"Digitalisierung" ist das Buzzword, das bei den meisten Versicherern seit einiger Zeit die Agenda bestimmt. Auch die Kommunikation mit Kunden ist von dieser Entwicklung betroffen. Wie der Digitalverband Bitkom unlängst ermittelt hat, schneidet die Versicherungsbranche bei der digitalen Kontaktaufnahme grundsätzlich schon recht gut ab. Im Schadens- oder Leistungsfall etwa, bei Vertrags- oder Stammdatenanpassungen oder bei Nachfragen zeigen sich die Befragten mit der digitalen Kommunikation zufrieden.
Wer allerdings im Schadensfall Geld von seinem Versicherer sehen wollte, kam nur in sechs Prozent der Umfrageergebnisse allein über digitale Wege ans Ziel. Befragt wurden hierfür 1.004 volljährige Personen in Deutschland.
Doch am liebsten telefonieren
Von jenen, die in den vergangenen zwei Jahren Kontakt zu ihrem Versicherer hatten, bewerteten rund zwei Drittel ihren Kontakt per Smartphone-App mit gut oder sehr gut. Das gleiche Feedback gaben 64 Prozent über den Text-Chat auf der Website ab, 63 Prozent über entsprechende Messenger-Apps. Klassische Online-Kontaktformulare und die persönliche Beratung in Büro oder Filiale goutieren die Versicherungsnehmer der Befragung mit 61 beziehungsweise 60 Prozent, Kontakt per Telefon und Email stoßen immerhin noch bei 57 und 54 Prozent auf Gegenliebe.
Doch während in der aktuellen Corona-Phase Video-Chats sowie die Kommunikation in den sozialen Medien interessant für Versicherer geworden sind, empfinden nur etwa 40 Prozent der Befragten diesen Weg der digitalen Kommunikation mit ihrem Versicherer als "gut" oder "sehr gut". Stattdessen griffen 84 Prozent von ihnen lieber zum Hörer, wenn sie die Wahl hätten. Eine Beratung vor Ort bevorzugen immerhin noch 49 Prozent.
Nachfrage nach digitaler Beratung steigt
Immer wieder stellen Studien dieser Art auch die Kommunikationspräferenzen der 18- bis 29-Jährigen heraus. Sie zeigen regelmäßig einen stärkeren Hang zu digitalen Kommunikationsmitteln, die sie von ihren Smartphones aus nutzen können: E-Mail, Messenger, Video-Chat, Smartphone-App. Selten wird in diesem Zusammenhang aber Bezug genommen auf die Anzahl abgeschlossener Versicherungen, der damit verbundene Geldwert sowie bereits eingetretene Schadensfälle.
Bleibt man in der digitalen Welt, wird das Echo zugunsten digitaler Beratung sogar noch lauter. Wie das Vergleichsportal Check24 erhoben hat, sei während der Corona-Pandemie die Nachfrage nach digitaler Beratung zu Vorsorge-Policen, also Berufsunfähigkeits-, Renten- und Risikolebensversicherungen, um 50 Prozent gestiegen. Gleiches habe das Portal bei Screensharing zur Beratung und bei der digitalen Unterschrift bei Abschluss festgestellt. "Während der Corona-Pandemie stellen wir fest, dass diese Art der persönlichen Beratung deutlich stärker nachgefragt wird als sonst. Der Versicherungsexperte kommt digital zu den Kunden nach Hause", bekräftigt Björn Zollenkop, Geschäftsführer Vorsorgeversicherungen bei Check24.
Je komplexer das Produkt, desto mehr Nähe wird gewünscht
Lässt sich diese Tendenz zu digitaler Kommunikation der Versicherer auch über die Corona-Phase und die junge Zielgruppe hinaus halten? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Makler? In diesem Zusammenhang verweist Rolf Schünemann, Vorstand des Maklerpools BCA, auf eine Studie, die Michaele Völler, Leiterin Forschungsstelle Versicherungsmarkt am Institut für Versicherungswesen in Köln, unter gut gebildeten 25- bis 39-jährigen durchgeführt hat. Die Studie, auf die Schünemann in der Zeitschrift "Versicherungswirtschaft" Bezug nimmt, zeige, ... dass in Versicherungsfragen der Wunsch nach persönlicher Beratung mit der individuellen Bedeutsamkeit zu Absicherungsfragen und in Kombination mit der Komplexität des Produktes signifikant ansteigt."
Er sieht digitale Kommunikation zum jetzigen Zeitpunkt nicht als vollständigen Ersatz, aber als nützliches Add-on für die künftige Aufstellung im Kundenkontakt: Vertrauen, persönliche Nähe, Empathie und Individualität seien in seinen Augen die entscheidenden Stichworte. Ließe sich persönliche Bindung auch mit den richtigen digitalen Lösungen herstellen, sollten Makler eine digitale Agenda für sich bereithalten.
Autor(en): Swantje Francke