Drahtlose Telematik-Technik im Fahrzeug kann dazu beitragen, den Komfort und die Sicherheit von Autofahrern zu erhöhen. Auch das automatische Notrufsystem E-Call soll dazu beitragen, im Verkehr Menschenleben zu retten. Doch diese Technologie auch auf Kritik.
So warnen nicht nur Datenschützer vor einer Vorratsdatenspeicherung im Kfz-Bereich und dem „gläsernen Autofahrer“. Versicherer und Verkehrsverbände wiederum befürchten, dass sich die Autohersteller mit der weiteren Verbreitung der Telematik Wettbewerbsvorteile im Aftersales-Markt sichern wollen.
Annahme: Rund 2.500 Verkehrstote im Jahr weniger dank E-Call-Technologie
Ab Oktober 2015 sollen alle neuen Pkw-Modelle mit dem automatischen Notrufsystem für Kraftfahrzeuge E-Call (emergency call) ausgestattet werden. Dies sieht ein Vorschlag der EU-Kommission vor. Die E-Call-Technologie biete große Chancen, Leben zu retten, weil sie die Interventionszeit der Rettungsdienste drastisch verkürze, begründete EU-Verkehrskommissar Siim Kallas den Beschluss der Brüsseler Behörde. Sie geht davon aus, dass mit der neuen Technologie in Europa jedes Jahr rund 2.500 Menschen weniger im Verkehr sterben.
Zahlreiche Autofahrer plagen aber Vorbehalte gegen das lebensrettende System. So bereiten Verkehrsteilnehmern, Datenschützern und auch Teilen der Politik Sorgen, was mit den Daten geschieht, die im Auto erhoben werden. Denn das Fahrzeug stellt bei einem Unfall über das Handynetz eine Verbindung nach außen her. Diese könnte für eine externe Überwachung des Fahrzeuges und des Fahrers genutzt werden, lautet eine vielfach geäußerte Befürchtung. In der Studie von Professor Müller-Peters gaben denn auch immerhin 36 Prozent der befragten Autofahrer an, dass es sie sehr störe, wenn Daten aus ihrem Fahrzeug ohne ihre Kontrolle weitergegeben werden könnten.
Wie E-Call funktioniert und was es leistet
Bei E-Call registrieren Sensoren im Auto, wenn es zu einem Unfall gekommen ist. Das System wählt daraufhin automatisch die Notrufnummer 112 und stellt über das Mobilfunknetz eine Telefonverbindung zur zuständigen Notrufzentrale her. Zusätzlich zu der Sprechverbindung überträgt das Notfallsystem auch die Positionsdaten des Unfallautos sowie Informationen zu Unfallzeitpunkt, Fahrzeugtyp und Fahrtrichtung, sodass gegebenenfalls auch bewusstlosen Unfallopfern schnell geholfen werden kann.
Als grundsätzlich problematisch wird beim Einsatz von Telematik im Verkehrsbereich – und dazu zählt eCall – empfunden, dass die Computer und Steuergeräte in den Kraftfahrzeugen von heute nicht nur Informationen technischer Art aufzeichnen (können), also etwa zum Zustand oder der Funktionstüchtigkeit von Fahrzeugteilen. Vielmehr werden von der im Fahrzeug befindlichen Elektronik zunehmend auch Angaben zum Fahrverhalten und zum Profil der Piloten gespeichert. Solche Auskünfte können von großem Interesse sein, nicht nur für Polizei und Versicherungen.
Datenschützer befürchten detailliertes (Bewegungs-)Profil
Die Palette der Informationen, die von den elektronischen Bauteilen im Auto registriert werden können, ist umfangreich. Demnach kann die Auto-Elektronik Angaben erfassen
Doch mit diesen zahlreichen Daten ließe sich ein detailliertes (Bewegungs-)Profil eines Autofahrers erstellen, befürchten Datenschützer.
Nicht wenige Kritiker reiben sich daran, dass die Telematik im Auto nicht nur mehr Komfort und Sicherheit mit sich bringt, sondern auch von den Fahrzeugherstellern für ihre eigenen kommerziellen Zwecke genutzt werden kann. Mit Folgen für die Anbieter von Reparaturen, Service, Ersatzteilen und Zubehör. Diese Problematik stellt sich insbesondere für die unabhängigen Anbieter. Denn durch die firmeneigenen Telematik-Systeme können die Hersteller Informationen etwa zu Wartungsintervallen oder anstehenden Reparaturen erhalten, von denen die freien Mitbewerber am Markt nicht ausgeschlossen werden dürfen, wie die Kritiker fordern.
Mögliche Gefahr: Der gläserne Autofahrer
Ein solcher Informationsvorsprung für die Autohersteller muss nach den Worten von Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstand der Huk-Coburg, unbedingt verhindert werden. Er befürchtet, dass durch eine mögliche Datenhoheit der Automobilproduzenten diesen ein Anbietermonopol zufallen könnte, etwa was Pannenhilfe- und Werkstattdienstleistungen anbetrifft. Eine solche Entwicklung würde letztlich auf Kosten der Autofahrer gehen, warnte Heitmann. Nach seiner Einschätzung würde die Vorstellung, dass die Telematik den Verkehr nicht nur sicherer und das Autofahren komfortabler macht, sondern gegebenenfalls auf den „gläsernen Autofahrer“ hinausläuft, viele Kraftfahrer erheblich verunsichern.
Gerade diese Angst vor einem "Big Brother" im Auto wird jedoch verstärkt durch die Überlegungen einiger Versicherer, auch in Deutschland so genannte Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung einzuführen. Bei derartigen Verträgen wird die Höhe der Prämien vom individuellen Fahrverhalten des Autofahrers bestimmt. In Großbritannien und den USA haben Kfz-Versicherer bereits solche Telematik-Tarife im Angebot. In den Vereinigten Staaten können inzwischen auch Fahranfänger per Telematik-System überwacht werden. Hierzulande ist bislang nur ein Anbieter seit Jahresbeginn mit einem Telematik-Tarif am Markt.
Versicherer wollen gleichen Zugang zu Daten wie Autobauer
Bei der Huk-Coburg glaubt man aktuell nicht an den Erfolg solcher Offerten. Allerdings denkt auch dieses Unternehmen darüber nach, telematikgestützte Hilfs- und Serviceleistungen bei Unfällen oder Pannen anzubieten. Solange der Versicherer jedoch keinen Zugriff auf die Daten im Fahrzeug habe, müsste er für einen Einsatz von Zusatzequipment sorgen, durch den Kosten für das Versicherungsunternehmen und den Kunden entstünden. Auch deshalb seien die Versicherer darauf angewiesen, dass sie den gleichen Zugang zu den im Auto erhobenen Daten erhalten wie die Autobauer.
Quelle: Goslar Institut; Bildquelle: © Romelia /
So warnen nicht nur Datenschützer vor einer Vorratsdatenspeicherung im Kfz-Bereich und dem „gläsernen Autofahrer“. Versicherer und Verkehrsverbände wiederum befürchten, dass sich die Autohersteller mit der weiteren Verbreitung der Telematik Wettbewerbsvorteile im Aftersales-Markt sichern wollen.
Annahme: Rund 2.500 Verkehrstote im Jahr weniger dank E-Call-Technologie
Ab Oktober 2015 sollen alle neuen Pkw-Modelle mit dem automatischen Notrufsystem für Kraftfahrzeuge E-Call (emergency call) ausgestattet werden. Dies sieht ein Vorschlag der EU-Kommission vor. Die E-Call-Technologie biete große Chancen, Leben zu retten, weil sie die Interventionszeit der Rettungsdienste drastisch verkürze, begründete EU-Verkehrskommissar Siim Kallas den Beschluss der Brüsseler Behörde. Sie geht davon aus, dass mit der neuen Technologie in Europa jedes Jahr rund 2.500 Menschen weniger im Verkehr sterben.
Zahlreiche Autofahrer plagen aber Vorbehalte gegen das lebensrettende System. So bereiten Verkehrsteilnehmern, Datenschützern und auch Teilen der Politik Sorgen, was mit den Daten geschieht, die im Auto erhoben werden. Denn das Fahrzeug stellt bei einem Unfall über das Handynetz eine Verbindung nach außen her. Diese könnte für eine externe Überwachung des Fahrzeuges und des Fahrers genutzt werden, lautet eine vielfach geäußerte Befürchtung. In der Studie von Professor Müller-Peters gaben denn auch immerhin 36 Prozent der befragten Autofahrer an, dass es sie sehr störe, wenn Daten aus ihrem Fahrzeug ohne ihre Kontrolle weitergegeben werden könnten.
Wie E-Call funktioniert und was es leistet
Bei E-Call registrieren Sensoren im Auto, wenn es zu einem Unfall gekommen ist. Das System wählt daraufhin automatisch die Notrufnummer 112 und stellt über das Mobilfunknetz eine Telefonverbindung zur zuständigen Notrufzentrale her. Zusätzlich zu der Sprechverbindung überträgt das Notfallsystem auch die Positionsdaten des Unfallautos sowie Informationen zu Unfallzeitpunkt, Fahrzeugtyp und Fahrtrichtung, sodass gegebenenfalls auch bewusstlosen Unfallopfern schnell geholfen werden kann.
Als grundsätzlich problematisch wird beim Einsatz von Telematik im Verkehrsbereich – und dazu zählt eCall – empfunden, dass die Computer und Steuergeräte in den Kraftfahrzeugen von heute nicht nur Informationen technischer Art aufzeichnen (können), also etwa zum Zustand oder der Funktionstüchtigkeit von Fahrzeugteilen. Vielmehr werden von der im Fahrzeug befindlichen Elektronik zunehmend auch Angaben zum Fahrverhalten und zum Profil der Piloten gespeichert. Solche Auskünfte können von großem Interesse sein, nicht nur für Polizei und Versicherungen.
Datenschützer befürchten detailliertes (Bewegungs-)Profil
Die Palette der Informationen, die von den elektronischen Bauteilen im Auto registriert werden können, ist umfangreich. Demnach kann die Auto-Elektronik Angaben erfassen
- zur Kilometerleistung,
- zu Bewegungsprofilen,
- zu Tag- und Nachtfahrten,
- zu Fahrten in unfallträchtige Ballungszentren,
- zum Fahrstil,
- zu Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss,
- zu Fahrerwechseln,
- zum Verschleiß im Auto,
- zu Unfällen und Pannen (auch früheren),
- zu Wartungshäufigkeit und –zeitpunkten,
- zu früher vorgenommenen Reparaturen und Wartungen sowie
- zu selbst vorgenommenen und womöglich unsachgemäß ausgeführten Eingriffen am Fahrzeug.
Doch mit diesen zahlreichen Daten ließe sich ein detailliertes (Bewegungs-)Profil eines Autofahrers erstellen, befürchten Datenschützer.
Nicht wenige Kritiker reiben sich daran, dass die Telematik im Auto nicht nur mehr Komfort und Sicherheit mit sich bringt, sondern auch von den Fahrzeugherstellern für ihre eigenen kommerziellen Zwecke genutzt werden kann. Mit Folgen für die Anbieter von Reparaturen, Service, Ersatzteilen und Zubehör. Diese Problematik stellt sich insbesondere für die unabhängigen Anbieter. Denn durch die firmeneigenen Telematik-Systeme können die Hersteller Informationen etwa zu Wartungsintervallen oder anstehenden Reparaturen erhalten, von denen die freien Mitbewerber am Markt nicht ausgeschlossen werden dürfen, wie die Kritiker fordern.
Mögliche Gefahr: Der gläserne Autofahrer
Ein solcher Informationsvorsprung für die Autohersteller muss nach den Worten von Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstand der Huk-Coburg, unbedingt verhindert werden. Er befürchtet, dass durch eine mögliche Datenhoheit der Automobilproduzenten diesen ein Anbietermonopol zufallen könnte, etwa was Pannenhilfe- und Werkstattdienstleistungen anbetrifft. Eine solche Entwicklung würde letztlich auf Kosten der Autofahrer gehen, warnte Heitmann. Nach seiner Einschätzung würde die Vorstellung, dass die Telematik den Verkehr nicht nur sicherer und das Autofahren komfortabler macht, sondern gegebenenfalls auf den „gläsernen Autofahrer“ hinausläuft, viele Kraftfahrer erheblich verunsichern.
Gerade diese Angst vor einem "Big Brother" im Auto wird jedoch verstärkt durch die Überlegungen einiger Versicherer, auch in Deutschland so genannte Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung einzuführen. Bei derartigen Verträgen wird die Höhe der Prämien vom individuellen Fahrverhalten des Autofahrers bestimmt. In Großbritannien und den USA haben Kfz-Versicherer bereits solche Telematik-Tarife im Angebot. In den Vereinigten Staaten können inzwischen auch Fahranfänger per Telematik-System überwacht werden. Hierzulande ist bislang nur ein Anbieter seit Jahresbeginn mit einem Telematik-Tarif am Markt.
Versicherer wollen gleichen Zugang zu Daten wie Autobauer
Bei der Huk-Coburg glaubt man aktuell nicht an den Erfolg solcher Offerten. Allerdings denkt auch dieses Unternehmen darüber nach, telematikgestützte Hilfs- und Serviceleistungen bei Unfällen oder Pannen anzubieten. Solange der Versicherer jedoch keinen Zugriff auf die Daten im Fahrzeug habe, müsste er für einen Einsatz von Zusatzequipment sorgen, durch den Kosten für das Versicherungsunternehmen und den Kunden entstünden. Auch deshalb seien die Versicherer darauf angewiesen, dass sie den gleichen Zugang zu den im Auto erhobenen Daten erhalten wie die Autobauer.
Quelle: Goslar Institut; Bildquelle: © Romelia /
Autor(en): versicherungsmagazin.de