Lebensversicherer mit durchwachsener Bilanz

Die deutschen Lebensversicherer bringen es in diesem Jahr voraussichtlich nur auf 1,5 Prozent Wachstum und damit deutlich weniger als erhofft. Über alle Sparten laufen die Versicherer auf ein Beitrags-Plus von 3,5 Prozent hinaus, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in seiner vorgezogenen Bilanz für 2004.

Auf der GDV-Mitgliederversammlung hatte GDV-Präsident Dr. Bernhard Schareck vor einigen Tagen in Berlin berichtet, dass das Geschäft der Lebensversicherer im laufenden Jahr so gegenläufig war wie noch nie. In den ersten drei Quartalen herrschte weitgehend Zurückhaltung der Kunden, was zu einem Minus von 7,1 Prozent der Beitragseinnahmen aus dem Neugeschäft führte. Im letzten Quartal sei nun "stürmisches Aufholen" zu beobachten. Unterm Strich führten Neugeschäft und Abgänge (Stornoquote: 5,6 Prozent des mittleren Bestandes) bislang dazu, dass das Vorjahresergebnis von 46,9 Milliarden Euro Beitragseinnahmen nach drei Quartalen exakt wiederholt wurde. Hinzu kämen noch gut 1,2 Milliarden Euro bei Pensionskassen und –fonds, deren Einnahmen steil nach oben zeigten.

Insgesamt werde es schwierig, das noch im Frühjahr 2004 vom GDV erwartete Wachstum von 3,5 Prozent für das gesamte Jahr 2004 zu erreichen. "Denn Verträge gegen laufenden Beitrag entfalten erst im folgenden Geschäftsjahr ihre volle Wirksamkeit, und dies ja um so stärker, je später sie abgeschlossen werden und je höher der Anteil der Verträge gegen Monatsbeiträge ist", so Schareck.

Die schwache Börse konnte den Lebensversicherern insgesamt nicht viel anhaben. "Die Finanzaufsicht sieht keinen Anlass zur Besorgnis", sagte Schareck, wohl wissend, dass mehrere Unternehmen die Stresstests nicht bestanden haben. So hatte BaFin-Präsident Jochen Sanio Mitte des Jahres berichtet, dass jedes zehnte durchgefallen sei. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der amtliche Stresstest in diesem Jahr deutlich entschärft worden war. Jetzt wird beim Szenario A so gerechnet, als würden entweder die Aktien um 35 Prozent einbrechen oder die Kurse Festverzinslicher um 10 Prozent zurückgehen. Im Vorjahr wurde noch unterstellt, dass beides gleichzeitig eintrifft. Die Agentur FitchRatings rechnet auch weiterhin den härteren Stresstest. Prompt sind dort 45 der 93 analysierten Gesellschaften durchgefallen. Ist das wirklich kein Anlass zur Besorgnis?

Der GDV geht davon aus, dass die stillen Lasten Ende 2004 fast vollständig abgebaut sein werden und die Reservebildung wieder in Gang kommt. Ende 2003 lagen die Bewertungs-Reserven bei etwa 1,5 Prozent der Kapitalanlagen; Ende 2004 würden sie voraussichtlich bei 2,0 bis 2,5 Prozent des Kapitalanlagebestandes liegen. Hinzu kämen erhebliche Reserven in Namens-Schuldverschreibungen, Schuldscheindarlehen und Hypotheken.

In den nächsten Wochen – Stichtag: 10. Dezember 2004 – wird die Gewinnbeteiligung der Kunden für 2005 deklariert. Bei anhaltend niedrigen Zinsen und magerer Performance der Aktienmärkte rechnet der GDV damit, dass im Marktdurchschnitt mit etwa 4,3 Prozent Verzinsung das Niveau des laufenden Jahres gehalten werde. In der privaten Rentenversicherung werde sich die gestiegene Lebenserwartung niederschlagen. Die Einführung einer neuen Sterbetafel führe dazu, dass der Beitrag für Verträge, die im kommenden Jahr abgeschlossen werden, um acht bis 15 Prozent steigt.

Die erforderlichen Reserven für die Erfüllbarkeit laufender Verträge nehme die Branche aus dem Rohüberschuss. Drei Milliarden Euro, ein Drittel des Rohüberschusses, würden dazu veranschlagt. Damit schränke sich aber auch der Spielraum ein, über die Garantierente hinaus in gewohntem Maße künftige Rentensteigerungen zu finanzieren. Insgesamt werden die privaten Renten "häufig sogar auf dem bisher erreichten Niveau verharren", meint Schareck.

Die wirtschaftliche Lage der Versicherungswirtschaft sei insgesamt verhältnismäßig gut. Die Branche sollte 2004 ein Beitrags-Wachstum von 3,5 Prozent erzielen können. Das Wachstum werde jedoch nicht von den Lebensversicherern getragen, sondern von den privaten Krankenversicherern getragen. Deren Beitragseinnahmen stiegen voraussichtlich auf 26,5 Milliarden Euro (+ 6,9 Prozent).

Autor(en): Detlef Pohl

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