Kfz-Versicherung: Keine Experimente bitte!

Das Geschäftsmodell Pay Per Use (PPU), sprich nutzungsbezogene Tarife in der Kfz-Versicherung, ist in Deutschland nicht beliebt. Ein Grund für das Desinteresse an dem Modell, das in Großbritannien schon eine Rolle spielt, ist die Unsicherheit der deutschen Versicherungsbranche darüber, welche Wachstumsperspektiven es bieten kann. Eine Studie des Beratungsunternehmens Simon-Kucher & Partners unter 85 Versicherungsmanagern aus Deutschland und der Schweiz ermittelte ernüchternde Ergebnisse.

Die Simon-Kucher-Versicherungsexperten Dirk Schmidt-Gallas und Verena Beeck wollten von den Befragten wissen: Bestehen Chancen, nachhaltige Geschäftsmodelle mit PPU zu entwickeln? Sind die zunehmende Verbreitung von Smartphones und die neue EU-Regel, die GPS-fähige Notrufboxen in Neuwagen vorsieht, eine Steilvorlage für PPU? Doch laut Befragung reagieren die Versicherungsmanager bislang verhalten.

Allerdings stehen Anbieter in der Schweiz diesem Thema deutlich offener gegenüber als ihre deutschen Kollegen: hier diskutieren lediglich 14 Prozent über eine mögliche Konzeptionierung von PPU-Angeboten in diesem Jahr, während in der Schweiz bereits 39 Prozent damit begonnen haben oder eine Entwicklung in Erwägung ziehen. "Neue Ideen gibt es im Kfz-Versicherungsbereich zu Hauf. Ob diese jedoch wirklich Werte schaffen, bestimmt letztlich der Markt", erläutert Schmidt-Gallas.

Wenig Berücksichtigung im Markt
Als Grund für die allgemeine Zurückhaltung geben die Befragten das geringe Potenzial des Modells an. Drei Viertel der Schweizer Versicherungsmanager sind dieser Ansicht, in Deutschland sogar über 85 Prozent der Befragten. "Wahrscheinlich wird jegliches Potenzial im Keim erstickt, weil die Versicherer das Thema Services und Dienstleistungen zu wenig im Blick haben. Zudem ist die Branche eher gewohnt, Ideen anderer zu kopieren als selbst mit echten Innovationen vorzupreschen", sagt Beeck.

Die Branche verharrt in Lauerstellung
Risiken von PPU sehen Manager beider Märkte in den hohen Einführungskosten bei der Implementierung. Bei Erfolgsfaktoren mit dem höchsten Mehrwert wie Neukundengewinnung (D: 44 Prozent, CH: 57 Prozent) oder Kundenbindung (D: 52 Prozent, CH: 65 Prozent)) erwarten die Befragten keinen frischen Schub durch PPU. Die Versicherer erkennen allerdings neben den Risiken auch Chancen: Der Verbesserung von Serviceaspekten stimmen rund 80 Prozent aller Befragten zu. Hierzu gehören Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Kunden etwa über mobile Applikationen.

"Services bietet die Branche klassischerweise gerne als Gratisdreigabe an, anstatt sie gegen Zusatzbeitrag zu vermarkten", erklärt Beeck. "Gute Services sollte man sich auch bezahlen lassen. Gerade in einer so margenkritischen Versicherungssparte wie der Kfz-Versicherung", empfiehlt die Expertin. Insgesamt sieht die Branche laut Studie PPU-Angebote nicht als zentralen Wachstumstreiber. "Die Wunderwaffe in der Kfz-Versicherung wird auch Pay-Per-Use nicht sein", resümiert Schmidt-Gallas.

Dennoch rät der Experte jedem Versicherer, für sich selbst kritisch zu prüfen, ob sie leichtfertig auf mögliche Zusatzbeiträge aus Mehrwertangeboten verzichten könnten. "Natürlich wäre es für die Anbieter einfacher und effektiver, wenn sich der aktuelle Trend zu höheren Preisen noch umfassender und deutlicher durchsetzen würde. In den kommenden Monaten werden wir sehen, ob es die Branche wirklich ernst meint. Alternativ bleibt aber immer der Weg, Kunden über echte Differenzierung anzusprechen", erläutert er.

Quelle: Simon-Kucher & Partner

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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