Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat kürzlich untersucht, wie sich die Prämieneinnahmen der deutschen Lebensversicherer entwickeln werden. Ihre düstere Prognose: Bis zum Jahr 2030 werden sie um rund sechs Milliarden Euro sinken. Betrachte man den Zeitraum bis zum Jahr 2060 würden die Einnahmeverluste um ein Vielfaches höher sein. Je nach Szenario, so die Experten, werde die Branche Einnahmeverluste zwischen 15 und 19 Milliarden Euro erleiden.
Die Studienmacher haben eine Modellrechnung erstellt, die die Entwicklung der Demografie und der Lebensversicherungsbeiträge berücksichtigt. Dabei wurde untersucht, inwieweit die Beitragsrückgänge im Altersvorsorgegeschäft durch vermehrte Abschlüsse von Biometrie-Policen voraussichtlich kompensiert werden können. Hendrik C. Jahn, Partner bei KPMG konstatiert, dass schon im optimistischsten Szenario das Neugeschäft im Biometrie-Bereich mehr als verdoppelt werden müsse, um das heutige Beitragsniveau zu halten.
Rückzug hätte schwere gesellschaftliche Folgen
Hier sieht Jahn Handlungsbedarf für die Versicherer. Sie müssten die Bürger stärker von den Vorteilen einer solchen Versicherung überzeugen. "Gleichzeitig sollte die Politik die Notwendigkeit der privaten Vorsorge verstärkt thematisieren und wirksamer fördern als bisher", fordert der Experte.
In den besonders relevanten Altersgruppen zwischen 25 und 54 Jahren sei bis 2060 ein Rückgang um 10,7 Millionen Menschen zu erwarten. Unter Annahme unveränderter Prävalenzraten, Zahl der Verträge pro Person und durchschnittlichem Beitrag pro Vertrag müssten die Versicherer deshalb insgesamt mit einem Prämienrückgang in Höhe von über 15 Milliarden Euro bis 2060 rechnen – ein Minus von 31 Prozent. Gehe man von einem bereits gesättigten Markt für Biometrie-Policen aus, würde die Branche bis dahin sogar knapp 19 Milliarden Euro Prämieneinnahmen verlieren.
Diese Entwicklung mache den Markt für die Versicherer zunehmend unattraktiver. Ein Rückzug der Unternehmen ziehe allerdings schwere politische sowie gesellschaftliche Folgen nach sich.
Kundenkontakt um den Vertragsabschluss muss angenehmer werden
Eine Stellschraube, an der die Versicherer drehen könnten, sei der Kundenkontakt vor und bei Vertragsabschluss. Wadim Doulger, Senior Manager bei KPMG: "Wenn es Versicherern gelingt, hier ein Kundenerlebnis zu schaffen, können neue Kunden gewonnen und damit die Penetrationsquoten in den entscheidenden Altersgruppen gesteigert werden." Entscheidende Faktoren seien breite Informationsangebote vor Vertragsabschluss und ein möglichst unkomplizierter, digitaler Vertragsabschluss.
Nicht nur Neukunden auch die Bestandskunden verdienten Aufmerksamkeit, so die Studie. "In Zeiten schrumpfender Einnahmen und immer strengerer Regulierung ist ein kapitalschonender Umgang mit dem Bestand ein Thema, das inzwischen auf der Agenda der Versicherer ganz oben steht", so Stefan Heyers, Partner bei KPMG. Das Thema sei in der Branche bekannt, werde aber bisher nur zögerlich genutzt. Es gebe dabei nicht eine umfassende Lösung, stattdessen gehe es um viele kleine Maßnahmen, "um das Optimum aus dem bestehenden Portfolio herauszuholen."
Autor(en): Versicherungsmagazin.de