich der Übertragung des Versicherungsbestandes der Mannheimer Leben in Höhe von 193,2 Millionen Euro eingeräumt worden war. Um eine Insolvenz zu Silvester 2003 in Mannheim zu verhindern, erhält Protektor nun bloß noch 25 Millionen Euro und verzichtet auf den "Rest" (168,2 Millionen Euro).

Gesicherte Zukunft?


Begründung: Bei dem Verzicht habe das Unternehmen entschieden, dass "eine gesicherte Zukunft des Vertragsbestandes den unkalkulierbaren Risiken einer Existenzgefährdung der Mannheimer Holding vorzuziehen" sei. Mit anderen Worten: Besser etwas Kapital zurückbekommen als gar nichts. Die Protektor-Bilanz störe das vorerst nicht, weil das Engagement bei der Mannheimer lediglich mit einem Euro verbucht sei. Nun kämen sogar 25 Millionen in die Kasse. Ob damit letztlich ein Verlust für Protektor verbunden sei, könne erst festgestellt werden, wenn der Vertragsbestand eines Tages verkauft wird, sagte der Protektor-Sprecher Michael Gaedicke.

Wie der Fehlbetrag von 168 Millionen Euro jetzt in den Bilanzen der 103 Lebensversicherer behandelt wird, ist eine spannende Frage. Denn die Protektor-Gesellschafter könnten die Aktionäre oder die Kunden oder beide für den Schaden bei der Mannheimer aufkommen lassen. Beim GDV hüllt man sich dazu in Schweigen. Durch den Darlehensverzicht gibt es auf jeden Fall zusätzlichen Bedarf an Abschreibungen. Womöglich müssen die Unternehmen auch weiteres Kapital einschießen.

Anfangsverdacht gegeben


Inzwischen meldet sich ganz aktuell der Bund der Versicherten e.V zu Wort. Er hat Anzeige gegen Protektor erstattet. Die Staatsanwaltschaft Berlin, Dezernat Wirtschaftsstrafsachen, hält einen Anfangsverdacht für gegeben und hat daher ein Ermittlungsverfahren gegen die Protektor-Vorstände eröffnet.

Fazit: Mit Hilfe aller Mitgliedsunternehmen von Protektor wird die Insolvenz der Mannheimer verhindert und das Unternehmen zum Schnäppchenpreis an einen ausländischen Anbieter gegeben. Immerhin findet Uniqa durch die Protektoreinlage eine geordnete Solvabilitätslage und wahrscheinlich eine halbwegs ausgeglichene Bilanz 2003 vor. Doch die Hälfte des Kapitals für die Mannheimer ist als werthaltiges Investment in den Deckungsstock von Protektor eingegangen. Konsequenz: Der jetzige Darlehensverzicht könnte auch die Kunden der anderen Gesellschaften treffen. Ob das tatsächlich so ist, wird sich erst bei Veröffentlichung der Bilanzen 2003 zeigen. Noch lassen sich die Versicherer nicht in die Karten gucken.

Autor(en): Detlef Pohl

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