Zu dem Artikel erhielt die Redaktion einen Leserbrief von Michael Eckstein, Geschäftsführer 3m5. Media.
Immer wieder lesen wir, die Versicherungen seien noch nicht so recht in der Onlinewelt angekommen. Hätten das Internet 2.0 verschlafen oder wären nicht sichtbar, wie eine Studie der PR-Agentur Faktenkontor aus Hamburg jetzt feststellt. Wir arbeiten jeden Tag mit Versicherungsunternehmen und deren Vertretern zusammen und haben aus dieser Praxis-Perspektive einen anderen Eindruck.
Zu unseren Kunden gehören zehn der größten Versicherungsunternehmen in Deutschland. Einige von ihnen, die "First Mover", sind seit fünf Jahren aktiv in sozialen Medien unterwegs. Die breite Masse ist seit zwei Jahren mit konzernweit aufgesetzten Projekten dabei. Der Fokus von Social Media liegt nie auf der zentralen Facebook-Page, sondern immer auf den Fanpages für den Vertreter vor Ort. Und was bei all diesen Versicherungs-Agenturen online passiert, ist alles andere als unsichtbar.
Vertreter macht das Geschäft
Der Vertreter ist schließlich derjenige, der mit seiner dezentralen Vertriebsorganisation das Geschäft macht. Soziale Netzwerke aufzubauen gehört von je her zu den Kernkompetenzen eines lokalen Agenturinhabers. Das ist auch der Grund dafür, dass gerade Facebook von vielen Vertretern geschätzt wird. Das Netzwerk eignet sich als niederschwelliges Dialogangebot mit hoher Kontaktfrequenz zur Stärkung der persönlichen Beziehung mit dem Kunden oder Interessenten. Ziel des Vertreters ist es, die Weiterempfehlungsbereitschaft hoch zu halten. Im besten Fall erinnert sich der Kunde an ihn, wenn er eine Kaufentscheidung trifft und kontaktiert ihn formlos - über Facebook.
Dass sich das soziale Netzwerk als Verkaufskanal eignet, belegte schon eine Studie der Uni St. Gallen aus dem Jahr 2013. Die Forscher fanden heraus, dass Allianz-Vertreter schon damals 7,6 Neuverträge pro Quartal abschlossen. Aktuelle Zahlen liegen noch höher. "Social Media bieten Gelegenheit, mit Kunden in Kontakt zu treten", sagt Internet-Forscher Prof. Alexander Rossmann über das sich verändernde Geschäftsmodell von Versicherungen. "Die Abschlüsse erfolgen aber oft in den Filialen vor Ort. Das wird sich ändern, wir werden sehen, dass Verträge in Zukunft direkt online abgeschlossen werden."
Kontakt mit mehr als zwei Millionen Kunden wöchentlich
Das Netzwerk - oder um im Facebook-Sprech zu bleiben: die Freunde - des Vertreters verstärken auch die Kommunikationskraft der Konzernzentrale. Ihr Engagement vergrößert die Reichweite der Posts erheblich. So hat die Allianz Deutschland AG über die Facebook-Auftritte ihrer Vertreter wöchentlich Kontakt mit mehr als zwei Millionen Kunden. Unter den Vertretern gibt es immer eine Gruppe, die besonders aktiv ist. Deren Fanzahlen würden auch manchem mittelständischen Unternehmen gut zu Gesicht stehen:
6.223 Facebook-Fans:
4.622 Facebook-Fans:
4.051 Facebook-Fans:
Um jedoch zu erreichen, dass die eigenen Mitarbeiter mitziehen bei der Social-Media-Strategie, reicht es nicht, eine Software zu installieren. Der Einsatz der digitalen Medien erfolgt nach unserer Erfahrung in drei Stufen, deren zentraler Teil ein Change Management bildet. Am Ende des Prozesses soll sich jeder Mitarbeiter darin im Klaren sein, welche Vorteile er von Social Media hat und was ihm diese konkret im Vertrieb nützen.
Kaufsignale identifizieren
Facebook ist nicht alles. Es gibt weitere digitale Vertriebsansätze, die unsere Kunden bereits einsetzen oder derzeit stark nachfragen. Ein Social-Media-Vertriebstrend findet im Moment aus dem Silicon Valley seinen Weg nach Europa. Unter dem Schlagwort "Social Signals" gilt es dabei, aus Posts oder Statusveränderungen bei Facebook, Xing oder Linkedin mögliche "Kaufsignale" zu identifizieren, die der ebenfalls vernetzte Vertreter dann für den Vertrieb nutzen kann.
Ein weiterer Trend: Versicherer, die auch als Konsummarke eine hohe Markenbekanntheit besitzen, setzen ihre Fanpage Wall zunehmend als Supportkanal ein. Das liegt daran, dass der Kunde innerhalb von 24 Stunden Beantwortung von Anfragen erwartet. Meist sind die Anfragen jedoch so detailliert, dass der Kenntnisstand des Social Media Managers nicht ausreicht, oder er kann sie aus Datenschutzgründen ohnehin nicht öffentlich beantworten. Über ein Tool leitet er nun die Anfrage an die Fachabteilung weiter und überwacht die Beantwortung innerhalb des gesetzten Zeitrahmens.
Begeisterung für Social Media ist geweckt
Unterm Strich beobachten wir eine sehr lebendige Teilnahme der Versicherer am Social Web, die nicht weniger agil ist als die unserer Kunden aus dem Mittelstand oder den Medien. Es ist wahr, dass Versicherungsunternehmen zurückhaltender Trends aufgreifen und ihre Vertriebsstrukturen besondere sind. Die Begeisterung für Social Media jedenfalls ist längst geweckt und trifft auf eine Unternehmenskultur, die seit jeher ein Herz fürs Netzwerken hat.
Bildquelle: ©Idprodistock
Immer wieder lesen wir, die Versicherungen seien noch nicht so recht in der Onlinewelt angekommen. Hätten das Internet 2.0 verschlafen oder wären nicht sichtbar, wie eine Studie der PR-Agentur Faktenkontor aus Hamburg jetzt feststellt. Wir arbeiten jeden Tag mit Versicherungsunternehmen und deren Vertretern zusammen und haben aus dieser Praxis-Perspektive einen anderen Eindruck.
Zu unseren Kunden gehören zehn der größten Versicherungsunternehmen in Deutschland. Einige von ihnen, die "First Mover", sind seit fünf Jahren aktiv in sozialen Medien unterwegs. Die breite Masse ist seit zwei Jahren mit konzernweit aufgesetzten Projekten dabei. Der Fokus von Social Media liegt nie auf der zentralen Facebook-Page, sondern immer auf den Fanpages für den Vertreter vor Ort. Und was bei all diesen Versicherungs-Agenturen online passiert, ist alles andere als unsichtbar.
Vertreter macht das Geschäft
Der Vertreter ist schließlich derjenige, der mit seiner dezentralen Vertriebsorganisation das Geschäft macht. Soziale Netzwerke aufzubauen gehört von je her zu den Kernkompetenzen eines lokalen Agenturinhabers. Das ist auch der Grund dafür, dass gerade Facebook von vielen Vertretern geschätzt wird. Das Netzwerk eignet sich als niederschwelliges Dialogangebot mit hoher Kontaktfrequenz zur Stärkung der persönlichen Beziehung mit dem Kunden oder Interessenten. Ziel des Vertreters ist es, die Weiterempfehlungsbereitschaft hoch zu halten. Im besten Fall erinnert sich der Kunde an ihn, wenn er eine Kaufentscheidung trifft und kontaktiert ihn formlos - über Facebook.
Dass sich das soziale Netzwerk als Verkaufskanal eignet, belegte schon eine Studie der Uni St. Gallen aus dem Jahr 2013. Die Forscher fanden heraus, dass Allianz-Vertreter schon damals 7,6 Neuverträge pro Quartal abschlossen. Aktuelle Zahlen liegen noch höher. "Social Media bieten Gelegenheit, mit Kunden in Kontakt zu treten", sagt Internet-Forscher Prof. Alexander Rossmann über das sich verändernde Geschäftsmodell von Versicherungen. "Die Abschlüsse erfolgen aber oft in den Filialen vor Ort. Das wird sich ändern, wir werden sehen, dass Verträge in Zukunft direkt online abgeschlossen werden."
Kontakt mit mehr als zwei Millionen Kunden wöchentlich
Das Netzwerk - oder um im Facebook-Sprech zu bleiben: die Freunde - des Vertreters verstärken auch die Kommunikationskraft der Konzernzentrale. Ihr Engagement vergrößert die Reichweite der Posts erheblich. So hat die Allianz Deutschland AG über die Facebook-Auftritte ihrer Vertreter wöchentlich Kontakt mit mehr als zwei Millionen Kunden. Unter den Vertretern gibt es immer eine Gruppe, die besonders aktiv ist. Deren Fanzahlen würden auch manchem mittelständischen Unternehmen gut zu Gesicht stehen:
6.223 Facebook-Fans:
4.622 Facebook-Fans:
4.051 Facebook-Fans:
Um jedoch zu erreichen, dass die eigenen Mitarbeiter mitziehen bei der Social-Media-Strategie, reicht es nicht, eine Software zu installieren. Der Einsatz der digitalen Medien erfolgt nach unserer Erfahrung in drei Stufen, deren zentraler Teil ein Change Management bildet. Am Ende des Prozesses soll sich jeder Mitarbeiter darin im Klaren sein, welche Vorteile er von Social Media hat und was ihm diese konkret im Vertrieb nützen.
Kaufsignale identifizieren
Facebook ist nicht alles. Es gibt weitere digitale Vertriebsansätze, die unsere Kunden bereits einsetzen oder derzeit stark nachfragen. Ein Social-Media-Vertriebstrend findet im Moment aus dem Silicon Valley seinen Weg nach Europa. Unter dem Schlagwort "Social Signals" gilt es dabei, aus Posts oder Statusveränderungen bei Facebook, Xing oder Linkedin mögliche "Kaufsignale" zu identifizieren, die der ebenfalls vernetzte Vertreter dann für den Vertrieb nutzen kann.
Ein weiterer Trend: Versicherer, die auch als Konsummarke eine hohe Markenbekanntheit besitzen, setzen ihre Fanpage Wall zunehmend als Supportkanal ein. Das liegt daran, dass der Kunde innerhalb von 24 Stunden Beantwortung von Anfragen erwartet. Meist sind die Anfragen jedoch so detailliert, dass der Kenntnisstand des Social Media Managers nicht ausreicht, oder er kann sie aus Datenschutzgründen ohnehin nicht öffentlich beantworten. Über ein Tool leitet er nun die Anfrage an die Fachabteilung weiter und überwacht die Beantwortung innerhalb des gesetzten Zeitrahmens.
Begeisterung für Social Media ist geweckt
Unterm Strich beobachten wir eine sehr lebendige Teilnahme der Versicherer am Social Web, die nicht weniger agil ist als die unserer Kunden aus dem Mittelstand oder den Medien. Es ist wahr, dass Versicherungsunternehmen zurückhaltender Trends aufgreifen und ihre Vertriebsstrukturen besondere sind. Die Begeisterung für Social Media jedenfalls ist längst geweckt und trifft auf eine Unternehmenskultur, die seit jeher ein Herz fürs Netzwerken hat.
Bildquelle: ©Idprodistock
Autor(en): Michael Eckstein