Versicherungsmakler müssen sich deutlich digitaler aufstellen. Das ist die einhellige Meinung der Führungsriege des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM). Unterschiedliche Ansichten gibt es darüber, wie lange es dauern wird, bis Versicherungsmakler voll ins digitale Zeitalter eingestiegen sind.
„Wir befinden uns in einer Experimentierphase, die bei vielen Versicherungsmaklern noch rund zehn Jahre dauern kann“, sagte Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand des BDVM anlässlich eines Pressegespräches. Zwar würden viele Versicherungsmakler schon heute, etwa im Belegschaftsgeschäft zur betrieblichen Altersversorgung, stark digital unterwegs sein, doch viele Geschäftsvorgänge seien noch nicht vollautomatisiert und würden daher die Arbeit erschweren. Allgemein gäbe es über die richtige digitale Aufstellung von Versicherungsmakler viel Unsicherheit.
Kooperation mitgestalten
Nach Einschätzung von Hartmut Goebel, Vizepräsident des BDVM und Vorstand beim Verbund GermanBroker.net, stehen vor allem kleine und mittelgroße Makler unter einem großen Veränderungsdruck. „Ohne Kooperationen wird es für sie nicht weitergehen“, so Goebel. Sinnvoll ist es nach Ansicht des Dienstleisters, dass der Versicherungsmakler eine solche Kooperation mitgestalten kann. Aktuell stellt GermanBroker.net seinen Partnern die Technologieplattform Thinksurance kostenfrei zur Verfügung. Die Plattform ist aus dem Vergleichsportal Gewerbeversicherung24 hervorgegangen. Hinsichtlich des Zeithorizonts geht Goebel von einer starken Veränderung innerhalb von drei Jahren aus. Versicherungsmakler sollten intensiv mit Start-ups zusammenarbeiten, forderte BDVM-Präsident Yorck Hillegaart der hautberuflich als Geschäftsführer der Funk-Gruppe arbeitet. Die Makler hätten die Markt- und Sachkenntnis und die neuen Unternehmen das IT-Wissen.
Einig ist man sich beim BDVM aber, dass die persönliche Beratung, vor allem von Firmenkunden weiterhin notwendig bleibt. So könnten weit entfernt ansässige Unternehmen kaum erfolgreich nur online beraten werden. Gleichzeitig möchten immer mehr Kunden über neue Kanäle mit dem Makler ihres Vertrauens in Kontakt treten. „Apps oder Kundenportale würden von den Kunden des modernen Maklers erwartet, wenngleich der Nutzungsgrad noch niedrig ist“, sagte BDVM-Vorstand Holger Mardfeldt vom Versicherungsmakler Martens und Prahl. Zwar seien einige Kooperationsmodelle, wie Inex24, in der Vergangenheit gescheitert, aber der Markt entwickele sich weiter.
Allianz stiftet eigene Software
Mardfeldt: „Der Vorschlag der Allianz, über ein Stiftungsmodell anderen Versicherern zur Nutzung des entwickelten IT-Systems zu bewegen, sorgt für ein Aufhorchen.“ Bis dato sei aber auch dieses Angebot ohne Resonanz geblieben. Lediglich ein Versicherer wolle bisher kooperieren. Aber der Kosten- und Wettbewerbsdruck in der Branche steige und der Kampf um die knappe Ressource „IT-Spezialist“ werde heftiger. Wie stark neue IT schon heute die Praxis bestimmt, zeigte Mardfeldt an Beispielen auf. Aufgrund eines teilweisen Marktaustritts des HDI-Konzerns komme es zu einer Sanierungsphase im Bereich der Feuerindustrieversicherung. „Wir müssen derzeit hochsummige Sach- und Betriebsunterbrechungs-Risiken neu auf mehrere Versicherer aufteilen“, sagte Mardfeldt. Dabei helfe zunehmend Künstliche Intelligenz (KI). So könnte die Abstimmung der zugrunde liegenden Wordings durch den Einsatz von Texterkennungs-KI zeitlich um ein Vielfaches reduziert werden. Gleichzeitig helfe Bilderkennungs-KI im Schadenbereich, in Sekundenbruchteilen den Kaskoschaden am Auto zu taxieren.
Pflicht zur Datenteilung gefordert
Gleichzeitig sei die Branche aber von den GAFAs (Abkürzung für Google, Apple, Facebook und Amazon) bedroht. Durch Feedbackdaten würden die beliebtesten Produkte und Dienstleistungen am schnellsten besser. „Um hier bei der Nutzung und Auswertung von Daten künftig einen fairen Wettbewerb bei der Datennutzung und Datenanalyse zu erreichen, wäre ein regulatorisches Eingreifen sinnvoll“, so Mardfeldt. Der BDVM-Experte fordert daher, dass es eine Pflicht geben muss, Daten zu teilen. „Sobald ein Unternehmen einen Daten-Marktanteil von mehr als zehn Prozent erreicht hat, wäre es verpflichtet, seine Feedbackdaten mit allen Konkurrenten zu teilen, die dies wünschen.“ Denn die Nutzer hätten ja über ihr Feedback diese Daten erst ermöglicht. Nur eine solche Datensharing-Pflicht würde künftig Datenmonopole verhindern.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek