Die Kostenquoten der Lebensversicherer sind 2019 marktweit gesunken. Eigentlich müssten Runoffs dazu wesentlich beitragen.
Auch wenn die Diskussion um den Entwurf eines Provisionsdeckelgesetzes in der Lebens- und in der Restschuldversicherung nach verschiedenen Meldungen erst einmal auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben worden zu sein scheint, bleibt das Thema ein Stachel im Fleisch des Lebensversicherungsvertriebs.
Kostenquoten rückläufig
Nach den aktuellen Zahlen des Map-Reports hat sich die Abschlusskostenquote im Jahr 2019 positiv entwickelt: nach unten. Sie wird mit 4,38 Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts im Marktdurchschnitt ausgewiesen, ein Jahr zuvor waren es noch 4,62 Prozent. Im längerfristigen Vergleich ist die um rund ein Zehntel von ehemals 5,2 Prozent um rund 15 Prozent gefallen. Schwer einzuschätzen ist allerdings, welcher Anteil davon auf Einsparungen beim Versicherer selbst, auf Senkungen von Vergütungsvereinbarungen oder auf Veränderungen in der Zusammensetzung des Produktionsmixes zurückzuführen ist. Leichte Fortschritte sind auch bei der Verwaltungskostenquote zu verzeichnen. Diese ist von ehemals 2,4 auf 2,0 Prozent gesunken.
Verändert hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der vom Map-Report verglichenen Lebensversicherer. Von ehemals 87 sind noch 80 Gesellschaften übriggeblieben. Und ein Phänomen ist neu: Allein elf der Gesellschaften zeichnen kein aktives Neugeschäft mehr, sondern sind entweder Lebensversicherer im Runoff in Eigenregie oder spezialisierte Runoff-Plattformen. Dort finden sich inzwischen auch sehr große Versichertenbestände wieder.
Runoff-Gesellschaften treiben die Kosten in die Höhe
Ein Argument für den Runoff ist üblicherweise, dass die Bestände mit erheblich reduzierten Kosten weiter betrieben werden können, insbesondere die Abschlusskosten sollten an sich sinken. Zweifel wecken allerdings die Zahlen, die vom Hannoverschen Ratinghaus Franke und Bornberg für den Map-Report erhoben wurden.
Danach weisen die elf Runoff-Gesellschaften im nicht nach Beitragseinnahmen gewichteten Mittel eine Abschlusskostenquote von 6,6 Prozent auf. Auch die Verwaltungskostenquote ist mit 3,9 Prozent auffallend hoch. Noch sind die Runoff-Gesellschaften weit davon entfernt zu beweisen, dass sie kostengünstiger arbeiten als ihre für das Neugeschäft geöffneten Mitbewerber.
Bankverbundene Versicherer mit hohen Abschlusskosten
Aufschlussreich ist eine Analyse der Versicherer nach deren vorherrschendem Vertriebsweg. Von 79 hier näher untersuchten Gesellschaften weisen 22 einen Fokus auf den Ausschließlichkeitsvertrieb auf, mehr als 50 Prozent kommen aus den angestellten und selbstständigen, gebundenen Organisationen. 15 Gesellschaften weisen einen Schwerpunkt von mindestens mehr als 50 Prozent im Maklermarkt auf, 16 bei Banken und Sparkassen. Darin finden sich viele öffentlich-rechtliche Versicherer, aber nicht nur. Vier Gesellschaften sind dezidierte Direktversicherer. Die verbleibenden elf Versicherer haben mehrere Vertriebswege, von denen keiner beim Neugeschäft dominiert, sie werden hier als Multikanal-Versicherer bezeichnet.
Unter den aktiven Lebensversicherern weisen die Bank-verbundenen Gesellschaften die höchsten Abschlusskostenquoten von durchschnittlich 6,0 Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts auf. Es folgen die Multikanal-Gesellschaften mit 5,6 Prozent. Dagegen scheint sich ein Fokus auf einen Vertriebsweg in günstigen Kostenquoten niederzuschlagen, wobei es praktisch keine Rolle spielt, ob dieser präferierte Vertriebsweg Ausschließlichkeit, Makler oder Direktvertrieb heißt. Alle drei liegen auf einem ähnlich hohen Niveau von nur knapp über vier Prozent.
Deutlicher sind die Unterschiede bei den Verwaltungskosten. Auffallend niedrig sind sie bei den Direktversicherern mit 1,4 Prozent. In allen anderen Gruppen von aktiven Lebensversicherern liegen sie über dem Marktdurchschnitt um drei Prozent der laufenden Beitragseinnahmen des Berichtsjahres herum.
Bestandsstorno differiert nach Vertriebsweg
Einer von verschiedenen Kostentreibern ist das Bestandsstorno. Je höher es ausfällt, desto höher ist auch das Niveau der Verwaltungskosten. Auf die Abschlusskosten hat es dagegen keinen erkennbaren Einfluss.
Auch beim Bestandsstorno fallen die Bank-verbundenen Versicherer aus dem Rahmen und haben für 2019 eine durchschnittliche Quote der Rückkäufe und der Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen von 4,2 Prozent des mittleren Vertragsbestand zu verzeichnen. Besonders stabil zeigen sich dagegen erwartungsgemäß die Direktversicherer mit nur 1,2 Prozent Stornoquote. Das hat sowohl etwas mit der Kundenklientel als auch mit der Neugeschäftsstruktur zu tun. Auffallend gering ist die Stornoquote zudem bei den Runoff-Gesellschaften mit 1,9 Prozent. Die übrigen Gesellschaften bewegen sich auf ähnlichem Niveau um drei Prozent.
Die Bank-fokussierten Unternehmen weisen auch mit deutlich mehr als einem Drittel Bestandsanteil die meisten beitragsfrei gestellten Verträge auf. Zwar kann die Geschäftsstruktur zum Beispiel mit Finanzierungsabsicherungen, die bei vorzeitiger Ablösung von Finanzierungen zu Stornierungen beitragen, eine Erklärung dafür sein. Untersucht man aber zusätzlich die zwischen den einzelnen Gesellschaften teils stark schwankenden Kostenquoten, stellen sich weitere Fragen nach unternehmensindividuellen Ursachen.
Recht hoch mit jeweils knapp unter einem Drittel sind auch die beitragsfreien Bestände bei Multikanal- sowie erwartungsgemäß bei Runoff-Gesellschaften. Besonders selten sind Bestandsverträge bei Direktversicherern mit nur rund 14 Prozent, aber auch mit um 20 Prozent bei den Ausschließlichkeits- oder Makler-fokussierten Versicherern beitragsfrei gestellt.
Die Kennzahlen je Gesellschaft, die Ausgangsbasis für diese Analyse sind, finden sich im aktuellen Map-Report 917, der bei Franke und Bornberg kostenpflichtig erworben werden kann.
Autor(en): Matthias Beenken