Schon oft totgesagt, ist die Lebensversicherung zwar gebeutelt, aber noch am Leben. Auf der MCC-Fachkonferenz "Lebensversicherung aktuell - Cah-Cow oder Auslaufmodell?", referierte Moderator Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer des Analysehauses Morgen & Morgen, dass die Garantien der LV seit Jahren sinken und somit die Verzinsung ebenfalls nach unten geht, die LV sich im Neugeschäft gegenüber fondsgebundenen Policen in den vergangenen Jahren positiv entwickelt hat. Entschieden sich 2008 rund 59 Prozent der Neukunden für eine klassische LV-Police und 41 Prozent für ein Fondsprodukt, lag das Verhältnis 2012 bei 76 Prozent zu 24 Prozent. "Kunden präferieren Sicherheit", kommentierte Schinnenburg das Ergebnis. Nicht alle Häuser können sich über eine gutes Ergebnis im vergangenen Jahr freuen. Der Morgen & Morgen-Experte erläuterte, dass sich der LV-Markt immer stärker differenziere.
"Das Schiffchen Lebensversicherung befindet sich in schwerem Fahrwasser", sagte Dr. Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung. Das politische Umfeld für die LV sei derzeit schlecht, denn die Politik greife immer stärker in die Produktentwicklung ein und versuche den Versichereren vorzuschreiben, wie kalkuliert werden solle. Bader kritisierte, dass die Regulierer in Europa nicht verstünden, wie das Geschäftsmodell der deutschen Lebensversicherer funktioniere. Druck von Verbraucherschutz, Öffentlichkeit und Rechtsprechung führe zur Stärkung des Individuums gegenüber dem Versichertenkollektiv beispielsweise durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Beteiligung an den stillen Reserven. "Das Kollektiv hat keinen Fürsprecher", lautete seine Kritik.
Zusammengenommen stellten die vielfältigen Probleme das Geschäftsmodell der Branche in Frage. Die Lebensversicherer reagierten mit Fluchtreflexen: weg vom Granatierzins, hin zu mehr Biometrie, zu ertragreicheren Produkten und versteckten Ertragsquellen. Bader warnte die Zuhörer davor, sich unkritisch auf Fondspolicen zu konzentrieren. Die Risiken dieser Produkte seien etwa der drohende Wegfall des Steuerprivilegs (an dem die Fondsindustrie schon lange arbeite), das Verbot von Kick-Backs sowie Haftungsrisiken durch Falschberatung. Fondspolicen seien ebenso wie biometrische Produkte eine eine "nette" Beimischung, nicht mehr. Eine Kernkompetenz der LV sei, den Kunden kontinuierliche Garantien zu sichern. Dies unterscheide sie von Banken und Fondsgesellschaften. Wenn Versicherer den Kreditinstituten immer ähnlicher würden, führe dies in die Bedeutungslosigkeit. Die Branche müsse an Garantien festhalten, diese sollten aber rentierlich gestaltet werden und weiterentwickelt sowie flexibler werden.
Auch an die eigene Nase fassen
Bezüglich Transparenz, Kosten und Fairness bestehe zwischen Produktentwicklung und Außendarstellung eine Lücke, meinte der Stuttgarter-Vorstand. Die oft sehr komplexen Produkte würden die Kunden überfordern, würden als intransparent und die Kosten häufig als unfair angesehen werden. Die Versicherungsnehmer erwarteten zunehmend eine faire und transparente Aufteilung der Erträge zwischen sich und den Unternehmen. "Ein bisschen müssen wir uns an die eigene Nase fassen", räumte er ein, denn die Branche zeichne sich nicht durch Offenheit aus. Die deutschen Lebensversicherer seien gezwungen, ihre Produkte weiterzuentwickeln, nicht nur hinsichtlich der Garantien. Weitere Baustellen seien Transparenz und Verständlichkeit, die Reduktion von Komplexität sowie Fairness bei Kosten und Ertragsaufteilung. Wenn diese "Flucht nach vorn" nicht gelinge, drohe der Staat regulierend einzugreifen.
Dr. Johannes Lörper, Vorstandsmitglied der Ergo Lebensversicherung, bescheinigte der deutschen LV ein massives Problem, denn es werde künftig schwer für die Versicherer, die gegebenen Garantien zu halten. Lörper machte auf das Problem des Cash-Lock aufmerksam, das droht, wenn es zu einer Inflation kommt. Dann werde die LV nicht kurzfristig mit den steigenden Zinsen mitziehen können. Lörper plädierte für eine Veränderung der klassischen LV-Produkte: "Wir müssen die Garantien weniger langfristig halten". Eine Lösung könne sein, die Garantien in Abschnitten zu gewähren. Angesichts der gestiegenen Lebenserwartung sei es heute unrealistisch, eine Garantie für die kommenden 70 Jahre zu geben. Einmal abgesehen von der Inflation, wisse niemand, was in einer so langen Zeitspanne geschehen könne.
Mehr zur Veranstaltung können Sie in der Märzausgabe von Versicherungsmagazin lesen.
Bildquelle: @Peter Kirchhoff/http://www.pixelio.de/
"Das Schiffchen Lebensversicherung befindet sich in schwerem Fahrwasser", sagte Dr. Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung. Das politische Umfeld für die LV sei derzeit schlecht, denn die Politik greife immer stärker in die Produktentwicklung ein und versuche den Versichereren vorzuschreiben, wie kalkuliert werden solle. Bader kritisierte, dass die Regulierer in Europa nicht verstünden, wie das Geschäftsmodell der deutschen Lebensversicherer funktioniere. Druck von Verbraucherschutz, Öffentlichkeit und Rechtsprechung führe zur Stärkung des Individuums gegenüber dem Versichertenkollektiv beispielsweise durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Beteiligung an den stillen Reserven. "Das Kollektiv hat keinen Fürsprecher", lautete seine Kritik.
Zusammengenommen stellten die vielfältigen Probleme das Geschäftsmodell der Branche in Frage. Die Lebensversicherer reagierten mit Fluchtreflexen: weg vom Granatierzins, hin zu mehr Biometrie, zu ertragreicheren Produkten und versteckten Ertragsquellen. Bader warnte die Zuhörer davor, sich unkritisch auf Fondspolicen zu konzentrieren. Die Risiken dieser Produkte seien etwa der drohende Wegfall des Steuerprivilegs (an dem die Fondsindustrie schon lange arbeite), das Verbot von Kick-Backs sowie Haftungsrisiken durch Falschberatung. Fondspolicen seien ebenso wie biometrische Produkte eine eine "nette" Beimischung, nicht mehr. Eine Kernkompetenz der LV sei, den Kunden kontinuierliche Garantien zu sichern. Dies unterscheide sie von Banken und Fondsgesellschaften. Wenn Versicherer den Kreditinstituten immer ähnlicher würden, führe dies in die Bedeutungslosigkeit. Die Branche müsse an Garantien festhalten, diese sollten aber rentierlich gestaltet werden und weiterentwickelt sowie flexibler werden.
Auch an die eigene Nase fassen
Bezüglich Transparenz, Kosten und Fairness bestehe zwischen Produktentwicklung und Außendarstellung eine Lücke, meinte der Stuttgarter-Vorstand. Die oft sehr komplexen Produkte würden die Kunden überfordern, würden als intransparent und die Kosten häufig als unfair angesehen werden. Die Versicherungsnehmer erwarteten zunehmend eine faire und transparente Aufteilung der Erträge zwischen sich und den Unternehmen. "Ein bisschen müssen wir uns an die eigene Nase fassen", räumte er ein, denn die Branche zeichne sich nicht durch Offenheit aus. Die deutschen Lebensversicherer seien gezwungen, ihre Produkte weiterzuentwickeln, nicht nur hinsichtlich der Garantien. Weitere Baustellen seien Transparenz und Verständlichkeit, die Reduktion von Komplexität sowie Fairness bei Kosten und Ertragsaufteilung. Wenn diese "Flucht nach vorn" nicht gelinge, drohe der Staat regulierend einzugreifen.
Dr. Johannes Lörper, Vorstandsmitglied der Ergo Lebensversicherung, bescheinigte der deutschen LV ein massives Problem, denn es werde künftig schwer für die Versicherer, die gegebenen Garantien zu halten. Lörper machte auf das Problem des Cash-Lock aufmerksam, das droht, wenn es zu einer Inflation kommt. Dann werde die LV nicht kurzfristig mit den steigenden Zinsen mitziehen können. Lörper plädierte für eine Veränderung der klassischen LV-Produkte: "Wir müssen die Garantien weniger langfristig halten". Eine Lösung könne sein, die Garantien in Abschnitten zu gewähren. Angesichts der gestiegenen Lebenserwartung sei es heute unrealistisch, eine Garantie für die kommenden 70 Jahre zu geben. Einmal abgesehen von der Inflation, wisse niemand, was in einer so langen Zeitspanne geschehen könne.
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Bildquelle: @Peter Kirchhoff/http://www.pixelio.de/
Autor(en): Alexa Michopoulos