Kommentar: Vorsicht bei der Rückabwicklung von Lebensversicherungen

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Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) können Lebensversicherungen aus den Jahren 1994 bis 2007 oft erfolgreich widerrufen werden. So kann aus einer Fehlinvestition nachträglich ein gutes Geschäft werden. Das sehen nicht nur Verbraucherschützer so, sondern zunehmend auch Vertriebsprofis, die sich dabei gut bezahlen lassen. Rechtsanwalt Alexander Meyer vom Anwaltsbüro 47 aus Augsburg kommentiert diesen Trend.

Mit den Mitteln des Strukturvertriebs nutzten findige Berater die Unkenntnis der Menschen aus, um sich zu bereichern. Wer sich darauf einlasse, bezahle mit hohen Provisionskosten wenig Mehrwert!

Ein Beispiel soll das Problem veranschaulichen:
Die Ausgangssituation:
Ein Versicherungsnehmer hat im Jahre 2000 eine Lebensversicherung abgeschlossen. Die Rendite ist schlecht, der Rückkaufswert ist geringer als der über Jahre einbezahlte Beitrag.
Variante A:
Der Versicherungsnehmer erfährt von der Möglichkeit zum Widerruf. Er informiert sich im Internet und kontaktiert einen spezialisierten Rechtsanwalt. Der erstellt – oft kostenlos – eine Ersteinschätzung zum Vertrag, kümmert sich um Rechtsschutzdeckung und setzt die Ansprüche durch. In der Regel entstehen für den Kunden keine Kosten, weil die Anwaltsgebühren von einer Rechtsschutzversicherung übernommen werden, und zwar auch dann, wenn diese erst neu abgeschlossen wird. Am Ende erhält der Kunde 100 Prozent des erstrittenen Betrages ausbezahlt.

Variante B:
Der Kunde weiß noch nichts von der Möglichkeit zum Widerruf. Ein Berater erzählt ihm von einer Möglichkeit, aus unrentablen Lebensversicherungen durch Widerruf viel Geld herauszuholen. Der Berater kennt auch ein Unternehmen, das sich auf die Rückabwicklung spezialisiert hat und unglaubliche Erfolge erzielt. Das Tolle dabei: dieses Unternehmen arbeitet vollständig auf Erfolgsbasis, es muss nur eine Provisionsvereinbarung unterschrieben werden. Dann wird der Kunde an einen Rechtsanwalt vermittelt, der genau das macht, was in Variante A beschrieben wurde. Am Ende erhält der Kunde hier aber nur ca. die Hälfte des erstrittenen Betrages!

Was unterscheidet die beiden Varianten?
Der Unterschied zeigt sich bei einem Blick auf die Beteiligten:

  • Die Provisionsvereinbarung für das Vermittlungsunternehmen sieht zum Beispiel eine Beteiligung in Höhe von 40 Prozent oder sogar 45 Prozent der Differenz zwischen dem Rückkaufswert der Lebensversicherung und dem am Ende erreichten Auszahlungsbetrag vor.
  • Der Kundenberater wird in der Regel eine Kopfprämie dafür bekommen, dass er die Unterschrift unter die Provisionsvereinbarung holt. 200 Euro Kopfprämie und 20 Prozent Anteil an der Erfolgsprovision dürften realistisch sein.
  • Die beteiligten Rechtsanwälte werden natürlich keine Provision für die Zuweisung der Fälle an das Vermittlungsunternehmen zahlen – das wäre rechtswidrig. Aber zum Beispil für das Einscannen von Unterlagen könnten 20 Prozent bis 40 Prozent der Anwaltsgebühren abgegeben werden – als Dienstleistungsvergütung versteht sich.



Ein Beispiel in Zahlen:

Summe der bisher bezahlten Beiträge
20.000 €
Rückkaufswert der LV
18.000 €
Auszahlung nach Widerruf der LV
35.000 €
Differenz Rückkaufswert/Auszahlung nach Widerruf
17.000 €
Variante A / Variante B
45% Prämie für Vermittlungsunternehmen
- € / 7.650 €
Provision Finanzberater + Kopfprämie 200 Euro
(Wird vom Vermittlungsunternehmen bezahlt)
- € / 1.730 €
Umsatz Rechtsanwalt (bezahlt die RSV)
3.000 € / 3.000 €
Davon 40% für Dienstleistungen des Vermittlers - € / 1.200 €
Ergebnis für den Kunden
35.000 € / 27.350 €
Ergebnis für Vermittlungsunternehmen
- € / 7.120 €
Ergebnis Kundenberater
- € / 1.730 €
Ergebnis Rechtsanwalt
3.000 € / 1.800 €


In diesem Beispiel sieht es so aus, als zahlt der Kunde 7.650 Euro dafür, dass seine Adresse an einen Anwalt weiterverkauft wird, der dafür auch noch einmal 40 Prozent seiner Gebühren abgibt. Welchen echten Mehrwert das Vermittlungsunternehmen für den Kunden bringt, ist schwer zu erkennen, denn der Anwalt muss vom Kunden ohnehin direkt beauftragt und bevollmächtigt werden.

Faktoren, die auf ein zweifelhaftes Angebot hinweisen
Meyer nennt nachfolgend drei Warnsignale, anhand derer zweifelhafte Angebote zur Rückabwicklung einer Lebensversicherung zu erkennen sind:

1. Der Anbieter verlangt eine Erfolgsprovision von 40 Prozent und mehr aus der Differenz zwischen Rückkaufswert und dem nach Widerruf tatsächlich ausbezahlten Betrag.
2. Der Anbieter erklärt, er habe besondere Möglichkeiten, Gerichtsverfahren zu beschleunigen oder Einfluss auf Gerichte zu nehmen und nur seine Anwälte seien auf die Rückabwicklung von Lebensversicherungen spezialisiert,
3. Der Anbieter behauptet, nur er habe Zugang zu Gutachtern, welche die nötigen Berechnung zur Geltendmachung Ihrer Forderungen erstellen könnten.

Auf keinen Fall die Provisionsvereinbarung gleich unterschreiben
Meyer rät den Kunden, wenn sie mit Angeboten konfrontiert würden, die dem hier beschriebenen Beispiel ähneln, sollten sie auf keinen Fall die Provisionsvereinbarung gleich unterschreiben. Lieber sich vorab bei der Verbraucherzentrale, der eigenen Rechtsschutzversicherung oder sonst einer neutralen Stelle informieren, ob das Angebot wirklich korrekt ist.

Textquelle: Anwaltsbüro 47, Rechtsanwalt Alexander Meyer; Bildquelle: © Jens Büttner / dpa

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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