Die HDI Lebensversicherung hat gegen die Verbraucherzentrale Hamburg (VZ Hamburg) im Streit um die Transparenz von Lebensversicherungen eine Niederlage erlitten.
Künftig darf der Versicherer sich weder auf bestimmte Klauseln zur Beitragsfreistellung, zur Kündigung und zum Stornoabzug in Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen berufen noch diese verwenden, wie das Landgericht Köln entschieden hat (Urteil vom 29. Januar 2014, Az. 26 O 317/13). Mit der Entscheidung werde lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) durchgesetzt, teilte die Verbraucherzentrale Hamburg mit.
Der HDI sei einer von acht Versicherungskonzernen, der die bereits in anderen Verfahren entschiedene Rechtsprechung nicht akzeptiert habe, heißt es bei der VZ Hamburg. „Wir wollen im Klageweg durchsetzen, dass die Versicherten bei vorzeitiger Kündigung ihrer Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht mehr so viel Geld verlieren, wie bisher“, sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die bisherige Verrechnung von Abschlusskosten und Provisionen sowie der so genannte Stornoabzug benachteilige die Kunden.
Imageschaden in Folge
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und liegt dem HDI derzeit auch noch nicht vor. „Wir werden die Begründung prüfen und gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen“, sagte HDI-Pressesprecher Ralph Kunze auf Anfrage. In der gleichen Sache hatten die Hamburger Verbraucherschützer zuletzt gegen die Stuttgarter Lebensversicherung und die Zurich Lebensversicherung vor Gericht gewonnen.
Seit Mitte Januar laufen außerdem Verfahren gegen die fünf Lebensversicherer DBV, PB Postbank, Nürnberger, Aachen-Müchener und Axa. Auch diese Unternehmen wollen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht anerkennen. Die juristischen Niederlagen in Folge bedeutet für die wegen der Niedrigzinsphase sehr unter Druck stehende Lebensversicherungsbranche ein weiterer Imageschaden.
Spielen Versicherer auf Zeit?
„Nach meiner Erfahrung spielen die Versicherer hier auf Zeit“, kritisiert Klaus-Jörg Diwo, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Freiburg. Selbst wenn der Bundesgerichtshof oder Obergerichte nahezu identische Klauselwortlaute als intransparent verwerfen, argumentierten viele Versicherer damit, dass das Urteil nur zwischen den Parteien gelten würden, die an dem Rechtsstreit beteiligt waren. „Prozessual ist diese Argumentation vollkommen zutreffend“, betätigt Diwo. Dem Kunden werde damit aber zugemutet, selbst gerichtlich gegen seinen Versicherer vorzugehen. Diwo: „Das kostet Zeit, Geld und Nerven.“
Zudem habe der BGH ausdrücklich erklärt, dass die Verjährung bereits ab dem Datum der Kündigung beginnen würde. „Da die meisten Versicherer gegenüber ihren Kunden nicht auf die Einrede der Verjährung verzichten, können nach Ablauf der Regelverjährung von drei Jahren zum Jahresende keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden“, kritisiert Diwo, der Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist. Kunden, die ihre Ansprüche nicht gerichtlich geltend machen würden, hätten nach Ablauf der Verjährungsfrist das Nachsehen.
Sitzen die Versicherer in einer Zwickmühle?
Während Kritiker wie Diwo, den Versicherern vorwerfen, mit ihrem Verhalten lediglich Geld sparen zu wollen, behaupten Versicherungsjuristen, dass sich die Unternehmen in einer juristischen Zwickmühle befinden. „Lebensversicherer dürfen nach dem Gesetz Bedingungen nur dann ändern, wenn ein höchstrichterliche Entscheidung direkt gegen sie ergangen ist oder die Aufsichtsbehörde ein Urteil als gemeingültig erklärt“, sagte Rechtsanwalt Thomas Leithoff von der Hamburger Kanzlei Johannsen Rechtsanwälte, die regelmäßig für die Versicherungsbranche tätig ist. Das habe der BGH bereits vor Jahren entschieden (IV ZR 162/03).
Laut Leithoff würden die geforderten Bedingungsänderungen ein Teil der Kunden, nämlich alle diejenigen, die ihre Lebens- oder Rentenversicherung bis zum Ende durchhalten, schlechter stellen. „Versicherer, die einseitig, aufgrund eines BGH-Urteils, dass nicht gegen sie ergangen ist, die Bedingungen ändern, müssen später mit einer Klage der Kunden rechnen, die durch diese Änderung benachteiligt werden“, so Leithoff.
Bafin müsste einschreiten, um Altversicherte zu schützen
Die von der VZ Hamburg gegen die Lebensversicherer erkämpften BGH-Entscheidungen, sieht der Hamburger Jurist zudem kritisch. So berücksichtige der BGH einseitig die Interessen von „Neuversicherungsnehmern“ auf Kosten der Altkunden. Versicherungsnehmer, die vor Ablauf der vertraglichen Laufzeit ausscheiden, würden aufgrund der Urteile Erträge erzielen, die sie normalerweise nicht realisieren könnten. Grund sei, dass langfristige Vermögensanlagen wesentlich ertragsreicher seien als kurzfristige.
Der BGH verbiete nun die Zuweisung der Kosten nach der Ursache, während er eine Zuweisung der Überschüsse erlaube. Er werde damit dem System der Renten- und Lebensversicherungen nicht gerecht. Nach Meinung von Leithoff müsste die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einschreiten, um die Altversicherten zu schützen.
Bildquelle: © Gerd Altmann /
Künftig darf der Versicherer sich weder auf bestimmte Klauseln zur Beitragsfreistellung, zur Kündigung und zum Stornoabzug in Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen berufen noch diese verwenden, wie das Landgericht Köln entschieden hat (Urteil vom 29. Januar 2014, Az. 26 O 317/13). Mit der Entscheidung werde lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) durchgesetzt, teilte die Verbraucherzentrale Hamburg mit.
Der HDI sei einer von acht Versicherungskonzernen, der die bereits in anderen Verfahren entschiedene Rechtsprechung nicht akzeptiert habe, heißt es bei der VZ Hamburg. „Wir wollen im Klageweg durchsetzen, dass die Versicherten bei vorzeitiger Kündigung ihrer Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht mehr so viel Geld verlieren, wie bisher“, sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die bisherige Verrechnung von Abschlusskosten und Provisionen sowie der so genannte Stornoabzug benachteilige die Kunden.
Imageschaden in Folge
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und liegt dem HDI derzeit auch noch nicht vor. „Wir werden die Begründung prüfen und gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen“, sagte HDI-Pressesprecher Ralph Kunze auf Anfrage. In der gleichen Sache hatten die Hamburger Verbraucherschützer zuletzt gegen die Stuttgarter Lebensversicherung und die Zurich Lebensversicherung vor Gericht gewonnen.
Seit Mitte Januar laufen außerdem Verfahren gegen die fünf Lebensversicherer DBV, PB Postbank, Nürnberger, Aachen-Müchener und Axa. Auch diese Unternehmen wollen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht anerkennen. Die juristischen Niederlagen in Folge bedeutet für die wegen der Niedrigzinsphase sehr unter Druck stehende Lebensversicherungsbranche ein weiterer Imageschaden.
Spielen Versicherer auf Zeit?
„Nach meiner Erfahrung spielen die Versicherer hier auf Zeit“, kritisiert Klaus-Jörg Diwo, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Freiburg. Selbst wenn der Bundesgerichtshof oder Obergerichte nahezu identische Klauselwortlaute als intransparent verwerfen, argumentierten viele Versicherer damit, dass das Urteil nur zwischen den Parteien gelten würden, die an dem Rechtsstreit beteiligt waren. „Prozessual ist diese Argumentation vollkommen zutreffend“, betätigt Diwo. Dem Kunden werde damit aber zugemutet, selbst gerichtlich gegen seinen Versicherer vorzugehen. Diwo: „Das kostet Zeit, Geld und Nerven.“
Zudem habe der BGH ausdrücklich erklärt, dass die Verjährung bereits ab dem Datum der Kündigung beginnen würde. „Da die meisten Versicherer gegenüber ihren Kunden nicht auf die Einrede der Verjährung verzichten, können nach Ablauf der Regelverjährung von drei Jahren zum Jahresende keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden“, kritisiert Diwo, der Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist. Kunden, die ihre Ansprüche nicht gerichtlich geltend machen würden, hätten nach Ablauf der Verjährungsfrist das Nachsehen.
Sitzen die Versicherer in einer Zwickmühle?
Während Kritiker wie Diwo, den Versicherern vorwerfen, mit ihrem Verhalten lediglich Geld sparen zu wollen, behaupten Versicherungsjuristen, dass sich die Unternehmen in einer juristischen Zwickmühle befinden. „Lebensversicherer dürfen nach dem Gesetz Bedingungen nur dann ändern, wenn ein höchstrichterliche Entscheidung direkt gegen sie ergangen ist oder die Aufsichtsbehörde ein Urteil als gemeingültig erklärt“, sagte Rechtsanwalt Thomas Leithoff von der Hamburger Kanzlei Johannsen Rechtsanwälte, die regelmäßig für die Versicherungsbranche tätig ist. Das habe der BGH bereits vor Jahren entschieden (IV ZR 162/03).
Laut Leithoff würden die geforderten Bedingungsänderungen ein Teil der Kunden, nämlich alle diejenigen, die ihre Lebens- oder Rentenversicherung bis zum Ende durchhalten, schlechter stellen. „Versicherer, die einseitig, aufgrund eines BGH-Urteils, dass nicht gegen sie ergangen ist, die Bedingungen ändern, müssen später mit einer Klage der Kunden rechnen, die durch diese Änderung benachteiligt werden“, so Leithoff.
Bafin müsste einschreiten, um Altversicherte zu schützen
Die von der VZ Hamburg gegen die Lebensversicherer erkämpften BGH-Entscheidungen, sieht der Hamburger Jurist zudem kritisch. So berücksichtige der BGH einseitig die Interessen von „Neuversicherungsnehmern“ auf Kosten der Altkunden. Versicherungsnehmer, die vor Ablauf der vertraglichen Laufzeit ausscheiden, würden aufgrund der Urteile Erträge erzielen, die sie normalerweise nicht realisieren könnten. Grund sei, dass langfristige Vermögensanlagen wesentlich ertragsreicher seien als kurzfristige.
Der BGH verbiete nun die Zuweisung der Kosten nach der Ursache, während er eine Zuweisung der Überschüsse erlaube. Er werde damit dem System der Renten- und Lebensversicherungen nicht gerecht. Nach Meinung von Leithoff müsste die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einschreiten, um die Altversicherten zu schützen.
Bildquelle: © Gerd Altmann /
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek