Für ihre Kapitalanlagen haben die deutschen Lebensversicherer 2017 insgesamt eine höhere Durchschnittsverzinsung erzielt. Das geht aus dem neuen Map-Report "Bilanzanalyse deutscher Lebensversicherer 2017" hervor.
Während im Schnitt die laufende Durchschnittsverzinsung 2016 bei 3,4 Prozent lag, stieg sie im Folgejahr auf 3,6 Prozent. Davon profitieren auch Kunden, die Gelder in klassischen und Hybridprodukten angelegt haben. Gleichzeitig gibt es große Unterschiede zwischen den Anbietern. Während Marktführer Allianz beispielsweise eine laufende Durchschnittsverzinsung von 4,6 Prozent erzielt, liegt sie bei der Alten Leipziger nur bei 2,6 Prozent (siehe Übersicht: Die 20 größten Lebensversicherer).
Kennzahlen kritisch bewerten
Reinhard Klages, Chefredakteur des Reports weist daraufhin, dass die Kennzahl "laufende Durchschnittsverzinsung" mittlerweile aussagekräftiger ist als die "Nettoverzinsung". Ein Teil der Erträge aus Kapitalanlagen werde als "Gewinne aus dem Abgang aus Kapitalanlagen" bilanziert und beinhalte die Realisierung von Bewertungsreserven. "Für das, angesichts anhaltend niedriger Marktzinsen, außerordentlich hohe Resultat der Nettorendite ist die verstärkte Auflösung von Bewertungsreserven verantwortlich", heißt es im "Map-Report". Die Analysten haben daher auch eine um die Zinszusatzreserve bereinigte Nettorendite berechnet, bewerten den Aussagewert dieser Kennzahl aber kritisch.
Demgegenüber erfasse die Kennzahl "laufende Durchschnittsverzinsung" alle laufenden Erträge und Aufwendungen aus Kapitalanlagen. Damit bleiben außerordentliche Erträge und Aufwendungen, etwa Gewinne aus dem Verkauf von Vermögensanlagen, Abschreibungen aufgrund von Kursverlusten sowie Sonderabschreibungen unberücksichtigt. Dennoch ist auch diese Kennzahl nur ein Hilfsmittel um die Stärke eines Lebensversicherers einzuschätzen. Grund: Die Abschreibungen auf Grundstücke fließen in die Berechnung ein. Das führe dazu, dass Versicherer mit einem hohen Grundbesitzanteil in der Regel eine vergleichsweise niedrigere Quote ausweisen würden.
Insgesamt ist aber die Analyse, die auf 150 Seiten viele Kennzahlen der 82 untersuchten Lebensversicherer darstellt, vor allem für Versicherungsmakler ein wichtiges Informationsmedium. Neben klassischen Bilanzkennzahlen wie Nettorendite, Verwaltungskosten- und Abschlusskostenquote, Beitragseinnahmen, Marktanteilen, Stornoquoten und weiteren Kennziffern bilden Bestands- und Neugeschäftsentwicklungen einen Analyse-Schwerpunkt. Autor Klages erinnert Versicherungsmakler daran, dass sie schon aus haftungsrechtlichen Gründen laut § 60 VVG verpflichtet sind, sich "eine hinreichende Übersicht über den Markt und die Anbieter zu verschaffen."
Viele Verträge beitragsfrei gestellt
Aufgedeckt werden auch Branchentrends. Insgesamt stagniert, trotz 4,96 Millionen neu verkauften Hauptversicherungen, das Geschäft. Insgesamt wurden rund 126.000 Policen weniger als im Vorjahr abgesetzt. Das entspricht einem Minus von 2,5 Prozent. Kennzahlen sollten aber immer nur im Kontext betrachtet werden. So sinkt zwar in jeder Sparte der Lebensversicherung die Kündigung von Verträgen (Stornoquote). Doch gleichzeitig werden mehr Verträge beitragsfrei gestellt. Hier gibt es über alle Sparten eine steigende Tendenz. Mehr als jeden vierten Vertrag wollten oder konnten die Kunden nicht mehr bedienen.
Konkret lag die Quote der beitragsfreigestellten Policen im Marktschnitt bei 27,4 Prozent. Doch auch hier relativiert der Map-Report seine eigene Kennzahl, indem er davor warnt, die Werte der Beitragsfreistellung über zu bewerten. Die Kennzahl sollte immer im Zusammenhang mit dem Bestand betrachtet werden. Trotzdem zeigt die Entwicklung, dass viele Versicherer und Vermittler ihre Kunden nicht vom langfristigen Sparen überzeugen können oder ihnen unpassende Produkte verkauft wurden. Problematisch ist auch immer noch die hohe Kostenbelastung der Vorsorgeprodukte: "2017 lag die Abschlusskostenquote der Lebensversicherer wie im Vorjahr stabil bei 4,7 Prozent", so der "Map-Report".
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek