Lebensversicherung: Druck auf Abschlusskosten

Der GDV hat für Unruhe gesorgt mit seinem Vorschlag, die Provisionen zu begrenzen. Maklerpools und Maklerversicherer argumentieren mit den höheren Kosten als Preis für höhere Qualität. Die Probleme liegen aber noch woanders.

Die Empörung ist unverändert groß über die Pläne, die von einem Ausschuss innerhalb des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zur Begrenzung von Provisionen und Courtagen erarbeitet und dem Lebensversicherungs-Ausschuss vorgestellt wurden, aber nicht wie geplant geheim blieben. Danach sollten die Provisionen auf maximal 40 Promille begrenzt und die Stornohaftungszeiten je nach Provisionshöhe verlängert werden auf bis zu zehn Jahre.

Höherer Aufwand, aber auch bessere Wettbewerbsposition
In einer Stellungnahme des Volkswohl Bundes wird „eine Begrenzung der erfolgsabhängigen Vergütung für wettbewerbsverzerrend und damit unsachgemäß“ gehalten, das Unternehmen lehnt diese Pläne ab. Auch die Maklerpools haben sich auf Initiative des Verbands AfW in einer „Berliner Erklärung“ gegen die Pläne gewendet.

Die Argumentation lautet, dass Provisionsbegrenzungen vor allem zulasten von Maklern und Mehrfachvertretern gehen, weil im Ausschließlichkeitsvertrieb zahlreiche Zusatzleistungen neben der Provision geleistet werden, wohingegen der freie Vermittler seine Ausbildung oder seine Infrastruktur selbst bezahlen muss. Auch wird darauf hingewiesen, dass vor allem Makler einen höheren Aufwand als Ausschließlichkeitsvertreter betreiben müssen, was die Markt- und Produktauswahl angeht. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass Makler daraus auch einen beachtlichen Wettbewerbsvorteil generieren, wie die Entwicklung der Marktanteile gerade in der Lebensversicherung der vergangenen Jahrzehnte zeigt.

Problem außerrechnungsmäßige Abschlusskosten
Das Problem der Lebensversicherung liegt nicht unmittelbar in der Höhe der Provisionen und Courtagen, sondern in der Gesamthöhe der Abschlusskosten. Diese enthalten auch den Aufwand des Versicherers in Zusammenhang mit einem Abschluss – übrigens sicher auch erhebliche Kosten für Ausbildung und Unterstützung von freien Vermittlern.
'
Nach der Deckungsrückstellungsverordnung dürfen maximal 40 Promille Abschlusskosten in die Lebensversicherung einkalkuliert werden, tatsächlich liegt der Durchschnitt der Abschlusskosten aber bei 49,8 Promille, wie der Map-Report in seiner aktuellen „Bilanzanalyse Deutscher Lebensversicherer (842-844)“ für 2012 vorrechnet. Für das Jahr 2011 hat die Aufsichtsbehörde BaFin laut einem Beitrag von Hermann Weinmann in der Zeitschrift für Versicherungswesen (Heft 18/2013) einen Verlust aus außerrechnungsmäßigen Abschlusskosten von 1,962 Milliarden Euro festgestellt.

Dieser Verlust wird bisher jedenfalls durch einen Gewinn aus Verwaltungskosten von 3,143 Milliarden Euro (2011) mehr als ausgeglichen. Das funktioniert allerdings nur so lange, wie die Verwaltungskosten kalkulatorisch erheblich höher angesetzt werden als notwendig. „Die Branche lebt dadurch recht gut mit jährlichen Abschlusskostenverlusten in Milliardenhöhe“, so Weinmann. Der Anteil der Verwaltungskosten an den laufenden Beitragseinnahmen der Lebensversicherer beträgt laut Map-Report im Branchendurchschnitt bei 2,4 Prozent.

Wenn das Zinsergebnis weiter schrumpft, den Kunden Anteile an nur scheinbar vorhandenen Bewertungsreserven mitgegeben werden müssen und obendrein der Garantiezins 2015 möglicherweise weiter gesenkt wird, können sich die Versicherer derart hohe Verluste aus Abschlusskosten nicht weiter leisten.

Hausaufgaben machen – und keine Fangprämien mehr zahlen

Zum einen betrifft dies einzelne Versicherer, wie der Map-Report deutlich macht. Gewinne aus Verwaltungskosten macht grundsätzlich nur, wer mit niedrigen Verwaltungskosten auskommen kann. Die Bandbreite der Verwaltungskosten liegt 2012 allerdings bei 0,66 Prozent (Cosmos) bis zu 11,5 Prozent (Plus). Den Ausgleichsfaktor Verwaltungskostengewinne braucht aber auch nur wieder, wer Verluste bei den Abschlusskosten macht. Hier reichen die vom Map-Report aufgezeigten Quoten von 0,76 Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts (Hansemerkur24) bis zu 18,44 Prozent (myLife).

Zum anderen ist die Branche insgesamt betroffen und muss sich von lieb gewonnenen Geldquellen verabschieden. Dazu gehört beispielsweise die „Fangprämie" für umgedeckte Lebensversicherungen. In den vor einigen Jahren überarbeiteten Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft gab es noch ein Provisionsverbot für umgedeckte Lebensversicherungen. Doch dies erschien – vor der Finanzkrise – als nicht mehr dem Zeitgeist entsprechend, nach dem in einem freien Wettbewerb ein jederzeitiger Wechsel möglich und sogar erwünscht sein soll.

Vermittlungshonorar direkt in Rechnung stellen
Ein mutiger Schritt wäre zudem, die Abschlusskosten ganz aus der verbindlichen Kalkulation auszuklammern. Der Wettbewerb könnte selbst regeln, eine wie hohe Vergütung sich beim Kunden durchsetzen lässt. Diese kann vor allem im Vertretervertrieb auf den Preis einer Nettopolice aufgeschlagen zu einer individuellen Bruttoprämie werden. Dagegen könnte ein Makler sich alternativ entscheiden, seine Vergütung zusätzlich zur Nettopolice als Vermittlungshonorar direkt dem Kunden in Rechnung zu stellen.
Allerdings dürfen dann Verbraucherschutz und Politik nicht anschließend über einen Transparenzverlust für den Verbraucher lamentieren, was die Vergleichbarkeit von Brutto- und von Nettotarifen einschließlich der dann zeitlich anders verteilten Vergütungen angeht. Alles haben kann man nicht, auch nicht in der Lebensversicherung.

Autor(en): Matthias Beenken

Alle Branche News