Den Versicherungsvermittlern stehen dramatische Umbrüche bevor, zeigte sich Ingolf Putzbach beim 9. Norddeutschen Versicherungstag in Hamburg überzeugt. Für die Initiative "Finanzplatz Hamburg" haben Fachleute in die Zukunft der Branche gesehen.
Bereits zum neunten Mal hatte die Handelskammer Hamburg zum Norddeutschen Versicherungstag geladen. Der Unternehmensberater Ingolf Putzbach von der Arkwright Consulting AG hatte provokante Thesen im Gepäck, mit denen er ein Positionspapier des Arbeitskreises Versicherungswirtschaft im Finanzplatz Hamburg e.V. zusammenfasste.
Bis 2030 wird sich der Vermittlermarkt drastisch konsolidieren. Nur noch 50.000 der derzeit 260.000 im Vermittlerregister erfassten Vermittler bleiben dabei übrig, zeigte sich Putzbach überzeugt. Dafür nannte er mehrere Gründe wie die steigenden regulatorischen Anforderungen, die Überalterung der Vermittlerschaft und das schlechte Image des Berufsstands, das die Unternehmen vom Nachwuchs immer mehr abschneidet. Außerdem werden die Kunden bei einfachen Versicherungsprodukten in Zukunft keinen Vermittler mehr in Anspruch nehmen, sondern sich gegenseitig über Soziale Netzwerke Produkte empfehlen und diese online abschließen.
Honorarmodelle werden selbstverständlich
Weiter zeigte er sich überzeugt, dass sich bis 2030 Honorarmodelle am Markt durchgesetzt haben werden als gleichberechtigtes Vergütungsmodell neben der Provision. Vermittler müssten dann noch mehr als heute durch fachliche Spezialisierung und Know-how überzeugen. Denn in der komplexen Vorsorgeberatung würden sie weiterhin die wichtigsten Ansprechpartner für die Kunden bleiben.
Gerade Hamburg als wichtiger Standort sowohl für die private als auch gesetzliche Krankenversicherung wird außerdem von den politischen Veränderungen besonders betroffen sein. Putzbach zeigte sich überzeugt, dass es in den nächsten Jahren zur Bürgerversicherung kommen und die Vollversicherung auslaufen wird. Aufgrund der wachsenden Finanzprobleme der Sozialversicherung werde aber der Leistungskatalog deutlich ausgedünnt und dadurch Raum für ergänzende private Versicherung geschaffen.
PKV hätte Provisionsexzesse selbst bekämpfen müssen
Dieser Einschätzung widersprach allerdings Peter Ludwig, Vorstand der HanseMerkur Versicherungsgruppe. Er zeigte sich überzeugt, dass es beim dualen Krankenversicherungssystem bleiben wird, aber die Konvergenz zwischen den gesetzlichen und privaten Systemen zunimmt. Ludwig verteidigte die Politik seines Hauses, weiterhin günstige Einsteigertarife anzubieten. Es gebe Bedarf dafür, und in einem freiheitlichen System sollte der Kunde entscheiden und nicht bevormundet werden. Allerdings müsse ein Krankenversicherer sehr genau hinsehen, welche Kunden er dabei gewinnt, die Kalkulation sowie die Zahlungsmoral im Auge behalten.
Kritik äußerte Ludwig daran, dass es die PKV nicht selbst geschafft hat, Provisionsexzesse abzustellen und den Gesetzgeber zur Hilfe geholt hat. Hier sei ein Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen worden, ohne sie zu fragen, beschwerte sich auch Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V.
Ohne Internet geht nichts mehr
Die Ausschließlichkeit wird auch in Zukunft gebraucht, meinte Rainer A. Brand, Vorstand der Volksfürsorge. Allerdings brauchen Einfirmenvertreter einen guten Partner, räumte er ein. Dann aber biete er Vorteile gegenüber dem Makler, weil er sich viel mehr auf den Kunden als auf die Beschaffung von Versicherungsschutz und die Organisation von Prozessen im Vermittlerbetrieb konzentrieren muss.
Stefan Herbst von der Firma RiskEraser, repräsentierte einen ganz neuen Typus Versicherungsvermittler. Kunden wollen selbst entscheiden, welchen Informationskanal sie nutzen, und greifen dabei immer häufiger auf das Internet und auf Soziale Netzwerke zurück. Vermittler müssen lernen, damit umzugehen und entsprechende Prozesse schaffen. Herbst erwartet, dass es bis 2030 Versicherungsprodukte geben wird, die auch der Vermittler endlich verstehen werde – Soziale Netzwerke werden der Treiber hierfür sein.
Weiterbildung ist das A und O
Claudia Kamppeter, Leiterin des Maklervertriebs Nord der Allianz, sieht einen deutlichen Bildungsbedarf bei Versicherungsvermittlern. Die Sachkundeausbildung reicht nicht aus, erst recht nicht für Versicherungsmakler. Das bestätigte auch Claus Markus Götte vom Maklerunternehmen Carl M. Götte KG und dem Verband VGA. Aus seiner Sicht müssen sich auch die Vertriebsführungskräfte der Versicherer qualifizieren, hier gebe es Nachholbedarf.
Breiten Widerspruch gab es aber zu den Thesen des Unternehmensberaters bezüglich der Vergütung. Für Honorarmodelle gebe es im Privatkundenmarkt keinen Bedarf, war nicht nur Svenja Richartz vom Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. überzeugt. Wenn aber der Gesetzgeber Druck in diese Richtung aufbaut und das Provisionsabgabeverbot streicht, muss er nach Meinung der Juristin auch zulassen, dass Vermittler ihre berechtigten wirtschaftlichen Interessen durchsetzen und frei über Vergütungsmodelle entscheiden können, also auch in Kombination von Courtage und Honorar. Das aber wäre für das normale Breitengeschäft der Tod der qualifizierten Beratung, entgegnete Heinz. Denn dort werde dann nur noch über die Provisionsabgabe Geschäft geschrieben. Das aber können sich die meisten Vermittler nicht leisten, die jetzt schon viel zu wenig verdienen.
In einem waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig: Die Branche benötigt dringend ein besseres Ansehen. Das könne aber auch gelingen, wenn alle Beteiligten hieran mitwirken. Dann wird auch 2030 die Vermittlung noch eine spannende Aufgabe sein.
Bild: © Dieter Schütz /
Bereits zum neunten Mal hatte die Handelskammer Hamburg zum Norddeutschen Versicherungstag geladen. Der Unternehmensberater Ingolf Putzbach von der Arkwright Consulting AG hatte provokante Thesen im Gepäck, mit denen er ein Positionspapier des Arbeitskreises Versicherungswirtschaft im Finanzplatz Hamburg e.V. zusammenfasste.
Bis 2030 wird sich der Vermittlermarkt drastisch konsolidieren. Nur noch 50.000 der derzeit 260.000 im Vermittlerregister erfassten Vermittler bleiben dabei übrig, zeigte sich Putzbach überzeugt. Dafür nannte er mehrere Gründe wie die steigenden regulatorischen Anforderungen, die Überalterung der Vermittlerschaft und das schlechte Image des Berufsstands, das die Unternehmen vom Nachwuchs immer mehr abschneidet. Außerdem werden die Kunden bei einfachen Versicherungsprodukten in Zukunft keinen Vermittler mehr in Anspruch nehmen, sondern sich gegenseitig über Soziale Netzwerke Produkte empfehlen und diese online abschließen.
Honorarmodelle werden selbstverständlich
Weiter zeigte er sich überzeugt, dass sich bis 2030 Honorarmodelle am Markt durchgesetzt haben werden als gleichberechtigtes Vergütungsmodell neben der Provision. Vermittler müssten dann noch mehr als heute durch fachliche Spezialisierung und Know-how überzeugen. Denn in der komplexen Vorsorgeberatung würden sie weiterhin die wichtigsten Ansprechpartner für die Kunden bleiben.
Gerade Hamburg als wichtiger Standort sowohl für die private als auch gesetzliche Krankenversicherung wird außerdem von den politischen Veränderungen besonders betroffen sein. Putzbach zeigte sich überzeugt, dass es in den nächsten Jahren zur Bürgerversicherung kommen und die Vollversicherung auslaufen wird. Aufgrund der wachsenden Finanzprobleme der Sozialversicherung werde aber der Leistungskatalog deutlich ausgedünnt und dadurch Raum für ergänzende private Versicherung geschaffen.
PKV hätte Provisionsexzesse selbst bekämpfen müssen
Dieser Einschätzung widersprach allerdings Peter Ludwig, Vorstand der HanseMerkur Versicherungsgruppe. Er zeigte sich überzeugt, dass es beim dualen Krankenversicherungssystem bleiben wird, aber die Konvergenz zwischen den gesetzlichen und privaten Systemen zunimmt. Ludwig verteidigte die Politik seines Hauses, weiterhin günstige Einsteigertarife anzubieten. Es gebe Bedarf dafür, und in einem freiheitlichen System sollte der Kunde entscheiden und nicht bevormundet werden. Allerdings müsse ein Krankenversicherer sehr genau hinsehen, welche Kunden er dabei gewinnt, die Kalkulation sowie die Zahlungsmoral im Auge behalten.
Kritik äußerte Ludwig daran, dass es die PKV nicht selbst geschafft hat, Provisionsexzesse abzustellen und den Gesetzgeber zur Hilfe geholt hat. Hier sei ein Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen worden, ohne sie zu fragen, beschwerte sich auch Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V.
Ohne Internet geht nichts mehr
Die Ausschließlichkeit wird auch in Zukunft gebraucht, meinte Rainer A. Brand, Vorstand der Volksfürsorge. Allerdings brauchen Einfirmenvertreter einen guten Partner, räumte er ein. Dann aber biete er Vorteile gegenüber dem Makler, weil er sich viel mehr auf den Kunden als auf die Beschaffung von Versicherungsschutz und die Organisation von Prozessen im Vermittlerbetrieb konzentrieren muss.
Stefan Herbst von der Firma RiskEraser, repräsentierte einen ganz neuen Typus Versicherungsvermittler. Kunden wollen selbst entscheiden, welchen Informationskanal sie nutzen, und greifen dabei immer häufiger auf das Internet und auf Soziale Netzwerke zurück. Vermittler müssen lernen, damit umzugehen und entsprechende Prozesse schaffen. Herbst erwartet, dass es bis 2030 Versicherungsprodukte geben wird, die auch der Vermittler endlich verstehen werde – Soziale Netzwerke werden der Treiber hierfür sein.
Weiterbildung ist das A und O
Claudia Kamppeter, Leiterin des Maklervertriebs Nord der Allianz, sieht einen deutlichen Bildungsbedarf bei Versicherungsvermittlern. Die Sachkundeausbildung reicht nicht aus, erst recht nicht für Versicherungsmakler. Das bestätigte auch Claus Markus Götte vom Maklerunternehmen Carl M. Götte KG und dem Verband VGA. Aus seiner Sicht müssen sich auch die Vertriebsführungskräfte der Versicherer qualifizieren, hier gebe es Nachholbedarf.
Breiten Widerspruch gab es aber zu den Thesen des Unternehmensberaters bezüglich der Vergütung. Für Honorarmodelle gebe es im Privatkundenmarkt keinen Bedarf, war nicht nur Svenja Richartz vom Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. überzeugt. Wenn aber der Gesetzgeber Druck in diese Richtung aufbaut und das Provisionsabgabeverbot streicht, muss er nach Meinung der Juristin auch zulassen, dass Vermittler ihre berechtigten wirtschaftlichen Interessen durchsetzen und frei über Vergütungsmodelle entscheiden können, also auch in Kombination von Courtage und Honorar. Das aber wäre für das normale Breitengeschäft der Tod der qualifizierten Beratung, entgegnete Heinz. Denn dort werde dann nur noch über die Provisionsabgabe Geschäft geschrieben. Das aber können sich die meisten Vermittler nicht leisten, die jetzt schon viel zu wenig verdienen.
In einem waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig: Die Branche benötigt dringend ein besseres Ansehen. Das könne aber auch gelingen, wenn alle Beteiligten hieran mitwirken. Dann wird auch 2030 die Vermittlung noch eine spannende Aufgabe sein.
Bild: © Dieter Schütz /
Autor(en): Matthias Beenken