Die Lebens- und Krankenversicherung wird zunehmend die Folgen des Klimawandels spüren. Davon ist jedenfalls die Deutsche Aktuarvereinigung überzeugt.
„Die physischen Folgen der Klimaerwärmung werden immer deutlicher. Die direkten Gefahren wie beispielsweise Stürme, Flutkatastrophen und Hitzewellen betreffen vor allem die Sachversicherung, aber auch die Lebens- und Krankenversicherung muss grundsätzlich mit Auswirkungen des Klimawandels rechnen“, ist Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), überzeugt.
Mit deutlich schwerwiegenderen Extremereignissen zu rechnen
Relevante Risiken für die Lebensversicherung könnten vor allem extreme und lang andauernde Hitzewellen sein, wodurch es zu einem Anstieg an Todesfällen kommen kann. Die Hitzewellen in den Jahren 2003 und 2010 hätten bereits Zigtausend Todesopfer in Europa gefordert. DAV-Analysen würden belegen, dass durch eine Zunahme der Durchschnittstemperatur in Zukunft mit häufigeren und noch deutlich schwerwiegenderen Extremereignissen gerechnet werden müsse. Zusätzlich werde es durch die insgesamt erhöhte Anzahl von Sonnentagen eine erhöhte UV-Einstrahlung und verlängerte Blühzeiten von Pflanzen geben. Das könne unter anderem öfter Hautkrebs sowie Allergien und Asthma hervorrufen.
Vermehrte Elektromobilität führt zu verbesserter Luftqualität?
Auf der anderen Seite könnten die Anstrengungen gegen den Klimawandel die künftige Risikoentwicklung und die Gesundheit der Menschen auch positiv beeinflussen. „Zum Beispiel kann der Ausstieg aus der Kohleverbrennung und eine vermehrte Elektromobilität zu einer verbesserten Luftqualität führen und entsprechend Atemwegs- und Lungenerkrankungen reduzieren. Außerdem kann ein reduzierter Fleischkonsum etwa als persönlicher Beitrag zum Klimaschutz zu einer Verringerung von Krankheiten wie Darmkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen“, schätzt Schneidemann.
Nicht mit grundsätzlich höheren Sterberaten zu rechnen
Für die Risikolebensversicherung erwartet die DAV, dass sich der Klimawandel aufgrund des jungen bis mittleren Alters der Versicherungsnehmenden in dieser Sparte nur moderat auf die Ergebnisse auswirken wird. Es muss nicht mit grundsätzlich höheren Sterberaten und damit höheren Aufwendungen gerechnet werden, wohl aber mit einer deutlich zunehmenden Volatilität der Ergebnisse. Kann zu erhöhten Prämien in der Krankenversicherung führen
„Im Gegensatz dazu erhöhen sich die Kosten in der privaten Krankenversicherung in allen Altersbereichen. Klimafolgen, wie Hitzewellen oder Epidemien, betreffen hier besonders ältere Menschen sowie akut oder chronisch Erkrankte. Dies wird langfristig wahrscheinlich über den Mechanismus der Beitragsanpassung zu einer Erhöhung der Prämien in der Krankenversicherung führen“, ergänzt der DAV-Vorstandsvorsitzende.
Wohlhabende könnten sich vor Hitzewellen besser schützen
Weiter ist er der Ansicht, dass „die Auswirkungen auf die Pensionsversicherung je nach versichertem Segment und Zielgruppe variieren können. Wohlhabende Versicherungsnehmende könnten sich gegebenenfalls vor Hitzewellen besser schützen.“ Nichtsdestotrotz könnten Lebensversicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung vom Klimawandel betroffen sein, wenn sich durch Extremereignisse die Lebenserwartung anders entwickelt als ursprünglich angenommen.
Größere Unsicherheiten in der Prognose möglich
Je nach Zusammensetzung des Produkt-Portfolios und der Zielgruppen müssten Lebens- und Krankenversicherer mit einer deutlich höheren Schwankung und damit mit größeren Unsicherheiten in der Prognose und Projektion der Ergebnisse rechnen. Für diese künftigen Projektionen und Analysen sollten daher nach DAV-Überzeugung zunächst Szenarien und deren Auswirkung auf die Bilanz im Risikomanagement genauer verstanden werden. Aktuell sei es aber noch zu früh sie als Basis für Reservierungen und Preisberechnungen von Produkten zu nutzen.
Quelle: DAV
Autor(en): versicherungsmagazin.de