Ein neuer interaktiver Gehaltsvergleich des Statistischen Bundesamts zeigt, was in der Versicherungsbranche verdient wird – und ob es sich lohnt, sich in dieser Branche selbstständig zu machen.
Der Gehaltsvergleich berücksichtigt Angaben aus rund 60.000, zufällig ausgewählten Unternehmen, von denen das Statistische Bundesamt genaue Gehaltsdaten aus der Lohnabrechnung abfragt. Daraus lassen sich mittlere Monatsgehälter für eine Vollzeittätigkeit nach Branchen und Berufsgruppen ermitteln, die genauer sein sollen als die Angaben aus kommerziellen Stellenportalen. Weiter berücksichtigt werden das Lebensalter und die Ausbildung, Beschäftigungsdauer, das Bundesland, die Beschäftigtenzahl des Arbeitgebers und Anwendung eines Tarifvertrags.
Status Pay-Gap ergänzt den Gender Pay-Gap
Das Ergebnis sind Bruttomonatsgehälter ohne Sonderzahlungen, differenziert nach Frauen und Männern. Das Statistische Bundesamt hebt selbst hervor, dass es damit den "Gender Pay-Gap" genau beziffern kann, also wie viel weniger Frauen gegenüber Männern verdienen. Bei Versicherungssachbearbeitern beträgt er 10,2 Prozent, die nicht über Teilzeitvereinbarungen, sondern vermutlich in erster Linie über eine unterschiedliche Verteilung von Führungspositionen zu erklären sind.
Diese Zahlen ermöglichen aber auch einen Rückschluss auf den "Status Pay-Gap" zwischen Angestellten und Selbstständigen. Herangezogen werden für diesen Vergleich die mittleren Gewinne (Median, also der Wert, bei dem genau gleich viele Angaben über und unter dem Mittelwert liegen) der Versicherungsvermittler nach der BVK-Strukturanalyse. Die Angaben sind aus heutiger Sicht ähnlich alt wie diejenigen des Statistischen Bundesamts (zwei Jahre).
Sonderzahlungen und Arbeitgeberanteile berücksichtigen
Weiter werden die Alterskohorten in der Regel in Zehn-Jahres-Schritten (etwa 20 bis 29 Jahre) herangezogen und deren mittlere (Median) Tätigkeit in der Selbstständigkeit. Die Gesamtstichprobe sind rund 2.300 Versicherungsvermittler, mit 1.012 die größte Alterskohorte sind die 50 bis 59-Jährigen.
Zum Vergleich wurden Versicherungssachbearbeiter mit Ausbildung, tätig in Nordrhein-Westfalen und in Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern, herangezogen. Aus den Angaben zu den Gehältern von Frauen und Männern wurde ein mittleres Einkommen in der bei den Vermittlern feststellbaren Geschlechtsverteilung (neun Prozent Frauenanteil) zugrunde gelegt und auf das Kalenderjahr hochgerechnet. Dabei sind die tarifvertraglich vorgesehenen Sonderzahlungen (80 Prozent Weihnachts- und 50 Prozent Urlaubsgeld) berücksichtigt und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung aufgeschlagen worden, denn Selbstständige erhalten diese nicht und müssen ihre Alters-, Kranken- etc. Vorsorge voll aus eigener Tasche zahlen.
Nachwuchskräfte verdienen als Angestellte mehr
Der Vergleich zeigt, dass junge Vermittler mit durchschnittlich 25 Jahren neun Prozent weniger Gewinn erzielen, als ihren gleichaltrigen angestellten Kolleginnen und Kollegen im Versicherungsinnendienst geboten wird. Die Zahlen bestätigen zwar nur eine alte Erkenntnis, dass die Selbstständigkeit erst nach und nach erfolgreich wird.
Dennoch ist ein Zusammenhang mit den Nachwuchssorgen vieler Versicherer und den teuren Bemühungen um eine Bindung der ausgebildeten Nachwuchskräfte nicht ganz von der Hand zu weisen. Der jungen Generation (Generation Y, Z) wird ohnehin nachgesagt, auf einem Arbeitsmarkt mit vielen attraktiven Angeboten vor allem solche zu bevorzugen, die eine Arbeitsplatzsicherheit und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit versprechen. Da erscheint eine unsichere und arbeitsintensive Perspektive in der Selbstständigkeit weniger attraktiv als eine höher bezahlte Festanstellung.
Im Alter besser nicht selbstständig sein
In der Alterskohorte 30 bis 39 Jahre überschreiten die Selbstständigen die Gehälter mit neun Prozent am deutlichsten. Doch die Angestellten holen mit zunehmendem Alter wieder auf.
Die nachfolgenden Alterskohorten 40 bis 49 Jahre und 50 bis 59 Jahre schaffen nur noch sieben beziehungsweise vier Prozent mehr Gewinn als der Bruttojahresverdienst der Sachbearbeiter - quasi als (magerer) Lohn für die Übernahme eines Unternehmerrisikos. Die älteren Vermittler dagegen fallen wieder tief unter die Gehälter der Angestellten.
Autor(en): Matthias Beenken