Wie sieht das Risikomanagement in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus und welche Rolle spielen Versicherungsvermittler dabei? Eine Umfrage des Vereins Kubi e.V. und der Fachhochschule Dortmund zum Thema bringt Erstaunliches zu Tage. Sie zeigt, dass die große Mehrheit der KMU existenzgefährdende Risiken unterschätzen. Umso wichtiger ist hier die Unterstützung durch Vermittler.
Die Studienmacher untersuchten folgende Fragestellungen:
- Wie ausgeprägt ist die Risikoneigung von Gewerbetreibenden/Freiberuflern in Deutschland?
- Wie ausgeprägt ist ihre Risikowahrnehmung in Bezug auf typische Gewerberisiken?
- Welche Beratungs- und Betreuungsangebote erhalten Gewerbetreibende/Freiberufler derzeit?
- Welchen Versicherungsschutz haben sie abgeschlossen?
Wenig Bewusstein für gravierende Risiken
Von den befragten KMU schätzen sich rund 36 Prozent als (eher) risikoscheu ein. 40 Prozent geben eine mittlere Risikoneigung und rund 23 Prozent eine (eher) risikofreudige Einstellung an. Das Risikobewusstsein der befragten Unternehmen, geht aber teilweise in die falsche Richtung. Als Risiken die existenzvernichtend sein können wurden
- Tod des Inhabers oder einer Schlüsselperson (53 Prozent)
- Krankheit des Inhabers oder einer Schlüsselperson (47 Prozent)
- Zahlungsausfall (36 Prozent) sowie
- Feuer (33 Prozent) genannt.
"Dagegen werden gravierende, naturgemäß nicht begrenzbare Risiken nicht als solche erkannt", so die Studienautoren. Nur eine Minderheit der Befragten schätzt Haftungsrisiken (28 Prozent) oder spezielle Haftungsrisiken der Manager (23 Prozent) als existenzvernichtend ein. "Bei der Betrachtung des Versicherungsbesitzes der Befragten ist erstaunlich, dass nur 45 Prozent aller befragten KMU nach eigenen Angaben eine Betriebs-/Berufshaftpflichtversicherung besitzen", staunt Autor Professor Matthias Beenken vom Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Dortmund.
Makler betreuen größere Unternehmen
Wie werden die KMU durch Versicherungsvermittler betreut? 33 Prozent sagen, durch einen eine/n Vermittler/-in (33 Prozent), 16 Prozent werden durch mehrere Vermittler beraten. 35 Prozent kaufen ihre Versicherungen direkt beim Versicherer ein und 15 Prozent haben keine Versicherungen abgeschlossen. Bei den Direkteinkäufern sei allerdings unklar, ob damit tatsächlich der so genannte Direktvertrieb gemeint ist, oder auch AO oder angestellte Verkäufer des Versicherungsunternehmens hinzugezählt werden müssen, so die Studienmacher. Auffällig ist, dass vor allem das Handwerk (44 Prozent) und das Gewerbe (41 Prozent) nur von einem einzelnen Vermittler beraten werden.
Die Unternehmen werden am häufigsten von Ausschließlichkeitsvertretern beraten (38 Prozent), gefolgt von Maklern (33 Prozent) und Mehrfachvertretern (26 Prozent). Versicherungs- beziehungsweise Honorarberater spielen keine besondere Rolle. Je größer die KMU sind, desto höher ist auch der Anteil der Mehrfachvertreter und Makler als Hauptvermittler. Häufig abgeschlossene Versicherungen sind, Kfz-Versicherungen (55 Prozent), Rechtsschutzversicherungen (42 Prozent), Gebäudeversicherungen (34 Prozent) sowie Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen (32 Prozent).
Vermittler können sich profilieren
Die Vermittler bieten nach Einschätzung der Befragten neben der klassischen Beratung zu Versicherungsprodukten am häufigsten folgende Risikoberatungen an:
- Haftungsrisiken (53 Prozent)
- Einbruchdiebstahl- (36 Prozent) und Feuerrisiken (35 Prozent)
- IT-/Cyber-Risiken (34 Prozent)
- zu sonstigen betrieblichen/ beruflichen Risiken (44 Prozent).
In der Risikoberatung der KMU liegen Geschäftschancen für Versicherungsvermittler. Denn lediglich 24 Prozent der Befragten besitzen ein eigenständiges Risikomanagement. Dies liegt häufig daran, dass sie sich ein solches nicht leisten können. Hier kommen die Versicherungsbranche und die Versicherungsvermittler und ins Spiel. "Diese leiden ohnehin unter einem eher kritischen Image und werden auch in dieser Stichprobe wohl eher als Verkäufer denn als Berater und Begleiter in Fragen des Risikomanagements wahrgenommen. Dabei könnten sie sich als Experten für Risikoerkennung und Risikomanagement profilieren", so die Studienmacher.
Die Empfehlungen der Experten lauten: Einfache Ansätze zur Stärkung des Risikobewusstseins könnten Betriebsbesichtigungen sowie risikospezifische Beratung und Spezialisierung auf bestimmte Branchen sein. Auch das Empfehlen von Schadenverhütungsmaßnahmen und von entsprechenden Informationsstellen seien gute Mittel. Die wertvollsten Erfahrungen würden aber in Schadenfällen gesammelt: "Für KMU kann es wertvoll sein, wenn der Vermittler oder Ansprechpartner beim Versicherer mehr leistet als nur die Schadenmeldung entgegenzunehmen und die Schadenregulierung anzustoßen."
Über die Studie
Die Studie "Risikomanagement und Risikoberatung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU)" wurde vom Verein Kubi e.V. in Auftrag gegeben und von den Professoren der Fachhochschule Dortmund Matthias Beenken und Michael Radtke mit Unterstützung von Jessica Michalczyk erstellt. Sie basiert auf einer Onlinebefragung von 521 kleinen und mittelständischen Unternehmen durch das Marktforschungsunternehmen Yougov Deutschland GmbH im November 2019. Die Stichprobe enthält 74,3 Prozent Kleinstunternehmen, 15,4 Prozent Kleinunternehmen und 10,4 Prozent mittlere Unternehmen. Diese gehören den Branchen Dienstleistungen (48 Prozent), Freie Berufe (23 Prozent), Handel (14 Prozent), Handwerk (acht Prozent) und produzierendes Gewerbe (sieben Prozent) an. Die Studie gibt Einblicke in die Einstellung zu Risiken, das Risikomanagement, die Risikoberatung und den Versicherungsbesitz, sie enthält zudem Handlungsempfehlungen.
Autor(en): Versicherungsmagazin.de