Nicht erst seit dem BGH-Urteil zur Regulierung von Reinigungs-Schäden gibt es Zweifel, ob die Interessen von Kunde und Versicherer so vereinbar sind, dass der Makler eine wesentliche Aufgabe des Versicherers übernehmen kann. Eine aktuelle Doktorarbeit zieht ein Resümee.
Versicherungsmakler gelten als treuhänderähnliche Sachwalter des Kunden, hatte der Bundesgerichtshof schon 1985 festgestellt. Durch diese Zuordnung zum Kunden ergeben sich automatisch Interessenkonflikte, wenn auch zum Versicherer hin Bindungen eingegangen werden.
Sachwalter zu sein, heißt auf der Kundenseite zu stehen
Dazu kann schon das Doppelrechtsverhältnis gehören, in dem Makler nach einer vielfach in der Rechtsliteratur vertretenen Meinung stehen. Aus dem vertragsähnlichen Rechtsverhältnis zum Versicherer würden eigenständige Pflichten entstehen.
Diesen Gedanken lehnt Marc Schlömer in seiner an der Universität Münster 2017 vorgelegten und im vergangenen Jahr auch veröffentlichten Dissertation grundsätzlich ab. „Eine allgemeine Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen des Versicherers trifft den Versicherungsmakler nicht“, so sein Fazit, schränkt dann aber ein: „Im Wege ergänzender Vertragsauslegung sind aber vereinzelte Pflichten des Versicherungsmaklers denkbar, um spezifische Interessen des Versicherers zu schützen“. Das könnten vor allem eine Verschwiegenheitspflicht und eine besondere Rücksichtnahme bei eigenen Risikoeinschätzungen sein.
Schadenregulierung durchaus weit verbreitet
In seiner Arbeit untersucht er das Prämieninkasso und die Schadenregulierung als zwei Tätigkeiten, die manche Makler für den Versicherer aus verschiedenen Motiven übernehmen. Beides komme in der Praxis eher selten vor, selbst bei Versicherungsvertretern gebe „es nur eine kleine Gruppe“, namentlich vor allem Assekuradeure, die Schäden regulieren würden, so der Autor.
Das stimmt so nicht ganz. Nach einer Erhebung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V. 2017 gaben von insgesamt rund 4.000 befragten Vermittlern immerhin 81 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter an, eine Schadenregulierungsvollmacht für Sach- und Haftpflichtversicherungen zu besitzen. Dasselbe galt für 36 Prozent der Mehrfachvertreter und immer noch 12 Prozent der Makler. So ganz selten scheint diese Vollmacht daher nicht zu sein.
Interessenkonflikte nicht auszuschließen
Sowohl beim Prämieninkasso als auch bei der Schadenregulierung sind Interessenkonflikte nicht auszuschließen. Beim Prämieninkasso bleiben diese aber eher theoretischer und beherrschbarer Natur. Bei der Schadenregulierung dagegen sind die Interessenkonflikte nicht zu übersehen.
Zudem steht sie nach Meinung des Autors in einem klaren Konflikt mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz. Auch der Bundesgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 14. Januar 2016 festgestellt, dass die Schadenregulierung im Regelfall nicht als Nebenleistung zum typischen Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Versicherungsmaklers gehört. Dabei war es um einen Makler gegangen, der Betriebshaftpflichtschäden für Reinigungsbetriebe für den Versicherer regulierte, woran sich ein Rechtsanwalt gestört hatte.
Schließt die IDD die Schadenregulierung aus?
Nicht ganz überzeugen kann die Ansicht, dass auch die Europäischen Richtlinien zur Versicherungsvermittlung (IMD) und aktuell zum Versicherungsvertrieb (IDD) ausdrücklich die Schadenregulierung aus der Tätigkeit des Versicherungsvermittlers beziehungsweise des Versicherungsvertriebs ausschließen würden. Tatsächlich wird nur die berufsmäßige Verwaltung, Regulierung und Sachverständigentätigkeit aus der Anwendung dieser Richtlinien ausgeklammert, mithin Tätigkeiten wie die der Havariekommissare, Kfz-Sachverständigen und Ähnliches.
Hier hätte ein Vergleich der offensichtlich fehlerhaften deutschen Übersetzung mit der englisch- oder französischsprachigen Version der IDD Klarheit verschafft. Das Europarecht steht also der Schadenregulierung durch Vermittler aller Art keinesfalls im Weg. Anderes würde schon allein deshalb keinen Sinn machen, weil im Unterschied zur IMD bei der IDD auch die Versicherer vom Anwendungsbereich erfasst werden. Es macht ganz offensichtlich keinen Sinn anzunehmen, die IDD wollte Versicherern nur die Schadenassistenz, aber nicht etwa auch die Schadenregulierung erlauben.
Versicherer dürfen Regulierung nicht auf Makler auslagern
Das Gesamtergebnis der Untersuchung lautet, das zum einen Maklern zivilrechtlich die Schadenregulierung als verbotene Rechtsdienstleistung einzuordnen sei. Eine Schadenregulierung durch Makler sei damit unzulässig.
Zum anderen würden Versicherer gegen Aufsichtsrecht verstoßen, wenn sie ihre Pflicht zur Schadenregulierung auf einen Makler auslagern, als Folge der Unzulässigkeit dieser Tätigkeit beim Makler.
Nutzen und Grenzen
Die Arbeit ist vor allem für diejenigen lesenswert, die sich erstmals mit der Thematik Schadenregulierung durch Makler befassen und eine Einordnung der damit verbundenen Rechtsfragen suchen. Wer allerdings Lösungen sucht, um der Praxis und den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden, wird hier nicht fündig.
So ist es beispielsweise schwer vorstellbar, dass es nicht im Interesse der Reinigungsbetriebe im oben erwähnten BGH-Urteil gewesen sein soll, dass die hochfrequenten Kleinschäden über den Makler wahrscheinlich wesentlich zügiger reguliert werden als über den Versicherer. Oder dass die Regulierung durchaus stringent und nicht zu großzügig erfolgt, damit nicht schadenbedingt die Haftpflichtprämien steigen und daraus Nachteile im Wettbewerb entstehen, weil sie die steigenden Haftpflichtprämien in die Reinigungspreise umlegen müssen.
Lesetipp
Marc Schlömer: Die Zulässigkeit des Prämieninkassos und der Schadensregulierung durch den Versicherungsmakler, 232 Seiten Din A5, ISBN 978-3-96329-018-3 (Print, auch als E-Book verfügbar), 56 Euro, 2018 Verlag Versicherungswirtschaft.
Autor(en): Matthias Beenken