Lebensversicherer: Neues Geschäftsmodell verzweifelt gesucht

Die Lebensversicherung steckt in einem Dilemma: Auf der einen Seite verweigern sich weite Teile der Bevölkerung der privaten Altersvorsorge, obwohl sie deren Notwendigkeit stärker erkennen und das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung immer mehr schwindet. Auf der anderen Seite suchen die Versicherer nach Lösungen, wie sie mit der Niedrigzinsphase umgehen.

47 Prozent der Bevölkerung in Deutschland glauben, dass sie im Alter einen schlechteren Lebensstandard haben werden als heute, erläuterte Peter Matuschek vom Marktforschungsinstitut forsa Umfrageergebnisse, die er bei der Tagung "Aktuelle Entwicklungen in der Lebensversicherung" des Instituts für Versicherungswissenschaft an der Universität Leipzig am 12. November in Köln vorstellte. Nur 24 Prozent glauben, dass die gesetzliche Rentenversicherung gesichert sein wird. Und sogar 90 Prozent der Deutschen sind davon überzeugt, dass die bestehenden Reformen nicht ausreichen werden, das Rentensystem auf eine neue Grundlage zu stellen.

Geldmangel Grund für mangelnde Vorsorge
Die Brisanz des Themas sei in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen, erklärte Matuschek. Trotz dieser Einschätzung haben nur 23 Prozent Interesse an einer privaten oder betrieblichen Altersvorsorge, 28 Prozent etwas Interesse und 46 Prozent gar kein Interesse. Bei der Frage nach dem Warum sagten 77 Prozent der befragten, dass Geldmangel der Grund für keine oder mangelnde Vorsorge sei. 39 Prozent meinten, sie hätten Zweifel an der Sicherheit der Anlageprodukte.

Klassische Produkte auf dem Rückzug
Wie die Lebensversicherer mit dem Problem Niedrigzins umgehen wollen, erläuterten Joachim Maas (Vorstandsvorsitzender Volkswohl Bund), Marcus Nagel (CEO Life Zurich Deutschland) und Professor Dr. Kurt Wolfsdorf (Präsident International Actuarial Association). Maas setzt dabei auf Lebensversicherungsprodukte mit alternativen Zinsgarantien ohne Garantiezins und ohne Rentengarantiefaktor. Wegen der risikobasierten Solvenzanforderungen von Solvency II möchte Nagel sich von den Garantien im klassischen System weitgehend zurückziehen. Garantieprodukte will die Zurich nur noch in einer Konsortiallösung anbieten.

Wolfsdorf sprach sich für risikoadjustierte Überschussbeteiligungen aus und begründete dies mit dem Paragrafen 153 VVG. In Satz 2 heißt es dort: "Der Versicherer hat die Beteiligung an dem Überschuss
nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen; andere vergleichbare angemessene Verteilungsgrundsätze können vereinbart werden."

Fazit ist, dass die Zeit der klassischen Lebenprodukte dem Ende entgegengeht, da die Versicherer feststehende Garantien in der langen Laufzeit infolge der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht mehr garantieren wollen oder können. Solvency II verstärkt dies auch noch. Zwischen den extremen Klassik und reine Fondslösungen werden sich in den nächsten Jahren weitere neue Modelle mit Abschnittsgarantien entwickeln.

Bildquelle: © Torben Wengert/

Autor(en): Bernhard Rudolf

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